GOR-Zyklus 18 - Die Blutsbrüder von Gor
»wir haben die Zeit der Feste.«
»Hast du den Händler Wopeton gesehen?« fragte ich.
»Nein.«
»Darf ich gehen?«
»Aber ja doch«, sagte der junge Mann verwirrt.
Ich sprang auf und setzte meinen eiligen Weg zu Mahpiyasapas Zelt fort. Dabei kam ich bis auf hundert Meter an das große Tanzzelt heran, das aus hoch aufragenden Astmauern bestand. Drinnen befand sich der Stamm, drinnen tanzten die jungen Krieger, angemalt und herausgeputzt.
»Mahpiyasapa ist nicht hier«, sagte die Frau, die in der Nähe seines Zeltes kniete – eine seiner Ehefrauen. Ihre knochigen Finger umklammerten ein Gerbmesser. Sie schärfte das Gerät auf einem Stein. Das Messer wies sechs Punkte auf, die anzeigten, das es schon sechs Jahre in Gebrauch war. Zwei Finger waren am ersten Gelenk abgeschnitten: sie hatte zwei Söhne verloren.
»Weißt du, wo er ist?« fragte ich.
»Nein.«
»Danke, Herrin.« Ich stand auf und trat zurück. Ich wußte nicht mehr, was ich tun sollte, an wen ich mich noch wenden konnte.
»Warum sollte er nicht im Rat sein?« fragte sie, ohne den Kopf zu heben.
»Natürlich!« rief ich. »Sei bedankt, Herrin!«
»Es wird dir nichts nützen«, meinte sie. »Du kannst ihn nicht sprechen, wenn er dort ist. Das ist nicht gestattet.«
»Eigentlich suche ich ja Wopeton. Könnte der auch im Rat sein?«
»Möglich ist es«, sagte sie achselzuckend, ohne den Blick von ihrer Arbeit zu heben.
»Vielen Dank, Herrin, du bist sehr freundlich zu mir gewesen.«
»Wenn er im Rat ist, wirst du ihn ebensowenig sprechen können.«
Ich wandte mich ab und eilte weiter. Sie hatte mir sehr weitergeholfen. Stets daran denkend, daß dies der Tag des großen Tanzes war – vermutlich wegen Cuwignakas großer Vorfreude darauf – und daß die von Oiputake erhaltenen Informationen wirklich Schlimmes verhießen, hatte ich völlig vergessen, daß heute auch der Friedensrat stattfinden sollte, ein Tag, der zumindest ansatzweise die Ratifikation eines Friedensvertrages zwischen den Gelbmessern und den Kaiila bringen sollte. Mit schnellen Schritten näherte ich mich dem Ratszelt. Ich wußte nicht, ob ich Mahpiyasapa aus dem Rat würde rufen können, oder ob dies überhaupt ratsam war, doch ich war zuversichtlich, daß ich irgendwie an Grunt herankommen könnte, wenn er sich dort befand.
Grob stießen mich die beiden Krieger zurück. »Knie nieder!« fauchte einer.
Hastig gehorchte ich. Blanker Messerstahl funkelte.
»Verzeiht, ihr Herren«, sagte ich. »Ich muß unbedingt Wopeton sprechen.«
»Er ist nicht drinnen«, sagte ein Krieger.
»Dann gebt bitte weiter, daß ich dringend mit Mahpiyasapa sprechen muß!«
»Mahpiyasapa ist ebenfalls nicht im Bau«, sagte der Krieger.
»Keiner der beiden?«
»Nein.«
»Verzeiht, ihr Herren.«
»Vielleicht kommen sie später noch«, meinte einer der Wächter. »Die Ratsversammlung hat noch nicht begonnen.«
»Ja, ihr Herren«, sagte ich. »Vielen Dank, ihr Herren.« Auf den Knien kroch ich ein Stück zurück und behielt dabei die Messer im Auge. Dann stand ich auf und entfernte mich rückwärtsgehend. Die Wächter steckten die Messer fort und kehrten an ihren Posten vor dem Eingang des großen Zeltes zurück. Mit verschränkten Armen standen sie da. Die Stützstangen des Baus waren etwa fünfzig Fuß lang und von über hundert Kailiaukhäuten bedeckt.
Ich sah mich um. Wieder wußte ich nicht, was ich tun sollte. Am besten wartete ich wohl ab, bis Grunt oder Mahpiyasapa auftauchte. Ich hätte angenommen, daß sie sich längst im Inneren des Ratszeltes befanden. Die Versammlung mußte bald beginnen.
»Sklave«, sagte ein Mann, der einige Meter entfernt mit untergeschlagenen Beinen auf dem Boden hockte.
Ich folgte seinem Winken, und er deutete auf eine Stelle neben sich. Ich kam der Aufforderung nach und kniete mich nieder. Er schliff einen Stein, der ein Hammerkopf werden sollte. Dabei wird eine angefeuchtete Lederschnur immer wieder geduldig über die harte Fläche gezogen. Ich schaute dem Mann bei der Arbeit zu. »Heute«, sagte er, »wird der Rat auf die Stimme Mahpiyasapas verzichten müssen.«
»Warum wird der Rat auf seine Stimme verzichten müssen?«
»Heute«, sagte der Mann und zog die Lederschnur über den Stein, »ist Mahpiyasapa in Trauer. Er hat das Dorf verlassen, um sich zu reinigen.«
»Warum sollte er in Trauer sein?« wollte ich wissen. Die Auskunft, daß er nicht im Lager sei, behagte mir ganz und gar nicht.
»Ich glaube, es hat damit zu tun, daß Canka
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