Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
Vom Netzwerk:
rufen, brachte aber nur ein Flüstern heraus.
    Ein Tritt warf ihn mit dem Gesicht nach unten in den Schnee. Idiot! beschimpfte Arkadi sich selbst.
    Bei der ersten Schlägerei nach Jahren büßt der Chefinspektor seine Frau ein, bei der zweiten ruft er um Hilfe!
    Er kam wieder auf die Beine, hörte den Flüchtenden durchs Unterholz brechen und rannte hinter ihm her. Der Hang fiel steil ab. Arkadi rutschte aus und kollerte im Schnee hinunter. Der untere Fußweg war menschenleer, aber Arkadi sah den anderen gerade noch in den Bäumen verschwinden.
    Arkadi überquerte mit zwei großen Schritten den Weg, sprang und landete auf einem breiten Rücken.
    Die beiden Männer rollten aneinandergeklammert durch den Schnee, bis sie gegen eine Bank prallten.
    Arkadi versuchte, dem Unbekannten einen Arm auf den Rücken zu drehen, aber seinem Gegner gelang es, sich loszureißen und auf die Beine zu kommen. Der Chefinspektor stellte ihm ein Bein.
    Sobald der andere sich jedoch wieder aufgerappelt hatte, gab es für Arkadi keine Chance mehr: Eine Hand schlug ihm ins Gesicht, und bevor er reagieren konnte, traf ihn eine Faust in die Rippen unter dem Herzen. Er sackte zusammen.
    Arkadi rappelte sich aus einer Schneewehe auf, stolperte weiter und presste beide Hände auf die linke Brust. Durch Schnee und Bäume gelangte er zu einem Steinwall, rutschte hinunter und brach auf dem Gehsteig am Puschkin-Kai zusammen.
    Arkadi sah keine Fußgänger. Und schon gar nicht jemanden von der Miliz. Die Strassenlampen erschienen ihm wie verschwommene Lichtpunkte. Lastwagen rollten achtlos an ihm vorbei. Er stand mühselig wieder auf und überquerte schwankend die Uferstrasse.
    Die Moskwa war ein 300 Meter breites Eisband und die Krim-Brücke mindestens einen Kilometer entfernt. Sehr viel näher führte links von Arkadi eine U-Bahn-Brücke über den zugefrorenen Fluss.
    Eben ratterte ein Zug darüber.
    Unter der Brücke rannte eine Gestalt über das Eis des Flusses.
    Zur Moskwa führte keine Treppe hinab. Arkadi rutschte also die drei Meter hohe Uferböschung hinunter und landete schmerzhaft auf dem Hintern. Er kam wieder auf die Beine und nahm die Verfolgung auf.
    Der Mann war stark, aber nicht schnell; obwohl Arkadi leicht hinkte, verringerte sich der Vorsprung des Flüchtenden. Auch am jenseitigen Ufer gab es keine Treppe, aber Arkadi sah dort die Landungsstege für die im Sommer verkehrenden Ausflugsboote.
    Der Mann blieb nach Atem ringend stehen, sah sich nach Arkadi um und rannte weiter. Sie befanden sich ungefähr 40 Meter voneinander entfernt in der Mitte des zugefrorenen Flusses, als der Mann zum zweitenmal stehen blieb und die Hand hob. Arkadi blieb ebenfalls unwillkürlich stehen. Über dem Eis lag ein schwacher Lichtschein - offenbar eine Reflexion der Strassenbeleuchtung auf beiden Ufern - der es Arkadi erlaubte, eine stämmige Männergestalt in Wintermantel und Mütze zu erkennen. Das Gesicht war im Schatten unter der Mütze nicht auszumachen.
    »Verschwinde!« forderte er Arkadi auf russisch auf.
    Als der Chefinspektor einen Schritt vortrat, zog der andere die rechte Hand aus der Manteltasche.
    Arkadi sah den Lauf einer Waffe. Der Mann zielte mit beiden Händen, wie es Kriminalbeamte in der Ausbildung lernen, und Arkadi warf sich aufs Eis. Er hörte keinen Schuss und sah kein Mündungsfeuer, aber irgend etwas prallte hinter ihm vom Eis ab und surrte unmittelbar darauf als Querschläger gegen die gemauerte Uferböschung.
    Der Mann lief unbeholfen weiter. Arkadi holte ihn vor dem anderen Ufer ein. Die beiden Männer rangen im Schatten der U-Bahn-Brücke miteinander, rutschten aus und gingen auf die Knie, ohne einander loszulassen. Arkadis Nase blutete, der andere verlor seine Mütze. Arkadi erhielt einen leichten Stoß gegen die Brust und landete auf allen vieren. Sein Gegner stand über ihm. Arkadi bekam zwei Fußtritte in die Rippen; den nächsten, der seinen Hinterkopf traf, nahm er kaum noch wahr.
    Als er sich auf die Seite rollte, war der Angreifer verschwunden. Aber Arkadi hielt ein Andenken an den Unbekannten in der Hand: die Mütze.
    Über ihm rollten funkensprühende Räder über die U-BahnBrücke. Ein kleines Feuerwerk für einen kleinen Sieg.
    »Ist das nicht großartig?« fragte Pascha und breitete die Arme aus. Arkadi schaute aus dem 14. Stock des im stalinschen Zuckerbäckerstil erbauten Hotels Ukraina über den verkehrsreichen Kutusowski-Prospekt auf den Diplomaten- und Korrespondentenkomplex mit seinem Innenhof und dem

Weitere Kostenlose Bücher