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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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Sie mir helfen werden?« erkundigte Arkadi sich.
    »Es bedeutet, dass dies ein FBI-Untemehmen ist«, antwortete Wesley ernsthaft, als ob er Arkadi irgend etwas verkaufen wolle. »Es bedeutet, dass wir für Sie verantwortlich sind.«
    »Wem sind Sie verantwortlich?«
    Kindliche Aufregung erfüllte die Kabine, als die erste amerikanische Ortschaft überflogen wurde. Es schien eine reine Autostadt zu sein. Autos verstopften die Strassen oder waren neben Häusern abgestellt, die für normale Bedürfnisse viel zu groß wirkten.
    »Ich freue mich, dass Sie diese Frage gestellt haben.« Wesley klopfte seine Pfeife im Aschenbecher aus. »Auslieferungsverfahren sind immer kompliziert - vor allem zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion. Wir können keine zusätzlichen Komplikationen brauchen. >Komplikation< verstehen Sie doch?«
    Ein steilerer Gleitwinkel erzeugte die Illusion zunehmender Geschwindigkeit. Eine breite Schnellstrasse erschien - eine endlose Folge von Lichtsignalen, Autoscheinwerfern und roten Heckleuchten - und ging in einem Gewirr ähnlicher Strassen unter. Es schien unmöglich, dass es so viele autobahnähnliche Strassen geben konnte. Wo führten sie alle hin? Wie viele Autos musste es hier geben? Die gesamte Bevölkerung dort unten schien unterwegs zu sein oder umzuziehen oder ihre bisherigen Wohngebiete zu räumen.
    »In der Sowjetunion ist eine Komplikation alles, was man nicht will«, sagte Arkadi.
    »Bei uns auch.«
    Lichterketten führten zu Einkaufzentren, Hauptstrassen und Bootswerften. SONDERANGEBOTE ZUM ERNTEDANKFEST! verkündete eine riesige Leuchtreklame. Die Maschine sank über einem Wohngebiet noch tiefer. Beleuchtete Spielfelder mit giftgrünem Gras erschienen. Die blauen Rechtecke in den Gärten waren leere Swimmingpools. Der erste deutlich erkennbare Amerikaner stand vor seiner beleuchteten Haustür und sah zu der Maschine auf.
    »Ich will Ihnen von einer Komplikation erzählen, die wir nicht brauchen können«, fuhr Wesley fort.
    »Sie werden nicht überlaufen. Wenn diese Sache ein KGB-Unternehmen wäre, könnten Sie überlaufen. Sie könnten zu uns kommen, und wir würden Ihnen Asyl gewähren. Auch alle Ihre Landsleute in diesem Flugzeug könnten überlaufen.«
    »Was ist, wenn sie nicht überlaufen wollen, aber ich?«
    »Sie können, und Sie können nicht«, antwortete Wesley.
    Arkadi spürte ein Zittern, als die Fahrwerksschächte sich öffneten. Er suchte nach einer Spur von Humor in Wesleys Lächeln. »Sie machen sich einen Scherz mit mir«, vermutete er.
    »Todsicher nicht!« sagte Wesley nachdrücklich. »Hören Sie, ich will Ihnen die juristische Lage erörtern. Bevor ein Überläufer in den Vereinigten Staaten bleiben darf, wird er von unserem Büro unter die Lupe genommen. Wir haben uns bereits mit Ihrem Fall befasst und sind zu dem Schluss gekommen, dass Sie nicht bleiben dürfen.«
    Arkadi hatte das Gefühl, Verständigungsprobleme zu haben. »Aber ich habe ja gar nicht versucht über zu laufen!«
    »Dann ist das Büro gern bereit, die Verantwortung für Sie zu übernehmen«, antwortete Wesley. »Bis Sie über zu laufen versuchen.«
    Arkadi betrachtete den FBI-Agenten prüfend. Einen Mann wie Wesley hatte er noch nie erlebt. Sein Gesicht wirkte durchaus menschlich - Augenbrauen, Lider und Lippen bewegten sich wie bei gewöhnlichen Menschen -, aber Arkadi vermutete, dass die Gehirnwindungen des andern unter der Schädeldecke gleichmäßige Spiralen bildeten.
    »Sie können überlaufen, aber natürlich nur zu uns«, erklärte Wesley ihm. »Falls Sie sich an andere Stellen wenden, werden Sie sofort uns überstellt. Und wir würden Sie natürlich gleich in die Sowjetunion zurück schicken. Da wir Sie also sowieso in der Hand haben, hat es auch nicht viel Sinn, zu uns über zu laufen, nicht wahr?«
    Das Flugzeug überflog hässliche Reihenhäuser, die im grellen Licht der Strassenlaternen noch hässlicher wirkten. Strassen blieben unter der Maschine zurück, die eine weite Kurve über eine Bucht zog. Dann ragte eine Lichterinsel in den Nachthimmel auf. Tausend Lichttürme, deren Fenster wie Sterne glitzerten, stiegen aus dem Wasser auf, und die Passagiere seufzten bei diesem wundervollen Anblick vor Erleichterung und Begeisterung tief auf.
    »Dann helfen Sie mir also nicht«, stellte Arkadi fest. »Doch, doch, unbedingt!« versicherte Wesley ihm. Die Landelichter huschten an den Fenstern vorbei. Die Maschine setzte auf und rollte zum Pan-Am-Terminal. Im Mittelgang des

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