GOR-Zyklus 21 - Die Söldner von Gor
Angehörige der cosischen Partei, Verräter des Bündnisses mit Ar und dergleichen«, erklärte Mincon.
»So, wie die anderen Anhänger Ars waren?« hakte ich nach.
»Vielleicht«, antwortete Mincon ausweichend.
»Einige der Männer sind möglicherweise für die Hinrichtung derjenigen verantwortlich, die zuvor dort gehangen haben«, sagte ich und sah mir die bedrückenden Reihen der Gehängten an.
»Natürlich.«
»Der Wind in Torcodino hat sich gewendet«, meinte ich.
»Ja«, sagte Mincon.
»Also steht dein Hauptmann im Sold von Ar.«
»Darüber mußt du dir selbst ein Urteil bilden. Bald.«
»Ich?«
»Ja.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Folgt mir!« schlug er einfach vor. Unsere kleine Gruppe folgte ihm die Stufen zum Semnium hinauf. Ich blieb einmal kurz stehen und sah zu den gefangenen Frauen zurück. Viele von ihnen waren einflußreiche Persönlichkeiten gewesen. Die Frau, die der Soldat geschlagen hatte, war beispielsweise siegelberechtigte Schatzmeisterin des Gewürzrates von Torcodino gewesen. Wie ich es verstanden hatte, hatte sie den Einfluß ihrer Position dazu ausgenutzt, Cos zu unterstützen. Solche Neigungen findet man häufig bei Leuten, die ihr Vermögen mit Im- und Export gemacht haben, die die Ausbeutung fremder Märkte betreiben, die allgemein mit dem Überseehandel auf dem Thassa zu tun haben. Das ist verständlich. Die Seestreitkräfte von Tyros und Cos beherrschen die grünen Wellen des funkelnden Thassa. Sie kontrollieren die meisten der bevorzugten ozeanischen Handelskorridore. Nur wenige Küsten können sich ihren Patrouillen entziehen, nur wenige Hafenstädte ihren Blockaden widerstehen. Die Frau war eine Bürgerin Torcodinos gewesen, und Torcodino hatte Ar den Treueid geleistet. Sie hatte – aus welchem Grund auch immer, vermutlich Opportunismus oder Habgier – ihr Gelübde an ihren Heimstein gebrochen. Bei einem Mann kann das ein Kapitalverbrechen sein. Nur weil sie eine Frau war, war sie nicht auf der Verräterliste gelandet, sondern nur auf der Gefangenenliste. Ihr Geschlecht hatte sie gerettet. Wäre sie ein Mann gewesen, hätte man sie gehängt.
Hinter dem Eingang zum Semnium erstreckte sich eine große Halle mit Marmorboden. Hier nahmen zahlreiche Gänge und Treppen ihren Anfang. Die Wände waren mit Mosaiken geschmückt, Szenen aus dem Leben der Bürger, Zusammenkünfte und Prozessionen. Ein Bild zeigte die Grundsteinlegung von Torcodinos Mauern, eine Handlung, die vermutlich vor mehr als siebenhundert Jahren stattgefunden hatte, als man die erste Mauer, die Legenden zufolge nur wenige Meter hoch war, zum Schutz des großen, sich ständig ausbreitenden Lagers am Schnittpunkt mehrerer Handelsrouten errichtet hatte. Mehrere Soldaten und Offiziere saßen an Tischen bei der Arbeit. An einer Seite befanden sich mehrere Reihen fest im Boden verankerter niedriger Marmorbänke. Hier warteten gewöhnlich Klienten und Beschwerdeführer mit ihren Anliegen und Petitionen. Hier warteten auch vorgeladene Zeugen, daß sie vor dem Rat ihre Aussage machen konnten.
»Hier bekommt man wohl die Passierscheine, habe ich recht?« fragte ich und betrachtete die Tische.
Mincon nickte und ging auf einen Wächter zu, der vor einem Durchgang zu den langen Korridoren auf Posten stand.
»Müssen wir uns für die Passierscheine nicht an einem der Tische anstellen?« fragte ich und blickte zurück.
»Nein.«
Wir folgten ihm in den Korridor. Offensichtlich war er hier bekannt.
»Wird die Stadt von hier aus regiert?«
»Ja, jedenfalls was die wichtigsten Dinge betrifft.«
»Torcodino steht doch jetzt unter Kriegsrecht«, meinte ich. »Warum wird es dann nicht vom Zentralzylinder oder dem Arsenal aus beherrscht?«
»Dieses Gebäude vermittelt den Anschein von Normalität«, sagte er. »Man könnte gewissermaßen glauben, daß eine Verwaltung durch die nächste ersetzt wurde.«
»Ich verstehe. Dein Hauptmann hat sich aber doch bestimmt im Zentralzylinder niedergelassen.«
»Nein, er führt seine Geschäfte in diesem Gebäude«, sagte Mincon, ohne seinen Schritt zu verlangsamen.
Darauf gab es nichts zu erwidern. Ich hielt es jedoch für eine politisch kluge Entscheidung, zumal die Stadt zur Zeit nicht angegriffen wurde. Mir war schon seit Jahren bekannt, daß Dietrich von Tarnburg ein fähiger Söldnerführer und einer von Gors besten Soldaten war. Die Annalen oder Tagebücher, die ich gelesen hatte, hatten allein die Märsche und Feldzüge zum Thema gehabt, eine Würdigung seiner anderen
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