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Gorian 3

Gorian 3

Titel: Gorian 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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gehört und …«
    »Hier gehört niemandem mehr irgendetwas!«, wurde Sheera von der Frau unterbrochen. »Und jetzt verschwindet! Sonst rufe ich unsere Männer!«
    »Ist schon gut«, murmelte Sheera. Sie trat einen Schritt vor und berührte mit der Hand die Wand des Korridors. Es zischte leicht, und feine Blitze zuckten aus Sheeras Fingerkuppen. Im Halbdunkel des Flurs fielen sie besonders auf.
    Die Menschen, die im Korridor kampierten, sahen sie an, starr vor Schreck, und das Kind auf dem Arm der Frau begann zu weinen.
    »Der Verborgene Gott sei uns gnädig und offenbare uns sein Geheimnis!«, murmelte eine Stimme in andächtigem Entsetzen, und eine andere antwortete: »So sei es!«

    Daraufhin wurde das Zeichen des Verborgenen Gottes dutzendfach mit dem Finger in der Luft gemalt.
    »Wir gehen jetzt besser«, wandte sich Sheera in Gedanken an Gorian.
    »Glaubst du nicht, du solltest diese Menschen fragen, was mit deinen Eltern geschehen ist?«
    »Sie wissen es nicht. Als sie sich einquartierten, waren meine Eltern längst nicht mehr hier.«
    Gorian und Sheera traten wieder ins Freie. Der Schrei eines Greifen ließ sie in die Höhe schauen. Auch die gryphländischen Verbündeten waren unentwegt damit beschäftigt, Nachschub für das sich sammelnde Heer der Verteidiger von Ost-Erdenrund heranzuschaffen. Eine sehr große und anscheinend auch völlig überladene Greifengondel schwebte sehr tief über die Gebäude hinweg, sodass man schon befürchten musste, dass sie mit der Unterkante die höchsten Dächer des Viertels streifte und vielleicht ein paar Ziegel in die Tiefe riss, was angesichts des Gedränges, das in diesem Stadtteil herrschte, verheerende Folgen gehabt hätte.
    Der Greif schlug heftig mit den Flügeln und musste sich offenbar ziemlich anstrengen. Sein Reiter war vergeblich darum bemüht, sein Reittier höher zu treiben. Bei der Gondel handelte es sich um ein reines Transportvehikel, das nicht für Passagiere gedacht war. Es glich eigentlich nur einem großen, nach oben hin offenen Kasten. Halteriemen sollten verhindern, dass ein Teil der Ladung schon bei der ersten stärkeren Schwankung verloren ging. Aber wenn ein solcher Transport über einen hinwegzog, war man immer gut beraten, ihn im Auge zu behalten und auf herabfallende Gegenstände zu achten. Dass man sich auf die Sorgfalt der Packer nicht verlassen konnte, hatte Gorian schon im Hafen von Gryphenklau erleben müssen.

    Der Schrei des Greifen entsprang allerdings nicht seiner großen Anstrengung, sondern hatte eine andere Ursache.
    Vom südlichen Ende der Gasse her quälte sich nämlich ein Wagen daher, der von einem melagosischen Laufvogel gezogen wurde, der nun den Schnabel aufriss, dessen Breite in etwa einer menschlichen Männerschulter entsprach, und einen tiefen, knarrenden Laut ausstieß.
    »Ganz ruhig und Vorsicht!«, rief der Laufvogelreiter mit schwerem melagosischen Akzent. Ersteres galt wohl seinem Zug- und Reittier, das »Vorsicht« den auf der Straße kampierenden Menschen.
    Eine größere Anzahl von Fußkriegern begleitete den Transport. Es waren sowohl nelbarische Stadtwachen darunter, die man gleich am Stadtwappen auf ihren Harnischen und Überwürfen erkennen konnte, als auch Krieger des melagosischen Königs sowie Rittern, die das Wappen des Herzogs von Eldosien trugen.
    Die vor allem im Norden Melagosiens lebenden und häufig als Reit- und Zugtiere abgerichteten Laufvögel waren in alter Zeit das bevorzugte Beutetier der Wildgreifen gewesen. Und noch immer war es in Melagosien üblich, alt und schwach gewordene Laufvögel nach Gryphland zu verkaufen, wo sie dann geschlachtet und zu Greifenfutter verarbeitet wurden.
    Da Greifen und Laufvögel natürliche Fressfeinde waren, konnte es immer wieder zu Schwierigkeiten kommen, wenn beide Arten aufeinandertrafen, auch dann, wenn es sich um gezähmte Tiere handelte.
    Überall dort, wo es Landeplätze für Greifen gab, waren daher Transporte mit Laufvögeln eigentlich verboten, aber in diesen Zeiten konnte man solche Regeln nicht immer einhalten. Es kam nur noch darauf an, dass der Nachschub möglichst schnell die Heere erreichte.

    Der Greif öffnete ebenfalls seinen allerdings viel kleineren Schnabel und stieß ein durchdringendes Krächzen aus. Vielleicht war er schlecht gefüttert. Jedenfalls machte er einen Schlenker, sodass die Unterkante der Gondel gegen einen Schornstein prallte und ihn zur Hälfte vom Dach riss. Aufgeregtes Geschrei war aus einer Nebengasse zu hören, wo die

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