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Gorian 2

Gorian 2

Titel: Gorian 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Livree trugen die Speisen auf, Mägde in schwingenden Kleidern und mit kunstvoll aufgestecktem Haar schenkten die Getränke ein.
    Gorian musste zugestehen, dass sich die Gastgeber alle Mühe gaben, es ihnen an nichts fehlen zu lassen. Es gab viel Fleisch, und auf Gorians Nachfrage hin, um welche Tierart es sich dabei handelte, antwortete ihm der Verwalter: »Wüstenvögel. Es gibt sie zu Tausenden.« Er wandte sich an Thondaril. »Den Angehörigen Eures Ordens sagt man nach, dass sie aufgrund magischer Hilfsmittel stets gut informiert sind …«
    »Das kann man mit Fug und Recht behaupten«, gab Thondaril zu.
    Oras Bans Tonfall wurde sehr ernst, sein Blick fixierte den Gast geradezu. »Wo steht der Feind?«

    »Über das Handlichtlesen stehe ich ständig mit anderen Ordensmeistern in Verbindung«, erklärte Thondaril. »Möchtet Ihr sehen, wie die Lage ist?«
    »Nun, wenn Ihr das möglich machen könntet …«
    »Nichts leichter als das. Und ich denke zudem, eine solche Demonstration wäre für jeden hier im Raum interessant.«
    Thondaril erhob sich, und plötzlich waren alle Augen auf ihn gerichtet. Er legte die Handflächen mit den Handkanten gegeneinander, sodass sie an ein aufgeschlagenes Buch erinnerten, und murmelte ein paar Worte in alt-nemorischer Sprache. Ein Lichtschimmer bildete sich in seinen Handflächen und wurde größer und heller. Thondaril ließ ihn ein Stück emporschweben, und es hatte den Eindruck, als würde er ihn allein mit seinem Blick kontrollieren.
    Dann machte er eine Bewegung mit den Händen, woraufhin eine Lichtsphäre entstand, die so groß war wie eines der Gemälde, die einst in der Kathedrale von Toque zu finden gewesen waren, bevor der Feind dieses außergewöhnliche Bauwerk zerstörte.
    »Diese Bilder, die ich Euch jetzt zeige«, sprach der zweifache Meister, »habe ich kurz vor unserer Ankunft von meinen Ordensbrüdern in Garilanien empfangen. Sie werden Euch die Dringlichkeit der Lage verdeutlichen.«
    In der Lichtsphäre waren Gebiete mit fruchtbaren Feldern zu sehen. Dann tauchte am Horizont eine graue Wand auf, die zunächst wie eine Nebelbank wirkte. In Wahrheit aber war es eine Gletscherfront, die haushoch über das Land walzte und alles unter sich begrub, mit einer Fließgeschwindigkeit, die an Harz oder Sirup erinnerte.
    »Dies sind die Tiefebenen von Garilanien«, erklärte Thondaril. »Dass Ihr dort keinen einzigen Bewohner mehr seht,
liegt daran, dass jeder, der noch dazu in der Lage war, längst geflohen ist, nachdem sich herumsprach, wie die Kathedrale von Toque unterging.«
    Er zeigte auch Bilder von diesem Ereignis, denn er ging wohl davon aus, dass es auf seine Gastgeber weit größeren Eindruck machte, wenn sie sahen, wie eines der bekanntesten und größten Bauwerke des gesamten Heiligen Reichs zerstört wurde, als wenn in einem fernen Herzogtum nur ein paar Bauern ihre Felder verloren.
    »Garilanien ist weit«, sagte Oras Ban. »Und Toque …« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ein Ort, den hier niemand je gesehen hat.«
    »Alles, was jenseits der schwarzen Steinwüste und der mitulischen Grenze liegt, scheint für ihn weit weg zu sein«, erreichte Gorian ein Gedanke Sheeras.
    »Kein Wunder, wenn er hier nie wegkommt.«
    »Du denkst an Ar-Don …«
    »Nicht jetzt!«
    Gorian brach die gedankliche Verbindung zu ihr ab. Dass sie so leicht erkannt hatte, was ihn im Moment so brennend beschäftigte, gefiel ihm nicht. Es war nicht so, dass er sie von seinen Überlegungen ausschließen wollte, aber er musste sich zunächst selbst darüber klar werden, was zu tun war. Davon abgesehen befürchtete er auch, dass sie versuchen würde, ihn von seinem Plan abzubringen, der gerade erst in seinen Hirnwindungen Gestalt anzunehmen begann.
    Thondaril erklärte den Bankettgästen weiterhin die verzweifelte Lage, in der sich das Heilige Reich befand, und welche Gefahr in Kürze auch Mitulien und Gryphland drohte, denn es gab keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Expansion von Morygors Frostreich auch nur zeitweilig zum Stillstand gekommen war. »Es ist bedauerlich, dass der
Bibliothekar nicht ebenfalls anwesend ist, damit auch er sich ein Bild von der drohenden Katastrophe machen kann«, sagte er schließlich an den Königlichen Verwalter von Felsenburg gerichtet. »Es wäre gewiss auch für ihn sehr lehrreich.«
    »Daran zweifle ich nicht«, antwortete Oras Ban. »Aber er ist nun einmal nicht sehr gesellig. Genau genommen verabscheut er gemeine Gesellschaft und

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