GOR-Zyklus 04 - Die Nomaden von Gor
dahin. Einige Tuchukpfeile schwirrten sinnlos in den Himmel, fielen zwischen den Wagen wieder zu Boden.
Die zusammengenähten bunten Boskhäute, die die Riesenkuppel über Kutaituchiks Wagen gedeckt hatten, hingen zerfetzt herab. Wo sie nicht zerrissen waren, gähnten unzählige Löcher, als hätte der Gegner mit Dolchen immer wieder zugestochen und jede freie Stelle zu treffen versucht.
Fünfzehn oder zwanzig Wächter lagen tot am Boden, zumeist von zahllosen Pfeilen getroffen.
Kamchak sprang aus dem Sattel seiner Kaiila, riß eine Fackel aus einer Halterung und betrat den Wagen.
Ich folgte ihm und blieb verblüfft stehen. Tausende von Pfeilen waren durch die Kuppel in den Wagen gefeuert worden. Man konnte keinen Schritt tun, ohne auf Pfeilholz zu treten, das unter den Sohlen zerbrach. In der Mitte des Wagens hockte Kutaituchik, allein, vornübergebeugt – von fünfzehn oder zwanzig Pfeilen durchbohrt. Zu seiner Rechten stand der goldene Kandakasten. Ich sah mich um. Der Wagen war ausgeraubt worden – wahrscheinlich der einzige Wagen überhaupt.
Kamchak trat näher und setzte sich mit untergeschlagenen Beinen vor den alten Toten und barg das Gesicht in den Händen.
Ich störte ihn nicht.
Andere drängten hinter uns in den Wagen, doch sie hielten sich im Hintergrund.
Ich hörte Kamchak stöhnen: »Die Bosk entwickeln sich zur Zufriedenheit«, sagte er. »Die Quivas – ich werde versuchen, sie scharf zu halten. Ich werde dafür sorgen, daß die Wagenachsen gut geschmiert sind.« Dann neigte er den Kopf und begann zu schluchzen, wobei er sich vor und zurück wiegte.
Außer seinem Schluchzen war nur das Knistern der Fackel zu hören, die die Reste der zerfetzten Kuppel erleuchtete. Hier und dort sah ich umgestürzte Truhen, verstreute Juwelen, zerrissene Roben und Stoffe. Die goldene Kugel war nicht zu entdecken. Wenn sie hier aufbewahrt worden war, hatte man sie mitgenommen.
Endlich stand Kamchak auf.
Er wandte sich zu mir um. Tränen schimmerten in seinen Augen. »Er ist früher ein großer Krieger gewesen«, sagte er.
Ich nickte.
Kamchak sah sich um, nahm einen der Pfeile zur Hand und brach ihn mitten durch.
»Das haben die Turianer auf dem Gewissen!« sagte er.
»Saphrar?«
»Kein Zweifel«, sagte Kamchak. »Wer sonst könnte Tarn-Söldner anwerben oder für die Ablenkung sorgen, die uns Narren zur Herde lockte? Er wollte die goldene Kugel.«
Ich schwieg.
»So wie du, Tarl Cabot.«
Ich starrte ihn verblüfft an.
»Aus welchem Grund hättest du sonst zu den Wagenvölkern kommen sollen?«
Ich brachte zuerst kein Wort heraus. »J-ja«, sagte ich schließlich. »Du hast recht. Ich möchte die Kugel für die Priesterkönige holen. Sie ist ihnen wichtig.«
»Sie ist wertlos«, sagte Kamchak.
»Nicht für die Priesterkönige«, sagte ich.
Kamchak schüttelte den Kopf. »Nein, Tarl Cabot«, sagte er fest, »die goldene Kugel ist wirklich wertlos.«
Der Tuchuk sah sich traurig um und betrachtete noch einmal die vornübergebeugte Gestalt Kutaituchiks. »Er war ein großer Mann!«
Ich nickte. »Es wird nun einen neuen Ubar der Tuchuks geben müssen«, bemerkte ich.
Kamchak blickte mich an. »Nein«, sagte er.
»Kutaituchik«, sagte ich, »ist tot.«
Kamchak sah mich ruhig an. »Kutaituchik war nicht Ubar der Tuchuks.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Er wurde Ubar der Tuchuks genannt«, sagte Kamchak, »aber er war es nicht.«
»Wie ist das möglich?«
»Wir Tuchuks sind nicht ganz so dumm, wie die Turianer annehmen. Wegen eines solchen Angriffs wartete Kutaituchik hier im Wagen des Ubar.«
Ich schüttelte verwundert den Kopf.
»Er wollte es so«, sagte Kamchak. »Er wollte es so.« Er fuhr sich mit dem Arm über die Augen. »Er sagte, zu mehr tauge er in seinem Alter nicht mehr – nur noch hierfür und für nichts sonst.«
Ein großartiger Plan.
»Dann ist der wirkliche Ubar der Tuchuks also noch am Leben«, sagte ich.
»Ja.«
»Wer weiß aber, wer der wirkliche Ubar ist?«
»Die Krieger wissen es. Die Krieger.«
»Und wer ist Ubar der Tuchuks?«
»Ich.«
15
Turia wurde nun belagert – obwohl die Tuchuks allein die Stadt nicht völlig einkesseln konnten. Die anderen Wagenvölker sahen den Mord an Kutaituchik und die Verwüstung seines Wagens als ein Problem, das man getrost dem Volk der vier Boskhörner überlassen sollte. Sie meinten, daß die Kassars, die Kataii und die Paravaci nichts damit zu tun hätten. Es hatte einige Kassars und auch einige Kataii gegeben, die
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