GOR-Zyklus 16 - Der Leibwächter von Gor
mir ließen, mußte ich auskommen. Beinahe zu schnell, um es wahrzunehmen, sah ich den Aal wieder aus dem Wasser springen. So gut wie möglich schob ich dem Tier meinen Knöchel hin. Dann schrie ich vor Schmerzen auf. Das Gewicht des peitschenden, reißenden Fisches mußte etwa zwanzig Pfund betragen haben. Das Tier war ungefähr sieben Fuß lang. Schreiend legte ich den Kopf in den Nacken. Mein linkes Fußgelenk steckte zwischen den Kiefern des Geschöpfes. Nadelscharfe Zähne bissen zu. Ich fürchtete schon den Fuß zu verlieren, doch die dicken Seile, die zum Teil doppelt verlegt und verknotet waren, schützten mich wie ein Faserschild und verhinderten, daß sich die Zähne zu tief in mein Fleisch gruben.
Wahrscheinlich von den hinderlichen Schnüren verwirrt, verlagerte das kleine Monstrum seinen Biß. Es begann an den Seilen zu ziehen. Es mußte das Maul voll haben mit blutdurchtränkten, drahtähnlichen Fesselfasern. Zweifellos spornte das Blut den Aal an, seine Bemühungen fortzusetzen. Der Schwanz peitschte das Wasser. An den Fesseln hängend, wand es sich hin und her. Dann fiel er mit fasergefülltem Maul ins Wasser zurück. Und wieder zerrte ich an meiner Fesselung, und wieder hielt sie. Und erneut gab ich, was ich an Kraft noch zu geben hatte, und hörte diesmal etwas reißen. Plötzlich waren meine Fußgelenke frei. Ich warf die Beine herum und schwang mich, an den Handfesseln hängend, auf und hinter die Klinge, wobei ich das rechte Bein über den oberen Teil der Klingenhalterung hob.
»Ho!« rief eine zornige Stimme rechts über mir. Ich sah, wie eine Speerspitze zum Wurf zurückgezogen wurde. Auf der flachen Halterung hockend, klammerte ich mich an der Klinge fest. Zwar waren meine Hände durch Fesseln verbunden, doch hatten sie etwa einen Fuß Spiel, da sie zuvor um die Klinge herum gebunden worden waren. Den heranzuckenden Speer ergriff ich hinter der Klinge und zerrte ihn ruckhaft in meine Richtung. Der Angreifer, der so schnell seine Waffe nicht loslassen konnte, wurde über die Reling gezerrt. Er prallte gegen die Klinge und glitt schreiend und schwerverletzt ins Wasser. Der Speerschaft wurde meinen Händen dabei entwunden. Unter der Klinge begann das Wasser zu brodeln. Luftblasen stiegen auf, die sich schnell rot färbten. »Freßt nur, kleine Freunde!« sagte ich. »Freßt und habt Dank!«
Policrates' Flaggschiff bewegte sich nun ungehindert rückwärts auf den Fluß hinaus. Ich zog meine Handfessel vor die Schnittkante der Klinge und sägte hin und her. Plötzlich bliesen Hörner zum Kampf, Signale, die ich nicht verstand. Auf den Piers und der Hafenstraße machte ich Hunderte von Victorianern aus. Sie winkten und schwenkten Waffen. Vor ihnen lagen entkleidete, gefesselte Piraten.
Links von mir stand ein Schiff in Flammen – es war der Wendige Tharlarion, das Flaggschiff Voskjards. In der Nähe bohrte sich knirschend eine Ramme in eine Schiffswand. Dies ergab für mich keinen Sinn, denn die dicht zusammen manövrierenden Schiffe hätten, selbst aus Versehen, niemals genug Fahrt für einen solchen Rammstoß aufnehmen können.
Beißender Rauch machte sich bemerkbar. Ich klammerte mich an der Klinge fest. Policrates' Flaggschiff wendete. Wieder ertönten Hörner – von beiden Seiten, flußaufwärts und flußabwärts. Und wieder bohrte sich eine Ramme vernichtend in das Holz eines Schiffes. Auf Piratengaleeren gab es Geschrei.
Von der Scherblatt-Halterung sprang ich auf die Backbordreling und zog mich hoch. Gleich darauf hockte ich geduckt auf Deck. Ein Schwertschwinger stürzte sich auf mich. Ich tauchte unter der Klinge hinweg, packte ihn an den Fußgelenken und nutzte seine Eigenbewegung dazu, ihn über die Schultern zu heben. Kreischend verschwand er über die Bordwand. Ein anderer Mann versuchte nach mir zu schlagen, doch ich glitt zur Seite aus, faßte ihn mit dem rechten Arm um die Brust und schleuderte ihn seitlich gegen die Wand des Vorderkastells. Ächzend sank er zu Boden.
Auf dem Vorderdeck über mir schrie Policrates Befehle. Ich bohrte das erbeutete Schwert in das Holz über mir, wo ich es jederzeit erreichen konnte. Dann setzte ich Füße und Hände in die kunstvollen Schnitzereien des Vorderkastells und stieg anderthalb Meter empor. Das Herz schlug mir bis in den Hals.
Auf dem Fluß wimmelte es von Schiffen! Ich sah die Tais unter dem Kommando des unermüdlichen Calliodorus, ich sah andere Schiffe aus Port Cos. Es mußte sich um Callisthenes' alte Flotte handeln, die er
Weitere Kostenlose Bücher