Gorian 3
zugeteilt worden, und dorthin steuerte Lendaris die Hoffnung des Himmels . Einen Anlegeplatz zu finden, war allerdings vollkommen illusorisch, dazu gab es zu viele Schiffe im Hafen. Also warf man Anker, umgeben von anderen Caladran-Schiffen mit wachsamen Kriegern an Deck.
Mittels einer Barkasse, von denen zahllose im Hafen verkehrten, gelangten sie an Land. Außerdem gab es an Bord der Hoffnung des Himmels ebenfalls mehrere Beiboote.
Meister Thondaril rief Gorian, Sheera und Zog Yaal zu sich. »Wir werden unsere Quartiere hier an Bord von König Abrandirs Schiff behalten«, erklärte der zweifache Ordensmeister. »Das ist am sichersten. In der Stadt dürfte selbst jede Kerkerzelle von Flüchtlingen belegt sein. Ihr seht ja mit eigenen Augen, was dort los ist.«
»Ich habe nichts dagegen einzuwenden«, erklärte Gorian. »Doch was ist mit Beliak und den Maladran?«
»König Abrandir wäre es lieber, sie gingen von Bord. Aber andererseits weiß er am besten um ihre Kampfkraft, zumindest um die der Maladran. Also bleiben auch sie.«
»Gut. Und Beliak?«
»Er gehört zu dir, Gorian. Deswegen duldet er ihn.«
»Das freut mich zu hören.«
»Ich rate dir, gib dem König keinen Anlass, den Glauben daran zu verlieren, dass du tatsächlich willens und imstande bist, Morygors Schicksalslinie zu beenden. Andernfalls, so
fürchte ich, wird seine Großzügigkeit schnell ein Ende finden. «
Gorian nickte. Auch er gab sich diesbezüglich keinen Illusionen hin.
»Noch etwas«, fuhr Thondaril fort. »Die Caladran werden ein Himmelsschiff für dich bauen, Gorian. Das letzte Wort ist darüber zwar noch nicht gesprochen, aber König Abrandir steht in diesem Punkt längst auf meiner Seite. Allerdings braucht er dafür die Unterstützung seiner Magier und Schamanen. Und du weißt ja, dass schnelle Entscheidungen nicht gerade eine Stärke der Caladran sind. Das Schiff wird den Name Lichtbringer tragen und mit ein paar Eigenschaften ausgestattet sein, die den herkömmlichen Himmelsschiffen nicht zu eigen sind. Aber darüber sprechen wir ein andermal. Und vor allem nicht unter freiem Himmel, denn wer weiß, wo die Spione Morygors überall hocken.«
Er deutete mit einem Kopfnicken auf einen krähenähnlichen weißen Vogel. Der hatte sich etwa zwei Ruderlängen entfernt auf einem Pfahl niedergelassen, der aus dem Wasser ragte und an dessen Spitze ein schwerer Eisenring angebracht war, an dem man Boote und Schiffe festmachen konnte.
»Das ist keine Eiskrähe«, versicherte Sheera.
Thondaril bedachte den Vogel mit einem finsteren Blick. »Sieht diesen Kreaturen aber verflucht ähnlich.«
»Es ist ein oquitonischer Küstenschreier«, erklärte Sheera. Sie streckte den Arm aus und murmelte eine Formel. Daraufhin erhob sich der Vogel in die Luft, kreiste einmal über ihren Köpfen und setzte sich dann auf Sheeras ausgestreckten Arm.
»Also ehrlich gesagt, für mich sieht das Tier wie eine Eiskrähe aus«, gestand Gorian.
Sheera lächelte. »Nicht einmal das Wissen aus dem Reich
des Geistes hilft dir, die Unterschiede zu bemerken?«, fragte sie mit leisem Spott.
»Die Caladran habe sich offenbar wenig Gedanken um Vögel gemacht«, vermutete Gorian.
»Ich werde dir beweisen, dass dies nur ein oquitonischer Küstenschreier ist«, kündete Sheera an. »Aber ich warne dich, halte dir die Ohren zu!« Sie vollführte eine Geste mit der Hand, der Vogel starrte dabei wie gebannt auf ihre Handinnenfläche, dann öffnete er den Schnabel und stieß einen lauten, anhaltenden und sehr schrillen Ton aus, der in nahezu erschreckender Weise an eine Frauenstimme erinnerte.
Während der schrille Ton noch anhielt, flatterte der weiße Vogel empor und flog davon. Er kreiste einmal über den Masten der benachbarten Himmelsschiffe und hielt dann auf die östlichste der sieben Burgen von Nelbar zu, hinter deren dicken, festungsartigen Mittelturm er schließlich verschwand.
Nicht wenige Caladran hatten beim Schrei des Vogels gepeinigt die Gesichter verzogen.
»Ahnt ihr jetzt, woher diese Vogelart ihren Namen hat?«, fragte Sheera. »Sie lassen sich geistig leicht beeinflussen und sind vollkommen harmlos.«
»Womit mal wieder bewiesen ist, dass man sich nie nach dem äußeren Anschein richten sollte«, warf Zog Yaal ein.
Meister Thondaril schüttelte ärgerlich den Kopf. »Trotzdem, ein jeder von euch sollte ständig auf der Hut sein. Jedes Geschöpf in seiner Umgebung könnte ein Spion Morygors sein. Jedes!«
Ein tiefer summender Laut wie von einem
Weitere Kostenlose Bücher