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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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Flugzeugs drängten sich Musiker mit Instrumenten, Plastiktüten mit Geschenken und Einkaufsnetzen mit Lebensmitteln. Die Russen bemühten sich um den richtigen Gesichtsausdruck, der zeigen sollte, wie sehr die amerikanische Technologie sie langweilte, und obwohl sie alle an Arkadi und Wesley vorbeigehen mussten, gönnte ihnen niemand auch nur einen Blick. Keiner wollte sich womöglich noch anstecken, vor allem nicht jetzt, wo sie nur noch wenige Schritte zu machen brauchten, um die Maschine zu verlassen. Statt dessen beobachteten sie sich gegenseitig. Sobald die Passagiere von Bord gegangen waren, kam durch die hintere Tür Reinigungspersonal in die Kabine. Wesley verließ mit Arkadi über die Servicetreppe die Maschine und führte ihn unter die Hecktriebwerke der Iljuschin. Die Triebwerke heulten, und das rote Positionslicht auf dem Leitwerk blinkte. Fliegt die Maschine etwa sofort nach Moskau zurück? fragte Arkadi sich. Wesley stieß ihn an und zeigte auf eine Limousine, die übers Vorfeld auf sie zufuhr. Sie brauchten nicht durch den Zoll. Der Wagen fuhr direkt zu einer Ausfahrt des Flughafens und von dort auf eine Schnellstrasse. »Wir haben ein stillschweigendes Abkommen mit Ihren Leuten geschlossen.«
    Wesley, der neben Arkadi auf dem Rücksitz saß, lehnte sich behaglich zurück. »Mit meinen Leuten?«
    »Mit dem KGB.«
    »Ich bin kein KGB-Offizier.«
    »Der KGB behauptet auch, Sie gehörten nicht zu seinen Mitarbeitern. Das haben wir nicht anders erwartet.«
    Am Strassenrand standen verlassene Autos. Nicht kürzlich aufgegebene Wagen, sondern Autowracks, die an Fahrzeugruinen aus vergangenen Kriegen erinnerten. Auf einem stand »Freiheit für Puerto Rico«. Auf der mehrspurigen Schnellstrasse waren Hunderte von Automarken und -farben unterwegs. Vor ihnen leuchtete die gleiche gleißende Stadtsilhouette, die Arkadi vom Flugzeug aus gesehen hatte.
    »Was besagt Ihr stillschweigendes Abkommen mit dem KGB?« erkundigte Arkadi sich.
    »Wir sind uns darüber einig, dass dies ein FBI-Unternehmen bleibt, solange Sie nicht überlaufen«, antwortete Wesley.
    »Ja, ich verstehe. Sie glauben, dass ich für den KGB arbeite, weil die Gegenseite das abstreitet.«
    »Was sollte sie sonst sagen?«
    »Aber was würde sich ändern, wenn Sie zu der Überzeugung kämen, dass ich kein KGB-Offizier bin?«
    »Das würde alles ändern! Dann wäre wahr, was der KGB von Ihnen behauptet.«
    »Und was behauptet er?«
    »Dass Sie wegen Mordes verurteilt worden sind.«
    »Es ist nie zur Verhandlung gekommen.«
    »Das hat auch niemand behauptet. Haben Sie jemanden umgebracht?« fragte Wesley.
    »Ja.«
    »Da haben wir’s! Die Einwanderungsgesetze der Vereinigten Staaten verbieten die Aufnahme von Verbrechern. Die gesetzlichen Bestimmungen sind da sehr streng - es sei denn, Sie wären ein illegaler Einwanderer. Aber wir könnten wohl kaum jemanden dabehalten, der zu unserem Büro kommt und sich als Mörder vorstellt.«
    Wesley nickte Arkadi zu, als wolle er ihn zu weiteren Fragen ermuntern, aber Arkadi schwieg. Der Wagen fuhr in einen Tunnel ein. Im grünlichen Licht der Tunnelbeleuchtung beobachteten Polizisten in verschmierten Glaskabinen den endlosen Fahrzeugstrom. Dann kam ihr Wagen auf der anderen Seite wieder ins Freie: auf Strassen, die schmaler waren, als Arkadi erwartet hatte, und so tief unter dem grellen Schein der Leuchtreklamen, dass ein verwirrender Unterwassereffekt entstand. »Ich wollte Ihnen nur eindeutig erklären, wo Sie stehen«, sagte Wesley schließlich. »Sie sind nicht legal hier.
    Aber Sie sind auch nicht illegal hier, denn dann hätten Sie bestimmte Rechtsansprüche. Sie sind einfach überhaupt nicht hier und können unmöglich das Gegenteil beweisen. Ich weiß, dass das verrückt klingt, aber so sieht die rechtliche Lage aus Ihrer Sicht aus. Das wollten übrigens auch Ihre Leute. Falls Sie sich beschweren wollen, müssen Sie sich an den KGB wenden.«
    »Komme ich mit KGB-Offizieren zusammen?«
    »Nicht, solange ich’s verhindern kann.«
    Der Wagen hielt an der Ecke 29th Street und Madison Avenue vor dem großzügig verglasten Eingang eines Hotels. Imitierte Gasfackeln beleuchteten eine Markise mit der Aufschrift THE BARCELONA. Wesley reichte Arkadi einen Zimmerschlüssel, auf dessen Anhänger der gleiche Hotelname stand, hielt ihn aber noch einen Augenblick fest, als Arkadi danach griff. »Die Nummer auf dem Anhänger gehört zu Ihrem Zimmer«, sagte er und ließ los. »Sie können sich glücklich

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