Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park
Autoren: Martin Cruz-Smith
Vom Netzwerk:
Luxusapartments brannten Kronleuchter; unter den Vordächern der Hauseingänge standen livrierte Pförtner. Die Limousine hielt in einer Seitenstrasse, während Osborne Arkadi in das nächste Gebäude führte. Ein livrierter Liftboy brachte sie ins fünfzehnte Stockwerk hinauf, auf dem es nur eine Tür gab. Osborne sperrte sie auf und ließ Arkadi den Vortritt.
    Durch die großen Fenster drang genug Licht herein, so dass Arkadi erkennen konnte, dass er im Vorraum eines weitläufigen Apartments stand. Osborne wollte Licht machen, aber der Schalter funktionierte nicht. »Die Elektriker waren heute hier«, sagte er. »Wahrscheinlich sind sie noch nicht fertig.«
    Arkadi betrat einen Raum mit einem langen Esstisch, an dem nur zwei Stühle standen, durchquerte eine Anrichte mit offenen, leeren Schränken und betrat ein Arbeitszimmer, in dem ein noch verpackter Fernseher stand und Stecker und Schalter aus den Wänden gerissen waren. Er zählte insgesamt acht Räume, die ähnlich spärlich möbliert waren. Außerdem glaubte er, einen vertrauten Duft wahrzunehmen.
    »Na, was halten Sie davon?« fragte Osborne.
    »Ein bisschen leer.«
    »In New York ist die Aussicht am wichtigsten.« Osborne deutete auf den Central Park unter ihnen.
    »Ich habe meine Pariser Pelz-Salons verkauft. Ich musste das Geld irgendwo anlegen, und eine Zweitwohnung in dieser Lage ist immer eine gute Investition. Ganz ehrlich gesagt: Europa ist mir einfach nicht sicher genug. Das war der schwierigste Teil des Tauschhandels - die Garantien für meine körperliche Sicherheit.«
    »Welchen Tauschhandel meinen Sie?«
    »Den mit den Zobeln. Zum Glück habe ich etwas gestohlen, das zurückzugeben sich lohnt.«
    »Wo sind die Zobel?«
    »Die amerikanischen Nerzfarmen befinden sich hauptsächlich im Gebiet der Großen Seen. Aber vielleicht habe ich gelogen; vielleicht habe ich die Zobel in Kanada. Kanada ist das zweitgrößte Land der Erde; es würde einige Zeit dauern, bis sie es abgesucht hätten. Oder vielleicht habe ich sie in Maryland oder Pennsylvanien, denn auch dort gibt es Pelzfarmen. Für die andere Seite besteht das Problem darin, dass im Frühjahr Jungtiere geworfen werden, die alle von meinen Bargusin-Männchen abstammen. Also noch mehr Zobel, die sie aufspüren muss. Deshalb müssen die Russen sich jetzt mit mir einigen.«
    »Warum erzählen Sie mir das alles?«
    Osborne trat einen Schritt näher an Arkadi heran. »Ich kann Sie retten«, sagte er. »Ich kann Sie und Irina retten.«
    »Sie haben versucht, sie zu ermorden.«
    »Das waren Jamskoi und Hofmann.«
    »Sie haben zweimal versucht, sie ermorden zu lassen«, stellte Arkadi fest. »Ich bin dabei gewesen!«
    »Sie haben sich heldenhaft geschlagen, Chefinspektor. Das kann niemand leugnen. Aber ich habe Sie zur Universität geschickt, damit Sie Irina retten.«
    »Sie haben mich hingeschickt, um mich ermorden zu lassen.«
    »Und wir haben sie gerettet - Sie und ich.«
    »Sie haben drei ihrer Freunde im Gorki-Park ermordet.«
    »Sie haben drei meiner Freunde auf dem Gewissen«, stellte Osborne fest.
    Arkadi fror plötzlich, als seien die Fenster aufgegangen. Osborne war nicht normal - oder kein Mensch. Wenn Geld zu Fleisch und Blut werden konnte, musste etwas wie Osborne dabei herauskommen. Es würde den gleichen Maßanzug tragen; es würde sein silbergraues Haar wie er scheiteln; es würde das gleiche schmale Gesicht haben und das gleiche überlegene Lächeln zur Schau tragen. Sie befanden sich noch über der Strasse. Das Apartment war leer. Er konnte Osborne ermorden, das stand fest. Er brauchte sich kein weiteres Wort anzuhören.
    Osborne zog plötzlich wieder seine kleine Pistole, als habe er Arkadis Gedanken gelesen. »Wir müssen einander verzeihen. Wir sind alle korrupt, das liegt im Wesen der Menschen. Jamskoi ist korrupt auf die Welt gekommen - daran hat auch die Revolution nichts ändern können. Auch Sie und ich sind korrupt geboren worden. Aber Sie haben noch nicht das ganze Apartment gesehen … «
    Auf ein Zeichen Osbornes hin ging Arkadi voraus, durchquerte den Vorraum und betrat ein weiteres Zimmer, das er bisher nicht gesehen hatte und aus dessen Fenster man ebenfalls einen Blick auf den Park hatte. Die Einrichtung bestand aus einer Kommode mit Spiegelaufsatz, einem Stuhl, einem Nachttisch und einem großen, nicht gemachten Bett. Der Duft, den er beim Betreten des Apartments wiedererkannt hatte, war hier am stärksten.
    »Öffnen Sie die zweite Kommodenschublade«, forderte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher