GOR-Zyklus 04 - Die Nomaden von Gor
war.
Sieben oder acht Mädchen schliefen hier. Harold betrachtete sie, schien jedoch nicht zufrieden zu sein.
Er wanderte weiter, führte mich durch zahlreiche Räume, die an einem langen Korridor lagen, verschwand immer wieder kurz in Nebenräumen, kehrte kopfschüttelnd zurück. Wir machten schließlich kehrt und nahmen uns einen anderen Korridor vor. Ich zählte nicht mit, aber wir hatten schließlich bestimmt an die sieben- oder achthundert Mädchen gesehen, doch Harold suchte weiter. Mehrmals drehten sich Mädchen im Schlaf oder warfen einen Arm zur Seite, und jedesmal wollte mir das Herz stocken, doch keine erwachte, und wir marschierten weiter.
Endlich erreichten wir einen größeren Raum, in dem etwa zwanzig Schönheiten schliefen. Hier befand sich kein Brunnen in der Mitte, sondern einige flache Tische mit Getränken und Früchten darauf. Harold richtete sich auf, trat an den Tisch und schenke sich eine Karaffe Ka-la-na-Wein ein, wobei er ziemlich viel Lärm machte. Ich sah mich unruhig um.
»Die möchte ich«, sagte er und deutete auf ein Mädchen in dem gelben Seidenkleid einer Tänzerin.
Es war natürlich Hereena, das Mädchen aus dem Ersten Wagen.
Harold biß laut in eine Frucht und stieß das Mädchen mit dem Fuß an.
Hereena fuhr auf. »Was ist?«
»Du wirst entführt, Sklavin!« sagte Harold.
Das Mädchen fuhr auf. Als sie den jungen Mann erkannte, riß sie erstaunt die Augen auf.
»Ja, ich bin's, Harold der Tuchuk.«
»Nein!« sagte sie. »Nicht du!«
»Doch«, sagte er. Er drehte sie herum und fesselte ihr mit geschickten Bewegungen die Hände auf dem Rücken zusammen, wozu er ein Halstuch verwendete. Sie versuchte, sich zu befreien, doch vergeblich.
»Was tust du hier?« fragte sie resignierend.
»Ich bin zufällig in der Gegend – und da dachte ich mir – entführe dir ein Sklavenmädchen!«
»Aber doch nicht mich!«
»Und warum nicht?«
»Aber ich bin Hereena vom Ersten Wagen!«
»Du bist nur eine kleine turianische Sklavin«, sagte Harold, »die ich gar nicht mal so unattraktiv finde.«
»Sleen!« zischte Hereena, und ich befürchtete schon, sie würde die anderen Mädchen wecken. Aber Harold legte ihr seine kräftige Hand auf den Mund, und sie wehrte sich in seinen Armen wie ein unvernünftiges kleines Tier.
Wutschnaubend gab sie die Gegenwehr schließlich auf. »Ich komme nicht mit!« zischte sie. »Nie!«
»Und wie willst du das schaffen?«
»Ich habe einen Plan – einen ganz einfachen Plan.«
»Natürlich, einen Plan – du bist ja eine Tuchuk. Und die einfachsten Pläne sind manchmal die besten. Was für einen Plan hast du denn?«
»Ich werde schreien!«
Harold überlegte einen Augenblick. »Das ist ein ausgezeichneter Plan«, sagte er dann.
»Also laß mich frei«, sagte Hereena, »und ich gebe euch zehn Ihn Vorsprung.«
Diese Zeitspanne schien mir nicht gerade großzügig bemessen. Die goreanische Ihn ist nur etwas länger als die irdische Sekunde.
»Ich befreie dich nicht – du wirst deinen Plan also in die Tat umsetzen müssen«, sagte Harold.
»Ja.«
Hereena sah ihn einen Augenblick an und legte dann den Kopf in den Nacken und öffnete den Mund.
Das Herz wollte mir stehenbleiben, doch ehe das Mädchen einen Laut herausbringen konnte, steckte er ihr einen der herumliegenden Schleier zwischen die Zähne. So war ihr Schrei nur ein ersticktes Gurgeln.
»Ich hatte ebenfalls einen Plan«, informierte Harold das Mädchen, »einen Gegenplan.« Er nahm ein anderes Tuch und band es ihr um das Gesicht, wodurch der Knebel in ihrem Mund festgehalten wurde.
»Mein Plan, den ich in die Tat umgesetzt habe, war offensichtlich besser als der deine.«
Hereena stand wie erstarrt vor ihm.
Ich mußte mir eingestehen, daß Harold die Situation recht geschickt gemeistert hatte.
Er hob das Mädchen hoch und warf sie sich über die Schulter.
Kurz darauf befanden wir uns wieder draußen und kehrten zu dem Blumenbaum zurück, über den wir in den Vergnügungsgarten Saphrars geklettert waren.
20
»Inzwischen haben die Wächter die Dächer bestimmt abgesucht«, sagte Harold, »so daß wir uns wieder hinaufwagen können.«
»Und wohin wollen wir?«
»Dorthin, wo sich die Tarns befinden.«
»Wahrscheinlich auf dem höchsten Dach des höchsten Gebäudes hier.«
»Das wäre die Burg.«
Ich mußte ihm recht geben. In den Privathäusern reicher Goreaner ist die Burg gewöhnlich ein hoher, meist runder Steinturm, der für eine Verteidigung eingerichtet ist und Wasser
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