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Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
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Oder man lässt sie von dafür ausgebildeten Hunden auf Bäume jagen; dann werden die benachbarten Bäume abgesägt und Netze ausgespannt.«
    »Zobel jagen wie Nerze?«
    »Zobel jagen Nerze. Kein Tier ist im Schnee schneller. Sibirien ist ein Paradies für sie.« Arkadi blieb stehen und brauchte drei Streichhölzer, bevor seine Prima brannte. Sein Lächeln zeigte Osborne, dass er lediglich Konversation machen wollte.
    »Ah, Leningrad … « seufzte Arkadi. »Das Venedig des Nordens, nicht wahr?«
    »Richtig, so wird es manchmal genannt.«
    »Leningrad, die Stadt der Dichter. Ich meine nicht Jewruschenko oder Wosnessenski, sondern große Dichter wie die Achmatowa und Mandelstam. Kennen Sie Mandelstams Gedichte?«
    »Ich weiß, dass er bei der Partei in Ungnade gefallen ist.«
    »Ja, aber er ist tot - und das verbessert seine politische Position entscheidend«, sagte Arkadi.
    Osborne sah auf seine Uhr. »Leider wird Mandelstam im Westen kaum gelesen. Er ist zu russisch. Vieles von ihm lässt sich nur unzulänglich übertragen.«
    »Genau das meine ich! Zu russisch. Das kann ein Fehler sein.«
    »Darauf wollten Sie hinaus?«
    »Wie im Fall der drei Leichen im Gorki-Park, nach denen Sie mich gefragt haben. Drei Menschen, die mit eiskalter Überlegung und einer im Westen hergestellten Pistole erschossen worden sind? Das lässt sich irgendwie kaum ins Russische übertragen, nicht wahr?«
    Osborne gab keine Antwort, aber in seinen Augen lag mühsam unterdrückte Erregung.
    »Ihnen muss der Unterschied zwischen einem Mann wie Ihnen, Mr. Osborne, und einem Mann wie mir ins Auge fallen. Meine Denkweise ist so unbeweglich, so proletarisch, dass es ein Vergnügen ist, mit jemand zu sprechen, der so weltmännisch gebildet ist. Sie können sich vorstellen, wie schwierig es für mich ist, zu ergründen zu versuchen, weshalb ein westlicher Ausländer drei Russen ermorden sollte.
    Ich gestehe ganz offen, dass mir dazu die Voraussetzungen fehlen. Normalerweise werde ich zu einer Leiche gerufen. Am Tatort sieht’s schlimm aus - überall Blut, Fingerabdrücke und meistens auch die Mordwaffe. Jedes Kind mit starken Magennerven könnte das ebenso gut lösen wie ich. Die Tatmotive?
    Ehebruch, Eifersucht, Volltrunkenheit, Streitigkeiten aus nichtigen Anlässen. Ganz ehrlich gesagt:
    Wenn ich genügend Grips hätte, um ein Ideologe zu sein oder ein Ministerium zu leiten oder Felle zu versteigern, würde ich’s doch tun, nicht wahr? Deshalb hat der kleine Chefinspektor, der sich abplagt, um ein erstklassig geplantes, kühn durchgeführtes, intelligentes Verbrechen aufzuklären, alles Mitgefühl verdient.«
    »Sie halten den Täter also für intelligent?« fragte Osborne interessiert.
    »Ja. Stellen Sie sich einen bourgeoisen Geschäftsmann vor, der zwei sowjetische Werktätige hinrichten und im Herzen Moskaus zurücklassen kann, und sagen Sie mir, ob der nicht ein hochintelligenter Mensch sein muss.«
    »Zwei? Ich dachte, Sie hätten im Gorki-Park drei Leichen gefunden?«
    »Ich meine natürlich drei.« Arkadi setzte sich erneut in Bewegung. »Unser Gespräch ist wirklich sehr nützlich für mich. Wäre ich in der Lage, einmal nicht wie ein Russe, sondern wie ein genialer Geschäftsmann zu denken, ich hätte keine Sorgen mehr.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Müsste er nicht ein Genie sein, um etwas zu finden, für das es sich lohnt, Russen zu ermorden? Das ist keine Schmeichelei, das ist Bewunderung. Pelze? Nein, die könnte er von Ihnen kaufen. Gold? Wie sollte er es außer Landes schaffen? Er hat schon Mühe genug gehabt, den Beutel loszuwerden.«
    »Welchen Beutel?«
    Arkadi klatschte in die Hände, dass es wie ein Schuss klang. »Der dreifache Mord ist verübt. Die beiden Männer und das Mädchen sind tot. Der Mörder stopft die Essensreste, die Flaschen und die Tatwaffe in einen durch Schüsse zerfetzten Lederbeutel. Er fährt auf Schlittschuhen durch den Park. Schnee fällt; es wird schon dunkel. Am Rande des Parks muss er seine Schlittschuhe in den Beutel stecken und ihn irgendwo loswerden, ohne beobachtet zu werden. Nicht im Park und nicht einfach im nächsten Abfallkorb, weil der Beutel dort gefunden und abgegeben werden würde. Soll er ihn in den Fluss werfen?«
    »Die Moskwa war den ganzen Winter zugefroren.«
    »Richtig! Trotzdem muss der Täter, der sich auf rätselhafte Weise des Beutels entledigt hat, irgendwie auf dieses Ufer zurück.«
    »Er benützt die Krim-Brücke.« Osborne deutete nach vom.
    »Ohne die

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