Gorian 1: Das Vermächtnis der Klingen
wichtiger Faktor im Kampf gegen Morygor und das Frostreich werden könnte. Und das Wichtigste dieser Zeichen ist der fallende Stern.«
»Ich wurde an einem Tag geboren, als ein Stück Sternenmetall glühend vom Himmel fiel«, erklärte Gorian.
Torbas’ Lächeln wurde breiter. »Du auch?«
Sie erreichten die Zelle, die von nun an Gorians Zuhause sein sollte. Dass sie im Haus des Schwertes lag, nahm Gorian noch keineswegs als Vorzeichen dafür, dass man seine Ausbildung auf dessen Kunst beschränken wollte. Es war einfach so, dass dieses Haus mit Abstand die meisten Zellen hatte, und abgesehen davon stand es auch für Gorian außer Frage, dass die Ausbildung zum Schwertmeister für ihn unverzichtbar und am wichtigsten war.
Viel Können und Wissen über diese Kunst hatte er sich bereits durch den Unterricht seines Vaters aneignen können, auch wenn er natürlich wusste, dass er noch nicht die Reife eines Meisters hatte. Allerdings bildete er sich ein, seinen gleichaltrigen Mitschülern um einiges im Voraus zu sein. Ob seine Einschätzung in diesem Punkt allerdings der Wirklichkeit entsprach, würde sich erst noch herausstellen müssen.
Die Zelle war kaum möbliert. Auf dem einzigen Regalbrett stand ein in Leder gebundenes Exemplar des Buchs der Ordensaxiome, das Bett war eine einfache Pritsche, das Fenster unverglast und offenbar so ausgerichtet, dass die meiste Zeit des Tages Licht hereinfiel, aber so hoch gelegen, dass man nicht hinaussehen konnte. Die Zelle diente unter anderem der inneren Sammlung, und daher sollte zumindest in den Anfangsphasen der Ausbildung jede Ablenkung vermieden werden.
»Hier kannst du die nötige geistige Versenkung finden«, sagte Torbas. Er deutete zum Fenster hinauf. »Eine deiner ersten Übungen wird es sein, die Fensterläden allein mittels der Alten Kraft zu schließen, denn auf andere Weise kann man sie nicht erreichen.«
»Ganz nett«, gab Gorian zurück. »Allerdings bereitet es mir keine Schwierigkeiten, die Alte Kraft selbst im Trubel eines thiskarenischen Jahrmarkts zu sammeln – die Einsamkeit einer Zelle brauche ich dazu nicht.« Er überlegte, ob er die Fensterläden kurz schließen sollte, um Torbas zu zeigen, dass er keineswegs ein Anfänger in der Anwendung der Alten Kraft war, erinnerte sich dann aber an Meister Thondarils Worte über die Zähmung des Hochmuts und entschied sich dagegen.
»Du kennst Thiskaren?«, fragte Torbas.
»Ja, ich stamme aus Thisilien.«
»Aber du bist kein Thiskarener.«
Über Gorians Gesicht huschte ein Lächeln. »Ich dachte, du gehörst dem Haus des Schwertes und nicht dem der Seher an.«
»Niemand, der aus dieser Stadt stammt, sagt Thiskaren. Die Einheimischen sagen Thiskaven, und ich habe mir die Form der Auswärtigen erst angewöhnt, seit ich nicht mehr zu Hause lebe und mein Dasein dem Orden weihte.« Er zuckte mit den Schultern. »Sonst hielte mich jeder für einen ungebildeten Narren, der in der Priesterschule nicht genug Schriftzeichen gelernt hat, um einen Namen auf der Landkarte richtig zu lesen.«
Gorian wusste, dass man die thisilischen Häfen Thiskaren und Thisia auch die Städte der zwei Namen nannte, weil die Einheimischen Thiskaven und Thisa sagten, was aber nicht die einzigen sprachlichen Eigenheiten waren, durch die sie sich von den Auswärtigen abzugrenzen versuchten.
»Ich stamme aus der Gegend von Twixlum«, erklärte Gorian. »Wir sind also beide Thisilier.«
Torbas verzog leicht spöttisch den Mund. »Du nimmst es mir aber trotzdem nicht übel, dass ich von diesem Nest, aus dem du kommst, noch nie etwas gehört habe, oder?«
»Es war der Hof Meister Nhorichs, dem Sohn Meister Erians, und es gibt keinen Grund, sich dessen zu schämen«, gab Gorian leicht pikiert zurück. Die aufgeblasene Art seines Gegenübers ging ihm ziemlich auf den Geist. Was bildete der sich ein? Ein Hof in der Nähe von Twixlum mochte ja nicht gerade der Nabel der Welt sein, aber das war Thiskaren auch nicht. »Leute, die es gewohnt sind, Thiskaven anstatt Thiskaren zu sagen, neigen vielleicht dazu, ihre Herkunft etwas zu überschätzen«, versetzte Gorian mit spitzem Unterton.
»War dieser Nhorich, dessen Sohn du bist, der Nhorich, den man auch Nhorich den Abtrünnigen nennt und den uns die Lehrer der Ordensschule als Beispiel bedauernswerten Irrtums darlegen?«, hielt Torbas sofort dagegen, und seine Augen wurden dabei pechschwarz.
Mit Gorians Augen geschah dasselbe. Innerhalb eines kurzen Moments berührten sich ihre Seelen
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