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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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meinte Pribluda unbekümmert, »dafür gibt’s morgen ein Festessen mit Pilzen. Hier, sieh dir an, was ich gefunden habe!« Er hielt sein Tuch auf, zeigte Arkadi die verschiedenen Pilze und erklärte ihm, wie sie am besten schmeckten. »Lass mich deine sehen!«
    Arkadi hielt sein Tuch auf und zeigte Pribluda seine Sammelbeute: schlanke, grünlich weiße Knollenblätterpilze.
    Pribluda wich einen Schritt zurück. »Aber das sind lauter giftige! Bist du verrückt?«
    »Der Arzt hat dir den Auftrag gegeben, mich umzubringen«, stellte Arkadi fest. »Auf dem Hinweg hast du’s nicht getan - tust du’s also auf dem Rückweg? Wartest du damit, bis es dunkel ist? Was soll’s sein: ein Schuss in den Kopf oder eine Nadel in den Arm? Warum nicht Knollenblätterpilze?«
    »Hör auf!«
    »Morgen gibt’s kein Festessen mehr. Morgen bin ich tot.«
    »Er hat mir keinen Befehl überbracht; er hat nur einen Vorschlag gemacht.«
    »Ist er ein KGB-Offizier?«
    »Nur ein Major wie ich.«
    »Er hat dir einen Aktenkoffer gegeben.«
    »Den habe ich vergraben. Das ist nicht meine Methode.«
    »Die Methode spielt keine Rolle; ein Vorschlag dieser Art kommt einem Befehl gleich.«
    »Ich habe einen schriftlichen Befehl verlangt.«
    »Du!«
    »Ja, ich«, antwortete Pribluda trotzig. »Du glaubst mir wohl nicht?«
    »Gut, dann trifft der schriftliche Befehl eben morgen ein, und du bringst mich anschließend um. Was ändert sich dadurch für mich?«
    »Ich habe das Gefühl, dass diese Entscheidung keineswegs einstimmig gefällt worden ist. Der Arzt ist damit vorgeprellt. Ich will einen klaren schriftlichen Befehl. Ich bin kein Mörder. Ich bin so menschlich wie du.« Pribluda stieß die giftigen Pilze mit dem Fuß fort. »Doch, das bin ich wirklich!«
    Auf dem Rückweg wirkte Pribluda unglücklicher als Arkadi, der tief durchatmete, als wolle er die Nacht in sich hineintrinken. Arkadi dachte über seinen alten Feind nach, der so schweigsam neben ihm herstapfte. Pribluda würde ihn erschießen, sobald der schriftliche Befehl dazu eintraf, aber er hatte es riskiert, nicht gleich die erste Andeutung zu befolgen. Für einen zum Tode Verurteilten war das wenig, aber für einen Mann wie Pribluda war es viel, denn so etwas musste seiner Karriere schaden.
    »Dort steht die Venus.« Arkadi zeigte auf einen hellen Stern am Horizont. Er wandte sich an seinen Begleiter. »Du stammst vom Land; du müsstest die Sterne kennen.«
    »Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, den großen Sternfreund rauszukehren.«
    »Dort oben steht Cepheus.« Arkadi zeigte nach Norden. »Daneben Kassiopeia und Andromeda, schräg darunter Perseus. Eine phantastische Nacht!« Er drehte sich um. »Und dort oben die drei Sternbilder Schwan, Leier und Adler.«
    »Du hättest Astronom werden sollen.«
    »Das wollte ich auch einmal.«
    Sie gingen eine Zeitlang schweigend nebeneinander her. Unter ihren Füßen knisterte es, wenn sie verbrannte Felder überquerten; danach raschelte es wieder, wenn sie durch hohes Gras streiften. Vor ihnen erschien das Haus in einer gelblichen Aura. Arkadi erkannte Männer, die mit Taschenlampen und Gewehren in alle Richtungen ausschwärmten. Er deckte die Helligkeit mit einer Hand ab, um den Nachthimmel besser sehen zu können.
    »Wir sind alle dabei, unsere geregelte Bahn zu verlassen. Darin sind wir alle gleich. Jemand treibt mich, ich treibe dich, wen treibst du?«
    »Du musst mir eine Frage beantworten«, sagte Pribluda. »Nehmen wir einmal an, wir hätten uns vor einem Jahr so gut gekannt wie jetzt - hättest du dann trotzdem versucht, mich zu fassen?«
    »Wegen der beiden Männer an der Kliasma?«
    »Ja.« Pribluda starrte Arkadi forschend an.
    Arkadi hörte Rufe, obwohl die Männerstimmen zu weit entfernt waren, um verständlich zu sein. Sein langes Schweigen wurde ihm peinlich, für Pribluda war es unerträglich. Der Major beantwortete seine Frage schließlich selbst. »Vielleicht hätte ich’s nicht getan«, meinte er, »wenn wir damals schon Freunde gewesen wären.«
    Arkadi drehte sich nach den näherkommenden Schritten um und kniff die Augen zusammen, als der Lichtstrahl einer Taschenlampe sein Gesicht streifte. »Möglich ist alles«, sagte er.
    Aus alter Gewohnheit stieß einer der Wachposten Arkadi mit dem Gewehrkolben zu Boden.
    »Für Sie ist Besuch da, Major«, meldete ein anderer Pribluda. »Die Situation hat sich anscheinend geändert.«
    Im November wurde Arkadi nach Leningrad geflogen und in ein Gebäude gebracht, das aussah wie

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