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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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Israel, aber dann machen sie in Rom rechtsum und kommen hierher. Ich helfe vielen von ihnen, was für beide Seiten vorteilhaft ist, weil viele etwas von Pelzen verstehen.
    Manchen kann ich allerdings nicht weiterhelfen. Ich meine die Leute, die in der Sowjetunion Kellner gewesen sind. Kennen Sie irgend jemand, der einen russischen Kellner einstellen würde?«
    Der Wein war goldgelb. »Wollen Sie wirklich keinen Schluck mittrinken? Jedenfalls gibt’s mehr als genug Emigranten. Viele traurige Schicksale. Kandidaten der sowjetischen Akademie der Wissenschaften, die in Putzkolonnen arbeiten oder sich um schlechtbezahlte Übersetzungen raufen.
    Sie wohnen in Queens und New Jersey und haben kleine Häuser und große Autos, die sie sich nicht leisten können. Aber man darf sie eigentlich nicht kritisieren; sie tun ihr Bestes - und nicht jeder kann ein Solschenizyn sein. Ich bilde mir gern ein, etwas für die Verbreitung russischer Kultur in diesem Lande zu tun. Wie Sie vielleicht wissen, habe ich mich sehr um den Kulturaustausch bemüht. Wo wäre das amerikanische Ballett ohne russische Tänzer?«
    »Was ist mit den Tänzern, die Sie an den KGB verraten haben?« fragte Arkadi.
    »Wenn ich’s nicht getan hätte, wären die Informationen von ihren eigenen Kollegen gekommen. Das ist das Faszinierende an der Sowjetunion: Jeder bespitzelt jeden vom Kindergarten an aufwärts. Jeder hat schmutzige Hände. Und das heißt dann >Wachsamkeit    »Sie haben keine schmutzigen Hände; Sie haben blutige Hände.«
    »Bitte, wir sind bei Tisch!«
    »Dann erklären Sie mir, wie es kommt, dass das amerikanische FBI einen Mörder und KGB-Spitzel frei herumlaufen und in Luxusrestaurants speisen lässt.«
    »Oh, ich habe großen Respekt vor Ihrer Intelligenz, Chefinspektor. Denken Sie eine Sekunde lang darüber nach. Ich bin überzeugt, dass Sie eine Erklärung finden werden.«
    Osborne wartete Arkadis Reaktion gelassen ab. »Sie sind ein FBI-Spitzel!« stellte Arkadi fest, als ihm endlich die ganze Wahrheit dämmerte. »Sie haben für KGB FBI-Spitzeldienste geleistet.«
    »Sehen Sie, ich habe gewusst, dass Sie das besser als jeder andere verstehen würden.« Osborne lächelte freundlich. »Wäre es nicht töricht gewesen, dem KGB Informationen zu liefern, ohne zu Hause das gleiche fürs FBI zu tun? Das braucht Sie nicht zu enttäuschen; es bedeutet keineswegs, dass Amerika so schlecht wie Russland ist. Im allgemeinen verlässt das FBI sich auf die Spitzeldienste von Kriminellen, aber mein Fall liegt anders. Ich habe nur Gerüchte weitererzählt. Ich habe gewusst, dass sie in Washington Anklang finden würden, weil ganz ähnliche Gerüchte in Moskau so sehr geschätzt wurden. Ich habe allerdings bewusst nur mit dem New Yorker FBI-Büro zusammengearbeitet. Wie bei jeder in ganz Amerika arbeitenden Firma sitzen die besten Männer in New York, und sie sind so rührend bürgerlich, so glücklich, mit mir verkehren zu dürfen. Und warum auch nicht? Ich bin schließlich kein Mafia-Killer, ich habe nie Geld verlangt. Sie haben im Gegenteil gewusst, dass sie auf mich zählen konnten, wenn sie finanziell in der Klemme saßen, und ich habe ihnen Vorzugspreise eingeräumt, wenn sie einen Pelz für ihre Frau wollten.«
    Arkadi erinnerte sich an Jamskois Wolfspelz und an die Zobelmütze, die Osborne ihm hatte schenken wollen.
    »Essen Sie nicht doch eine Kleinigkeit?« fragte der Amerikaner. »Oder trinken Sie wenigstens ein Glas Wein? Wirklich nicht? Wissen Sie, merkwürdig ist eigentlich, wie viele russische Emigranten früher nach ihrer Ankunft in Amerika Restaurants aufgemacht haben. Sie konnten wunderbar kochen, aber das war vor vierzig, fünfzig Jahren. Die heutigen Emigranten verstehen nichts von guter Küche; sie wissen nicht einmal, was das ist. Der Kommunismus hat das Ende der russischen Küche gebracht - ein Verbrechen!« Osborne zeigte auf den vorbeirollenden Tortenwagen. »Darf ich Sie wenigstens dazu einladen? Andrej Jamskoi, Ihr ehemaliger Vorgesetzter, hätte den ganzen Wagen

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