Gorian 3
Kälte des Frostreichs. Aber das will ich nicht, denn ich will nie wieder ein Geschöpf Morygors werden, ein Wesen ohne freien Willen, das nicht viel mehr als ein Werkzeug ist.«
»Wie kann ich dir helfen?«
»Du hast mir schon genug geholfen. Ich fürchte, niemand kann noch etwas für mich tun.«
»Wir brechen bald auf in den Norden«, versprach Gorian. »Es wird zu einer großen Schlacht gegen die Heere des Frostreichs kommen. Der Flusspegel sinkt bereits, und das kann nur bedeuten, dass das Eis wieder auf dem Vormarsch ist und den Leviathanen den Weg bereitet.«
Ein schwaches Lächeln glitt über das Gesicht des Adhs. »Ich werde dir helfen, solange ich kann, Gorian. Denn das, was du vorhast, ist gut. Aber ich kann dir nicht versprechen, dass ich dir wirklich noch lange eine Hilfe sein werde.«
»Sag so etwas nicht.«
»Ein Meister sollte auch schmerzhafte Wahrheiten vertragen, Gorian.« Er deutete über die Reling. »Andere Verzweifelte können sich ins Meer stürzen, aber das würde mein Dilemma als Untoter nicht lösen, zumal wahrscheinlich nicht einmal mehr den Fischen mein Adh-Fleisch schmeckt.«
»Es wird sich eine Möglichkeit finden, um dir zu helfen«, versprach Gorian.
»Konzentrier dich lieber darauf, das große Ziel zu erreichen, wie man es von dir erwartet, Meister .« Beliak deutete
zu den Maladran. »Warum sollte es mir besser gehen als diesen monströsen Gesellen dort. Einige beklagen sich darüber, dass ihre Körper inzwischen so sehr verstofflicht sind, dass sie nicht einmal mehr durch die Planken des Schiffes gleiten können, geschweige denn durch irgendwelche Wände.« Er schüttelte in gespielter Betroffenheit den Kopf. »Ich sage dir, es gibt schon sehr harte Schicksale.«
Genau in der Mitte von Nelbar befand sich die Magistratsfestung. Eigentlich war sie die achte Burg der Stadt, aber sie wurde in der Nummerierung nicht mitgezählt, da sie größer und prächtiger war als die sieben anderen, die streng genommen Außenforts der städtischen Befestigungsanlagen waren. Die Magistratsfestung aber war im Belagerungsfall der letzte Rückzugsort. Und da dort der Magistrat öffentliche Sitzungen abhielt, hatte sie auch den mit Abstand größten Saal.
Dort fand das große Treffen aller Bündnispartner statt, die sich vorgenommen hatten, dem erwarteten Angriff des Frostreichs entgegenzutreten.
Gorian erschien zusammen mit Meister Thondaril und Meister Shabran. Sheera und Beliak begleiteten ihn ebenfalls, so wie auch der Blinde Schlächter und einige ausgewählte Maladran. Nach dem Attentatsversuch auf Gorian erschien das aus Sicherheitsgründen erforderlich. Abgesehen davon kamen auch die anderen Bündnispartner mit teilweise sehr großem Gefolge. König Abrandir und seine Gemahlin Orawéen nahmen sich dabei noch geradezu bescheiden mit ihrer Eskorte aus. Da sich unter der aber auch der Schamane Brass Telir und einige Caladran-Magier befanden, war das Königspaar der Caladran wohl besser geschützt, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte.
Der Vorsitzende des Magistrats – gut zu erkennen an der
breiten goldenen Amtskette, die er um den Hals trug – wurde nicht nur von seinen Stellvertretern, sondern auch von einem Trupp der Stadtwache begleitet, die auch sämtliche Ein-und Ausgänge besetzt hielt.
Der Fürst von Naraig ließ sich in einer Sänfte von Ogern in den Saal tragen, im Schlepp gut hundert Schlangenmenschen-Krieger.
Das größte Gefolge hatte naturgemäß Kaiser Corach IV. Allerdings schritt er im Gegensatz zum Basilisken-Fürsten selbst zu seinem Platz, wo eigens ein Thronsessel für ihn aufgestellt worden war, überzogen von feinstem Samt und mit Stickereien aus Goldfäden versehen.
Diesen Thron hielt der Magistrat für die seltenen Besuche des Kaisers bereit. Das letzte Mal, dass ein heiligreichischer Herrscher Nelbar besucht hatte, war allerdings schon lange her; es war noch zu Zeiten von Corachs gleichnamigem Großvater gewesen, weswegen der Thron in der Zwischenzeit auch etwas gelitten hatte. Da im Moment Handwerker aller Art kaum zu bekommen waren, war es auch nicht möglich gewesen, noch rechtzeitig einen Polsterer zu beauftragen, das Möbelstück in einen Zustand zu versetzen, der dem Anlass würdig gewesen wäre.
Kaiser Corach verzog ob dieser Mängel keine Miene und nahm seinen Platz ein, umgeben von zahlreichen Rittern.
Gorian war Corach einmal auf der Ordensburg begegnet. Aber der Herrscher vermied es, einen Blick in die Richtung des nunmehr dreifachen
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