GOR-Zyklus 20 - Die Spieler von Gor
immer unwahrscheinlicher erschienen, daß es die Priesterkönige waren. Ich war anhand der Umstände zu dem Schluß gekommen, daß es die Kurii sein mußten. Nun mußte ich gezwungenermaßen die einst so überzeugende Hypothese fallen lassen.
Der angreifende Sleen stieß einen schrillen Schrei aus, der in einem plötzlichen panischen Quieken endete, als er fast in zwei Stücke gebissen zur Seite geschleudert wurde. Auch die beiden anderen Sleen griffen an und verbissen sich wie zwei Aale in der angeketteten Bestie. Die Zuschauer tobten. Der Bestie lief das Blut in Strömen an Armen und Beinen hinunter. Sie wälzte sich im blutigen Sand, kämpfte und wand sich, doch die Sleen ließen nicht los. Die Ketten klirrten, die Menge tobte, die Sleen jaulten auf.
»Schön! Schön! Wetten! Wetten!« rief der Urtmann neben mir und klammerte sich an dem Gitter fest.
Mir war klar geworden, daß in Brundisium weder Priesterkönige noch Kurii ihren Einfluß ausübten oder gar besondere Privilegien hatten.
Die Bestie in der Grube packte den Sleen, der sich in ihr Bein verbissen hatte, und brach ihm mit einem Prankenschlag das Genick. Dann pflückte sie sich den anderen Sleen vom Arm und stieß ihm die krallenbewehrte große Pranke in den geifernden Rachen, wühlte sich immer tiefer, bis sie die Lungen erreicht hatte, und brachte eine Handvoll davon ans Tageslicht. Dann schleuderte sie den Sleen zu Boden, warf den Kopf in den Nacken, öffnete die Schnauze mit den Reißzähnen, auf denen frisch vergossenes Blut glänzte, und schrie der mittäglichen Sonne, den Türmen Brundisiums und der Menge ihre Verachtung entgegen.
»Dreimal!« rief der Urtmann. »Dreimal! Weiterleben!«
Anscheinend hatte die Bestie die Grube nun bereits das dritte Mal überlebt.
»Wetten! Wetten! Wetten! Mich bezahlen!«
Jetzt näherten sich Soldaten mit angelegten Armbrüsten und Speeren der Bestie so vorsichtig wie möglich. Sie warfen Seile nach ihr und zogen die Schlingen zu. Das Ungeheuer schien sie kaum zu bemerken; es fraß einen der toten Sleen.
Nein, es war nicht sehr wahrscheinlich, daß Brundisium von den Kurii beherrscht wurde.
Ich blieb am Fenster stehen, bis die Bestie halb aus der Grube gezerrt und halb gestoßen wurde. Sie verließ sie knurrend, aber lammfromm. Sie zog noch immer ein Stück Sleen hinter sich her.
Das blutverschmierte Ungeheuer aus der Grube war ein Kur.
Ich fand dies natürlich ziemlich beunruhigend. Ein ganzes Bauwerk alles erklärender Hypothesen und wohlüberlegter Spekulationen war in sich zusammengestürzt. Nun sah es so aus, als hätten weder Priesterkönige noch Kurii etwas mit Brundisium zu tun. Aber warum war dann in Port Kar der Anschlag auf mich erfolgt, und woher kam das offensichtliche Interesse, das einige maßgebliche Leute Brundisiums an meiner Person hatten? Wieso war ich wichtig für sie? Und was bedeuteten die Botschaften, die ich abgefangen hatte? So wie es aussah, waren sie für jemanden in Ar bestimmt gewesen. Ich verstand nichts mehr. Ich wußte nicht, was ich von alldem halten sollte. Eine Sache allerdings war klar. Ich steckte in Brundisium in einer Zelle, war der Macht meiner Häscher ausgeliefert.
Ich trat vom Fenster zurück und sprang zu Boden. Mein Mitgefangener folgte meinem Beispiel und zog sich auf sein Stroh zurück. Ich schob den Tisch zurück in die Mitte der Zelle, wo er wieder zwischen zwei Sitzbänken stand. In solch einer Zelle – sie war recht angenehm, was goreanische Zellen anging – dienen Tische und Bänke einem praktischen Zweck. Sie helfen, das Essen aus der Reichweite der Urts zu halten, und in der Nacht kann man darauf schlafen.
»An die Wand, auf die Knie!« erscholl eine Stimme.
Der Urtmann und ich gehorchten. Es war Essenszeit.
Am ersten Tag meiner Gefangenschaft hatte ich mich in Nähe des Gitters herumgetrieben, in der Hoffnung, den Gefangenenwärter überwältigen zu können. Das hatte dazu geführt, daß ich an diesem Tag nichts zu essen bekam. Am nächsten Tag gehorchte ich, denn ich wollte mein Essen haben. Am Abend des zweiten Tages meiner Gefangenschaft, des vierten Tages nach dem Überfall auf der Straße, war der Urtmann in meine Zelle gestoßen worden. Ich war nicht sonderlich über seine Gesellschaft erfreut gewesen, aber er kannte sich mit dem Gefängnisalltag aus.
Der Gefangenenwärter warf einen Blick in die Zelle. »Der Tisch ist bewegt worden«, sagte er. Vermutlich hatten ihm das die verwischten Abdrücke im Staub verraten. Ich hatte nicht
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