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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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seinem letzten Auftritt in der Schlussszene. »Ich wünsche Ihnen schon jetzt alles Gute, weil ich nur noch eine Woche in Moskau bin und nicht glaube, dass wir uns noch mal begegnen werden. Aber ich möchte, dass Sie nicht mit leeren Händen fortgehen.«
    Osborne nahm seine Zobelmütze ab und setzte sie Arkadi auf. »Ein Geschenk von mir«, erklärte er ihm dabei. »Als Sie mir im Badehaus erzählt haben, Sie hätten sich schon immer eine Pelzmütze gewünscht, habe ich mir vorgenommen, Ihnen eine zu schenken. Die Größe habe ich schätzen müssen, aber ich habe einen guten Blick für Köpfe.« Er betrachtete Arkadi prüfend. »Passt wie angegossen.«
    Arkadi nahm die Mütze ab. Der samtweiche Zobelpelz war tiefschwarz. »Ein schönes Stück. Aber …« Er gab die Mütze bedauernd zurück. »Ich darf sie leider nicht annehmen. Wir haben strenge Vorschriften in bezug auf Geschenke.«
    »Ich wäre sehr gekränkt, wenn Sie sie nicht nehmen würden.«
    »Gut, lassen Sie mich ein paar Tage darüber nachdenken. Auf diese Weise haben wir einen Grund für ein weiteres Gespräch.«
    »Mir ist jede Entschuldigung recht.« Osborne schüttelte Arkadi kräftig die Hand, stieg in seine Limousine und fuhr über die Brücke davon.
     
    Chefinspektor Ilja Nikitin, das strähnige Haar über seinen Rundschädel zurückgekämmt, starrte mit zusammengekniffenen Augen durch den Rauch der Zigarette, die er zwischen den Zähnen hielt. Er wohnte in der Nähe des Arbatskaja-Platzes in einem schmalbrüstigen Altbau, der bis unters Dach mit Büchern vollgestopft war. Arkadi erinnerte sich an altmodische dreigeteilte Fenster, die den Blick auf den Fluss und die Leninberge freigaben, aber diese Aussicht war nur noch eine Erinnerung. Vor den Fenstern, in der Küche, auf der Treppe und in den Zimmern im ersten Stock türmten sich Bücherstapel auf.
    »Kirwill, Kirwill … « Nikitin schob die Schwarte beiseite, in der er gelesen hatte, und griff nach einer fast leeren Flasche rumänischen Portweins. Er blinzelte Arkadi zu, während er trank. Dann machte er sich schwankend auf den Weg in den ersten Stock. »Du kommst also noch immer zu Ilja, wenn du mal nicht weiterweißt?«
    Arkadi nickte wortlos. Als er seinen Dienst bei der Moskauer Staatsanwaltschaft angetreten hatte, war er sehr bald zu dem Schluss gekommen, Nikitin sei ein Genie und ein Progressiver oder ein Genie und ein Reaktionär. Ein Vorkämpfer für eine Liberalisierung des Strafrechts oder ein hartnäckiger Stalinist. Ein Saufkumpan des schwarzen Sängers Robeson oder ein Vertrauter des reaktionären Autors Scholochow. Zumindest ein Meister gnostischer Andeutungen.
    Nikitin war ohne Zweifel ein brillanter Chefinspektor gewesen. Obwohl Arkadi die Ermittlungen geführt hatte, war es stets Nikitin, der den Vernehmungsraum mit zwei Flaschen betreten und ihn eine Stunde später mit einem geständigen, reumütigen Mörder verlassen hatte. »Wegen der Bestechungsgelder, Bojtschik«, hatte Nikitin geantwortet, als Arkadi ihn gefragt hatte, warum er lieber Chefinspektor für interbehördliche Zusammenarbeit geworden sei, als weiterhin die Mordkommission zu leiten.
    »Kirwill. Die Schlacht am Union Square.« Nikitin drehte sich auf der Treppe nach Arkadi um. »Weißt du, wo New York ist?« Er rutschte auf einer Stufe aus, hätte beinahe einen Bücherstapel mitgerissen und konnte die drohende Lawine im letzten Augenblick aufhalten.
    »Erzähl mir von Kirwill«, forderte Arkadi ihn auf.
    Nikitin schüttelte den Kopf. »Falsch - von den Kirwills. Red Star.« Er schob sich in den durch Bücherstapel auf beiden Seiten verengten Flur im ersten Stock.
    »Wer waren die Kirwills?« fragte Arkadi.
    Nikitin ließ seine leere Flasche fallen, stolperte darüber und schlug die Länge nach hin. Er rollte sich auf den Rücken und blieb hilflos liegen. »Du hast eine Flasche aus meinem Büro gestohlen, Arkascha. Du bist ein Dieb. Scher dich zum Teufel!«
    In Augenhöhe hatte Arkadi ein Stück Käserinde und eine halbvolle Flasche Pflaumenwein auf einem Buch mit dem Titel »Politische Unterdrückung in den USA - 1929 - 41« vor sich. Nachdem er sich die Flasche unter den Arm geklemmt hatte, blätterte er im Register des Buches. »Leihst du’s mir für ein paar Tage?«
    »Wenn du mir ‘nen Gefallen tun willst …« begann Nikitin.
    Arkadi drückte ihm die Flasche in die Hand.
    »Nein.« Nikitin ließ sie fallen. »Behalt das Buch. Lass dich hier nicht wieder blicken.«
     
    Belows Büro glich einem Kriegsmuseum.

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