Gooliath - Vergeltung: Thriller (German Edition)
Auflö sung, Fäulnis, Zersetzung. Eine Vielzahl an Prozessen, die nach dem Tod eines Organismus einsetzen. Lebende Organismen verhindern ihre Verwesung durch Regeneration.
Die notdürftige Bewaffnung verdiente ihren Namen. Mitte des 21. Jahrhunderts gab es nicht einmal mehr Skalpelle im medizinischen Bereich. Die minimalinvasive Chirurgie wurde exzessiv praktiziert. Defekte, egal welcher Art, wurde genau an Ort und Stelle berichtigt. In den meisten Fällen war kein Vordringen zur Schadstelle selbst notwendig. Strahlen, Chemie und Funktionsviren machten den Einsatz prähistorischer Schneidwerkzeuge unnötig. Punktgenau wurde der Fehler behoben.
Keiner der Schrä nke enthielt auch nur annähernd etwas, das sich zu einer Waffe hätte umfunktionieren lassen. Die Erdrosselung seiner potentiellen Gegner mit einer Verbandsbinde zog David auch nur für eine Sekunde in Erwägung. Tischbeine existierten hingegen immer noch.
Die Demontage des Mobiliars entsprach zwar nicht ganz den Vorschriften, erwies sich aber als ä ußerst Effektiv. Außerdem gab es vermutlich niemanden mehr, der ihn für dieses Vergehen an militärischem Eigentum zur Rechenschaft hätte ziehen können. Mit einem beherzten Tritt wurde die Tischstütze von ihrem lästigen Rest getrennt. Die Geister der Gegenwart mussten wohl mit dem guten alten Knüppel ausgetrieben werden.
Ein abschließ ender Blick auf die Zeitanzeige versetzte David erneut einen Schrecken. Heute war der vierzehnte November 2064. Sofern seine geistige Zurechnungsfähigkeit nicht unter der Operation gelitten haben sollte, waren zwischen seinem Einschlafen und dem heutigen Erwachen ganze drei Tage vergangen. Die Armeen der Finsternis, die dort draußen auf ihn lauerten, hatten also einigen Vorsprung.
Seine Hoffnung, auch nur einen geliebten Menschen noch lebend anzutreffen, sank beinahe auf null. Zum Aufgeben war es aber noch eindeutig zu früh. Am Ende wurden die Toten gezählt.
Sein Griff um den kalten Karbonfaserfuß intensivierte sich, bevor er der Tür schließlich das Kommando zum Öffnen erteilte. Lautlos gab sie den Korridor dahinter frei. Nach dem, was er sehen konnte, hätte er sie am liebsten gleich wieder geschlossen. Davids schlimmste Befürchtungen wurden jäh übertroffen, denn zumindest an diesem Ort musste ein wahlloses Gemetzel stattgefunden haben. Während er schlief war offenbar ein kriegsähnlicher Zustand ausgebrochen. Halt suchend ergriff David den Türrahmen. Es roch nach Blut, Verwesung und Tod.
Die Beleuchtung des Korridors passte zur Szenerie. Rö tlich flackernd verbreitete sie eine gespenstische Atmosphäre. Davids Unterkiefer begann zu zittern. Tränen verschleierten seine Sicht. Langsam setzte er einen Fuß vor den anderen, immer darum bemüht, nicht auf ein abgetrenntes Körperteil zu treten.
Es fiel David unglaublich schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Diese Orgie der Gewalt schien a uf den ersten Blick von Willkür und Sinnlosigkeit geprägt. Alleine auf diesem Gang lagen mindestens zehn Menschen im wahrsten Sinne des Wortes verstreut.
Wollte er diesen Alptraum ü berleben, musste er anfangen nachzudenken und das schnell. Zu seinem Glück gehörte das Ziehen logischer Schlüsse zu seinen herausragendsten Fähigkeiten, zumindest solange er noch über ein Gehirn verfügte. Dass das nicht selbstverständlich war, hatte Sophie Deveraux ja bereits eindrucksvoll demonstriert.
Erneut zwang sich David da zu, einen längeren Blick auf die Opfer und ihre Verletzungen zu werfen. Bei genauerem Hinsehen offenbarte sich dem Betrachter eine merkwürdige Besonderheit. Die abgetrennten Körperteile waren nicht durch rohe Gewalt abgerissen worden. In diesem Fall hätten an den Rändern mehr Fetzen hängen müssen. Stattdessen umgab die regelmäßigen Kanten eine milchige, weiße Flüssigkeit, die scheinbar sogar in der Lage war, die Knochensubstanz aufzulösen.
Wie magisch zog die Verletzung eines der Kadaver David an. Er ging h inüber und kniete sich neben den vermutlich männlichen Leichnam. In seinem Brustbereich sah er wieder den milchigen Film. Aus irgendeinem Grund zeichnete dieser den Abdruck einer humanoiden Hand nach, so, als hätte ein Wunderheiler einfach seine Finger auf die betroffene Stelle gelegt. Doch statt zu helfen, hatte sie ein diabolisches Werk vollbracht. Wie in schmelzendes Wachs waren die Finger einfach in den Körper eingedrungen und hatte dessen Leben beendet.
Diese Erkenntnis war fü r David wenig hilfreich, außer der
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