Gorian 2
Zog Yaal, während er auf einem Stück Trockenfisch kaute, das über dem Feuer noch einmal gebraten und dadurch knusprig geworden war, ganz so, wie man es in den Garküchen von Port Gryphenklau angeboten bekam. »›Du fährst doch von Markt zu Markt, von Stadt zu Stadt, weshalb nimmst du da Vorräte mit?‹, hat man ihm immer wieder vorgehalten und ihn ausgelacht, weil er wertvollen Stauraum verschwenden würde. Und ehrlich gesagt, als ich bei ihm anfing, habe ich genauso gedacht, denn die Vorräte wurden am Ende regelmäßig weggeworfen, weil sie irgendwann eben doch ungenießbar geworden waren.«
Auch Torbas hatte sich ans Feuer gesetzt. Das an der
Schulter zerfetzte, blutdurchtränkte Wams hatte er gegen eines jener Kleidungsstücke ausgetauscht, die Centros Bal in seiner Gondel mitgeführt hatte. Auch in diesem Punkt war der Nordfahrer stets für alle Eventualitäten und vor allem für jede Witterung gerüstet gewesen.
Zog Yaal sah Torbas an, und der Ausdruck im Gesicht des jungen Greifenreiters veränderte sich dabei. »Es ist seltsam, dich in seinen Kleidern zu sehen«, fand er.
Torbas nickte. Seine Augen wurden schwarz. Er schien noch viel der Alten Kraft aufwenden zu müssen, um sich zu stärken und den Heilungsprozess zu fördern. Vorsichtig betastete er die Schulter, die Sheera zuvor noch einmal untersucht und mit einem Heilstein behandelt hatte. »Ich verstehe, was du meinst.« Er sprach leiser als sonst und wirkte sehr in sich gekehrt und nachdenklich. »Aber so, wie ich ihn kennengelernt habe, wird er nichts dagegen haben, wenn seine Sachen jetzt jemand anderen wärmen.«
»Niemand kann etwas aus dieser Welt mitnehmen, wenn er vor den Verborgenen Gott tritt«, stimmte Zog Yaal düster zu.
»Das ist wahr.«
Thondaril aß nur mit sehr wenig Appetit. Zu viele Gedanken gingen dem zweifachen Ordensmeister durch den Kopf. »Du bist der letzte Gryphländer unter uns, Zog Yaal«, stellte er fest, »der letzte Greifenreiter.«
»Ich werde mich bemühen, mich als würdig zu erweisen«, versprach Zog Yaal. »Und was die Summe betrifft, die Ihr für Centros Bals Dienst ausgehandelt habt, so könnt Ihr Euch darauf verlassen, dass ich alles seinem Erben aushändigen werde.«
»Weißt du, wer als sein Erbe vorgesehen ist?«, fragte Thondaril.
»Nein, aber Centros Bal wird einen versiegelten Brief bei der Gilde hinterlegt haben, in dem er ihn bestimmt hat. So ist es üblich bei den Greifenreitern. Ein Greif aber kann nur an ein anderes Mitglied der Gilde vererbt werden.«
»Ich wollte auf etwas anderes hinaus«, erklärte Thondaril.
»Wenn es Euch lieber ist, einen erfahrenen Mann anzuheuern, der Euch zu den Inseln der Caladran bringt, solltet Ihr Euer Glück im Hafen von Embador versuchen. Dorthin, zu den Märkten, bringen viele Greifenreiter ihre Waren, und wenn es auch eigentlich der Gildenehre widerspricht, lässt sich sicherlich der eine oder andere Zweite Greifenreiter abwerben.«
Thondaril schüttelte den Kopf. »Darauf wollte ich nicht hinaus. Centros Bal hätte dich wohl kaum ausgesucht, wenn dein Talent zum Greifenreiten nicht ausreichen würde, um uns zu den Caladran zu fliegen.«
»Ich danke Euch für Eure Worte, Meister Thondaril.«
»Nur hoffe ich, dass die caladranische Heilmagie überhaupt bei dem Greifen wirkt, was ja wohl noch nicht ganz sicher ist. Nein, es geht mir um etwas anderes, Zog Yaal. Da du der letzte Greifenreiter unter uns bist, musst du auch noch in anderer Hinsicht in die Fußstapfen deines Herrn treten.«
»In welcher Hinsicht?«
»Du wirst der Botschafter Gryphlands sein, wenn wir die gestohlenen Schriften zu den Caladran zurückbringen«, erklärte Thondaril. »Jedenfalls wird man dich als solchen ansehen, dessen kannst du dir sicher sein. Und darauf solltest du dich innerlich einstellen. Es wird viel von dir abhängen, wenn es darum geht, die Caladran zu Verbündeten im Kampf gegen Morygor zu gewinnen.«
»Nun übertreibt nicht«, mischte sich der Namenlose
Renegat ein, der dieser Unterhaltung zunächst scheinbar gleichgültig zugehört hatte. »Auf den Inseln der Caladran interessiert man sich vorwiegend für sich selbst und seinesgleichen. Das, was die meisten Caladran gegenüber den Greifenreitern empfinden, ist bestenfalls Verachtung, aber ihren Hass haben sie auf mich gerichtet.«
»Mit Verlaub, es ist eine Ewigkeit her, dass Ihr jene Inseln verlassen habt«, erklärte Thondaril, ungehalten wegen der Einmischung des Namenlosen. »Wie wollt Ihr da wissen, auf
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