GOR-Zyklus 04 - Die Nomaden von Gor
Würde wäre«, sagte ich, »würde ich die Sache jetzt durch ein Rennen zum Haupttor beilegen.«
»Paß auf!« brüllte Harold. »Hinter dir!«
Ich riß meine Kaiila herum und zog das Schwert. Wild sah ich mich um, inspizierte Toreinfahrten, Dächer, Fenster.
»Was denn?« rief ich.
»Dort!« schrie Harold. »Weiter rechts!«
Ich sah nach rechts, konnte aber nur die Backsteinmauer eines Hauses ausmachen.
»Was ist denn da?« fragte ich.
»Eine Hausmauer!«
Ich starrte ihn verständnislos an.
»Ich nehme deine Herausforderung an!« rief er und gab seiner Kaiila die Sporen.
Als ich mein Tier gewendet und die Verfolgung aufgenommen hatte, war er mir bereits ein Viertelpasang voraus, jagte sein Tier über Balken und Abfallhaufen und über noch qualmende Gebäudereste. Am Haupttor überholte ich ihn, und zusammen rasten wir hindurch und zügelten unsere Tiere.
Wir ritten gemächlich ins Lager, und er hob die Hand. »Das dort ist dein Wagen«, sagte er. »Meiner steht ganz in der Nähe.«
Es war ein großer Wagen, der von acht schwarzen Bosks gezogen wurde. Zwei Tuchukkrieger hielten Wache. Neben dem Fahrzeug stand ein Pfosten mit der Standarte der vier Boskhörner. Die Fahnenstange war rot angemalt – die Farbe der Kommandanten. Aus dem Inneren des Wagens drang Licht.
»Ich wünsche dir alles Gute«, sagte Harold.
»Und ich dir«, erwiderte ich.
Die Wächter grüßten uns mit einem dreimaligen Schlag der Lanzen gegen die Schilde.
Wir erwiderten den Gruß, indem wir kurz eine Hand hoben.
»Du hast da eine wirklich schnelle Kaiila«, bemerkte Harold.
»Das Rennen«, sagte ich, »wird vom Reiter entschieden.«
»Naja, ich habe dich ja auch nur knapp geschlagen.«
»Ich dachte, ich hätte gewonnen«, sagte ich.
»Ach, was du nicht sagst!«
»Ja – woher willst du wissen, daß ich dich nicht geschlagen habe?«
»Na ja«, sagte Harold. »Ich weiß es zwar nicht genau – aber es wäre doch unwahrscheinlich – oder nicht?«
»Ja«, sagte ich, »das meine ich auch.«
»Ich weiß tatsächlich nicht, wer gewonnen hat.«
»Ich auch nicht. Vielleicht ist das Rennen unentschieden ausgegangen.«
»Vielleicht – auch wenn mir das unvorstellbar ist. Wollen wir die Kerne einer Tospit raten? Ungerade oder gerade?«
»Nein.«
»Na gut«, sagte er und hob seine rechte Hand. »Bis morgen dann.«
»Bis morgen.«
Ich sah, wie Harold auf seinen Wagen zuritt, in dem wahrscheinlich die kleine Hereena auf ihn wartete.
Am nächsten Morgen würde der Angriff auf das Haus Saphrars und den Turm, in dem Ha-Keel sich verschanzt hatte, beginnen. Vielleicht war es unser letzter Tag.
Ich bemerkte, daß meine Bosks sehr gepflegt wirkten.
Müde gab ich meine Kaiila in die Obhut eines Wächters und stieg in den Wagen.
25
Ich ließ die Plane hinter mir zufallen und blieb verblüfft stehen.
Auf der anderen Seite des Wagens stand jenseits der winzigen Feuerstelle ein Mädchen, das sich hastig nach mir umdrehte. Das Licht einer Tharlarionlampe fiel auf ihr Gesicht.
»Du!« rief sie.
Sie hielt die Hände vor das Gesicht, um den goldenen Nasenring zu verbergen.
Ich sagte nichts, sondern starrte Elizabeth Cardwell nur sprachlos an.
»Du lebst!« sagte sie und begann zu zittern. »Aber du mußt fliehen!«
»Wieso denn?«
»Er wird dich hier entdecken.«
»Wer denn?«
»Mein Herr! Der Besitzer dieses Wagens!« sagte sie weinend. »Ich kenne ihn noch nicht.«
Plötzlich wurden mir die Knie weich, aber ich rührte mich nicht von der Stelle und ließ mir nichts anmerken. Jetzt wußte ich Bescheid.
»Wo ist denn dein Herr?« fragte ich schließlich.
»Irgendwo in der Stadt – er kann jeden Augenblick kommen.«
»Ich fürchte ihn nicht«, sagte ich.
Sie wandte sich ab.
»Welchen Namen trägst du auf dem Kragen?«
»Man hat ihn mir gezeigt«, sagte sie, »aber ich kann die Zeichen nicht lesen.«
Das stimmte natürlich – sie vermochte die goreanische Sprache zwar zu sprechen, kannte aber das geschriebene Alphabet nicht.
Ich ging um die Feuerstelle herum und näherte mich dem Mädchen.
»Du darfst mich nicht anschauen«, rief sie und wandte sich ab.
Ich griff zu und drehte ihren Kragen herum. Ich sah sofort das Zeichen der vier Boskhörner und das Zeichen der Stadt Ko-ro-ba, gefolgt von der goreanischen Inschrift: »Ich bin Tarl Cabots Mädchen«. Ich rückte den Kragen wieder zurecht und trat einige Schritte zurück.
»Was steht darauf?« fragte sie.
Ich schwieg.
»Wem gehört dieser Wagen?« wollte
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