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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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letztes Jahr gestorben, aber Osborne hatte bestimmt noch viele Freunde dieses Typs.
    Der Vermerk »Erste Hauptverwaltung, Erste Abteilung« wies auf die für Nordamerika zuständige KGB-Dienststelle hin. Osborne war kein sowjetischer Agent, sonst hätte Arkadi diese Tonbänder nicht erhalten. Osborne war lediglich zur Zusammenarbeit mit sowjetischen Stellen bereit: Er trat in den USA als Förderer russischer Künstler auf, deren Äußerungen er nach Moskau weitermeldete. Arkadi war erleichtert, dass das Tonband keine weiteren Diskussionsbeiträge von Irina Asanowa enthielt.
     
    Mischa hatte Arkadi zum Abendessen eingeladen. Bevor der Chefinspektor ging, kontrollierte er, womit seine beiden Mitarbeiter beschäftigt waren. Fets skandinavische Tonbänder waren ordentlich neben einem Packen Notizpapier aufgestapelt, auf dem zwei frischgespitzte Bleistifte lagen. Auf Paschas Arbeitsplatz herrschte ein unbeschreibliches Durcheinander. Arkadi blätterte in den Aufzeichnungen über Golodkins Telefongespräche. Ein Abschnitt vom Vortag fiel ihm auf, weil Golodkin nur Englisch sprach, während der Angerufene auf russisch antwortete.
    Der Unbekannte sprach fließend Russisch. Aber da die meisten Russen davon überzeugt waren, nur Russen könnten Russisch, hatte der Schwarzhändler schon aus diesem Grund Englisch gesprochen.
    Was bedeutete, dass Golodkin mit einem Ausländer telefoniert hatte.
    Arkadi suchte das entsprechende Tonband heraus und spielte es ab, um zu hören, was er gelesen hatte.
    »Guten Morgen, hier ist Feodor. Bei Ihrem letzten Besuch wollten wir gemeinsam ins Museum gehen.«
    »Ja.«
    »Ich möchte Ihnen das Museum heute zeigen. Haben Sie Zeit?« - »Tut mir leid, ich bin sehr beschäftigt. Vielleicht nächstes Jahr.« - »Ist das Ihr Ernst?«
    Klick.
    Arkadi erkannte die zweite Stimme sofort wieder, weil er ihr stundenlang zugehört hatte. Sie gehörte John D. Osborne. Der Amerikaner war wieder in Moskau.
     
    Die Mikojans hatten eine große Wohnung - fünf Zimmer, darunter eines mit zwei Konzertflügeln, die Mischa mit der Wohnung von seinen Eltern, einem bekannten Klavierduo, geerbt hatte. An den Wänden hing ihre Sammlung von Kinoplakaten aus der Revolutionszeit, dazwischen bäuerliche Holzschnitte, Sammel-Objekte von Mischa und Natascha.
    Mischa führte Arkadi ins Bad, wo in einer Ecke eine makellos weiß emaillierte neue Waschmaschine stand.
    »Das Modell Sibirien. Das absolute Spitzenmodell. Hundertfünfzig Rubel. Wir haben zehn Monate darauf gewartet.«
    Ein Kabel führte zur Steckdose, und der Ablaufschlauch hing über dem Badewannenrand. Sonja wäre begeistert gewesen.
    »Die Modelle ZIW und Riga hätten wir innerhalb von vier Monaten kriegen können, aber wir wollten die beste Maschine.« Mischa nahm ein Heft der Handelsnachrichten vom Toilettendeckel. »Sehr gut beurteilt.«
    »Und nicht im geringsten bourgeois.« Vielleicht hatte Dr. Schmidt eine in seinem Serail?
    Mischa warf Arkadi einen finsteren Blick zu und drückte ihm sein Glas in die Hand. Sie tranken Wodka mit Pfeffer und standen bereits etwas unsicher auf den Beinen. Mischa holte nasse Unterwäsche aus der Waschtrommel und steckte sie in die Schleuder.
    »Ich fuhr sie dir vor!«
    Er schaltete die Wäscheschleuder ein. Die Maschine begann heulend zu vibrieren. Das Heulen wurde lauter, als starte im Bad eine Düsenmaschine. Aus dem Ablaufschlauch spritzte stoßweise Wasser in die Badewanne. Mischa lehnte sich verträumt zurück.
    »Phantastisch, was?« rief er.
    »Reine Poesie«, bestätigte Arkadi. »Majakowskis Poesie, aber trotzdem Poesie.«
    Die Waschmaschine blieb stehen. Mischa überprüfte den Stecker und den Knopf, der sich nicht drehen ließ.
    »Was ist los?«
    Mischa schüttelte aufgebracht den Kopf. Er hämmerte mit der Faust gegen die Maschine, die daraufhin wieder zu vibrieren begann.
    »Eindeutig ein russisches Modell«, meinte Arkadi trocken und trank einen Schluck.
    Mischa hatte die Arme in die Seiten gestemmt. »Alles Neue muss sich erst einlaufen«, erklärte er Arkadi.
    »Damit muss man rechnen.«
    »Jetzt läuft sie prima.«
    Sie zitterte, um es genau zu sagen. In ihrem Arbeitseifer hob sie beinahe vom Boden ab. Mischa trat besorgt einen Schritt zurück. Der Lärm war ohrenbetäubend. Der Ablaufschlauch löste sich abrupt, Wasser spritzte gegen die Wand.
    »He!« Mischa drückte geistesgegenwärtig ein Handtuch auf die Pumpenöffnung und wollte mit der anderen Hand den Kontrollknopf drehen. Als der Knopf in seinen

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