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Gorian 3

Gorian 3

Titel: Gorian 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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das ihrer Empörung und ihrer Abscheu Ausdruck verlieh, und zwar so heftig, dass die Maladran daraufhin laut aufschrien und manche von ihnen sogar ihre Substanz verloren und wieder zu schemenhaften Gestalten wurden.
    »Sind die Geister der Vorfahren auch in dieser Halle anwesend und nicht nur ihre Bildnisse und Namen?« , dachte Sheera schaudernd.
    »Nein, es ist nur ein Echo ihrer Gedanken, das die Künstler in die Bildnisse einfließen ließen«, gab Gorian Antwort. »Aber manchmal kann dieses Echo so stark sein wie der Geist eines Vorfahren selbst. Aber eben nur manchmal.«
    Die ersten Maladran verschwanden, zogen sich durch die geschlossenen Türen oder durch die Wände zurück. Manche sanken auch einfach in den Boden ein. Allerdings irrten viele zunächst auch vollkommen wirr durch den Raum, denn von überall starrten sie die hasserfüllten, aus ihrer Verachtung keinen Hehl machenden Gesichter der Vorfahren an. Die Gedankenechos trafen sie wie Faustschläge. Manche der wieder schattenhaft gewordenen Gestalten krümmten sich. Einer versuchte sich mit seinem Bogen zu wehren und schoss einen Pfeil aus purer Finsternis auf das Bildnis von Fürst Bolandor ab, woraufhin der Pfeil am Stein abprallte, zurückschnellte und den Schützen traf, der mit einem markerschütternden, durchdringenden Schrei zu einem vollkommen durchscheinenden Schatten wurde. Er glich einer Schwade dünnen Rauchs, bevor er im Boden versank.
    Der Blinde Schlächter hielt sich als letzter der Maladran noch in der Halle. Und er hatte von allen am wenigsten an Stofflichkeit verloren. Manchmal wirkte er etwas durchscheinend,
und die Finsternis in seinen leeren Augenhöhlen dehnte sich immer wieder über sein ganzes Gesicht aus. Aber die elfenbeinfarbenen Hände umfassten kraftvoll die beiden Schwertgriffe, allerdings ohne dass er eine der beide Waffen zog.
    Vielleicht ahnte er, dass es sinnlos war, sich gegen den Zorn der ruhmreichen Vorfahren zu wehren – ebenso wie gegen das flammende Schutzzeichen, das Gorian beschworen hatte.
    Aber dennoch dachte Eldamir Ohnesicht keinen Augenblick lang daran aufzugeben. Das spürte Gorian sehr deutlich. Die Gedankenaura, die diesen Maladran umgab, ließ daran nicht den geringsten Zweifel.
    »Du wirst es bereuen, Kind des Diesseits!«, rief er. »Du wirst es bereuen, uns zurückgewiesen zu haben – und ich sage dir, du wirst mich schon in Kürze bei meinem Namen rufen!«
    Bevor er verschwand, sandte er Gorian noch einen letzten Gedanken. »Eldamir Ohnesicht heiße ich! Du wirst dich daran erinnern und diesen Namen aussprechen. Doch dann wird der Preis höher sein, den du zahlen musst!«
    Als der letzte Maladran aus der Halle der Erinnerung verschwunden war, erlosch auch das Flammenzeichen.
    Gorians Augen waren mit Finsternis gefüllt und blieben es zunächst auch. Die Magie, die er angewandt hatte, hatte ihn Kraft gekostet, insbesondere der Vergrößerungszauber, mit dem er das Zauberzeichen bis zur Hallendecke hatte wachsen lassen.
    Vielleicht lag darin einer der Hauptunterschiede zwischen der Magie der Caladran und den Künsten, die im Orden der Alten Kraft gelehrt wurden. Die Caladran-Magie schien sehr
viel besser mit den Kräften hauszuhalten. Weniger konnte mehr bewirken.
    Wissen ist Kraft, erinnerte sich Gorian an eines der Axiome des Ordens. Aber es waren die Caladran, deren magische Künste sich diese Weisheit zunutze machten.
    Nach und nach verstummten auch die Gedankenechos, und eines der Bildnisse nach dem anderen erstarrte wieder zu einem Moment gefrorener Zeit.
    »Die Maladran sind nicht fort, nicht wahr?«, fragte Sheera.
    »Nein.«
    »Ich kann ihre Gegenwart noch immer spüren.«
    »Man hätte sie niemals beschwören dürfen«, war Gorian überzeugt.
    »Dann würden wir jetzt nicht mehr leben«, gab Sheera zu bedenken. »Und wer weiß, wie sie es uns vergelten werden, dass du sie abgewiesen hast.«
    Gorian wandte sich zu ihr um. »Die Maladran sind mindestens so übel wie Morygor. Niemand, der sie für sich kämpfen lässt, wird auf Dauer wirklich gehorsame Diener haben.« Er atmete tief durch. »Sie brauchen die Kraft eines lebendigen Anführers nur so lange, bis sie selbst wieder diesseitig genug sind. Und anscheinend kann genau das geschehen.«
    »Kennt das Reich des Geistes dafür Beispiele?«
    »Keines, von denen viel mehr überliefert war als die Erinnerung an die Schrecken.«
    Sie erreichten eines der acht Tore. Gorian hob eine Hand, öffnete es unter Anwendung von wenig Alter Kraft. Fast

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