Gorian 3
der Sechsfingrigen gewachsen, sondern von den Caladran zwar kunstvoll und durch Unterstützung starker Magie, aber letztlich eben doch ganz konventionell errichtet worden war. Der Turm stürzte zur Seite und fiel wie ein Fremdkörper vom Stadtbaum ab, und damit wurde auch offenbar, dass er mit dem Stein des Baums niemals eine wirkliche Einheit gebildet hatte. Schiffsladungen von Mauergestein krachten auf den Gletscher.
Der Baum selbst jedoch ragte immer noch zu etwa zwei Dritteln aus dem Eis, als der Gletscher zu einem vorläufigen Stillstand kam. So leicht war er nicht niederzureißen.
Leviathane näherten sich auf breiter Front. Die gewaltigen wurmähnlichen Ungeheuer öffneten ihre Mäuler und entließen daraus Unzählige von Wollnashornreitern. Die meisten von ihnen waren untote Orxanier, aber hin und wieder waren auch untote Menschen in ihren Reihen auszumachen, vor allem Krieger aus Torheim und Eisrigge, wie man an ihrer Fellkleidung und der Art ihrer Helme erkennen konnte.
Sie sollten den Stadtbaum nach zurückgebliebenen Caladran durchsuchen. Ihnen sollte kein Pardon gewährt werden. Gorian hörte in Gedanken ihre Rufe: »Erschlagt jeden Caladran, den ihr findet! Lasst keinen von ihnen am Leben!«
Die Reiter formierten sich; die Leviathane hielten sich zunächst im Hintergrund.
Die Angreifer wähnten eine wehrlose Stadt vor sich zu haben, die nur noch in Besitz genommen werden musste. Aber da täuschten sie sich.
Als die Wollnashornreiter nahe genug heran waren, begann sich der Stadtbaum zu bewegen. Eine unheimliche Art von Leben erfüllte ihn auf einmal, und er stieß singende
Laute aus, die sich zu einem lauten Kreischen steigerten, zu einem Schlachtruf, wie Gorian erkannte. Dann senkte er seine Krone, fegte mit den steinernen Ästen über die Gletscheroberfläche, und Tausende von untoten Frostkriegern wurden mit ihren Reittieren davongeschleudert. Der Stadtbaum erwies sich dabei als erstaunlich biegsam, er schwang die Äste seiner Krone nach rechts und nach links und peitschte die Angreifer reihenweise davon. Wollnashörner und ihre Reiter flogen durch die Luft, so hoch, dass selbst viele der Untoten, nachdem sie auf dem Gletscher aufgeschlagen waren, sich kaum noch bewegen konnten.
Die kleineren Verästelungen, die keinen Wohnzwecken mehr dienten und von denen Gorian bisher gedacht hatte, dass sie einen rein dekorativen Zweck hatten, umfassten Frostkrieger an Armen, Beinen oder am Körper und rissen sie in Stücke.
Die restlichen Frostkrieger zogen sich wie in heller Panik zurück, viele von ihnen ohne ihre Wollnashörner.
Dafür drangen die Leviathane vor. Zuvor aber entledigten sie sich vollständig der Truppen in ihrem Inneren, die sich in sicherer Entfernung in Stellung brachten, wo der Stadtbaum sie nicht erreichen konnte. Dann griffen die Leviathane an.
Der Stadtbaum wehrte sich weiterhin, doch diese Gegner waren ihm ebenbürtig.
Einen der Leviathane bekam der Stadtbaum mit seinen biegsamen Ästen zu packen, bog sich zur Seite und schleuderte das riesenhafte Ungetüm durch die Luft und auf die Frostkrieger zu. Unzählige von ihnen wurden von dem gewaltigen Körper erschlagen, und weitere wurden zerquetscht, als sich der Leviathan wieder herumwalzte, denn er hatte den furchtbaren Sturz überlebt und wollte den Kampf mit dem Stadtbaum sofort wieder aufnehmen.
Andere Leviathane zerriss der Stadtbaum in der Mitte, nachdem er sie mit seinen Ästen gepackt hatte, wobei er den Ungetümen seine steinernen Verästelungen wie Nadeln in die Körper stieß, und erwischte er dabei zufällig das vergleichsweise winzige Gehirn, war es um den Leviathan sofort geschehen.
Die Leviathane stießen dumpfes Brüllen aus. Viele dieser Töne waren so tief, dass sie bei Gorian ein Drücken im Magen erzeugten, obwohl sie nur aus der Erinnerung des Stadtbaums stammten. Sie wären gewiss mächtig genug gewesen, jedes andere Mauerwerk zum Einsturz zu bringen, nicht aber die gewachsenen, erstaunlich biegsamen Wände des Stadtbaums.
Der Kampf der ungleichen Giganten wütete mit einer ungeheuren Heftigkeit. König Abrandir hatte natürlich gewusst, dass die Caladran bei diesem Kampf nicht im Stadtbaum verweilen durften. Allenfalls in den Regionen unterhalb der Oberfläche konnte man sich während dieser Schlacht vermutlich einigermaßen ungefährdet aufhalten.
Auf einmal wuchsen rings um den Stadtbaum die Maladran aus dem Boden. Manche von ihnen beschossen die Leviathane mit schwarzen, schattenhaft wirkenden und
Weitere Kostenlose Bücher