Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gorki Park

Gorki Park

Titel: Gorki Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Cruz-Smith
Vom Netzwerk:
Blick in einen leeren Schrank. »Ich will Sie nicht nervös machen«, sagte sie, »aber ich habe das Gefühl, dass Ihre Frau nicht zurückkommen wird.«
    »Ein objektives Urteil ist stets willkommen.«
    Die junge Frau lehnte am Herd. »Was passiert jetzt?«
    »Sobald Ihre Sachen trocken sind, verschwinden Sie«, antwortete Arkadi.
    »Wohin?«
    »Das ist Ihre Sache. Sie können in Ihre Wohnung …«
    »Dort warten sie auf mich. Ihnen hab ich’s zu verdanken, dass ich nicht einmal mehr ins Studio kann.«
    »Dann eben zu Freunden«, sagte Arkadi. »Die meisten werden vermutlich überwacht, aber es muss irgend jemand geben, bei dem Sie bleiben können.«
    »Damit ich den mit ins Unglück reiße? Nein, das tue ich Freunden nicht an!«
    »Gut, aber hier können Sie auch nicht bleiben.«
    »Warum nicht?« Sie zuckte mit den Schultern. »Hier ist doch sonst niemand. Die Wohnung eines Chefinspektors ist ein wundervolles Versteck. Es wäre Irrsinn, es ungenutzt zu lassen.«
    »Genossin Asanowa … «
    »Irina. Sie haben mich ausgezogen, Sie dürfen mich beim Vornamen nennen.«
    »Irina, es ist vielleicht schwer einzusehen, aber hier sind Sie wirklich am schlechtesten aufgehoben. Ich bin letzte Nacht gesehen worden, und hierher kommen sie bestimmt zuerst. Sie könnten die Wohnung nicht einmal verlassen, um Einkäufe zu machen. Sie wären hier gefangen.«
    »Wir wären hier gefangen, meinen Sie.«
    Je länger sie sprachen, desto mehr klebte das Bettuch an ihrem noch feuchten Körper, der sich darunter deutlich abzeichnete. »Ich wäre die meiste Zeit unterwegs.« Arkadi wandte sich verlegen ab.
    »Ich sehe zwei Teller und zwei Tassen«, stellte Irina trocken fest und fuhr dann fort: »Die Sache ist ganz einfach. Sie, Arkadi, gehören entweder zu ihnen, was bedeutet, dass jeglicher Fluchtversuch zwecklos wäre, weil Sie mich beschatten lassen würden; oder Sie gehören nicht zu ihnen, was bedeutet, dass ich entweder einen Freund oder Sie mit ins Verderben reißen kann. Ich hab mir die Sache überlegt. Ich reiße lieber Sie mit.«
     
    Das Telefon klingelte. Es stand im Schlafzimmer auf dem Boden. Nach dem zehnten Klingeln nahm Arkadi den Hörer ab.«
    Schwan rief an, um ihm mitzuteilen, dass der Zigeuner wusste, wo Kostja Borodin an den Ikonen gearbeitet hatte.
    Die Werkstatt, zu der Schwan und der Zigeuner den Chefinspektor und Kirwill führten, lag in der Nähe der Go-Kart-Bahn südlich der Moskwa. Ein Mechaniker mit dem Spitznamen »Sibirier« hatte dort bis vor einigen Monaten gearbeitet und war dann spurlos verschwunden. Zwei teilweise demontierte GoKarts hingen an der Decke über einem verrosteten Pobjeda, der ohne Räder auf Hohlblocksteinen aufgebockt war.
    Der Fußboden war mit einer schmierigen Mischung aus Öl und Sägemehl bedeckt. Im Schraubstock der Werkbank steckte ein halb durchgesägtes Brett. In einer Ecke der Werkstatt häuften sich Metallteile und Autoschrott, in der anderen Holzabfälle. An der Rückwand hing ein alter Keilrahmen; auf dem Regal darunter standen Büchsen mit Universalgrundierung, Leinsamenöl und Terpentinersatz.
    In einem Schrank mit kaputter Tür hing ein Arbeitskittel, der zu schmutzig war, als dass ihn jemand hätte stehlen wollen. Alles Werkzeug war längst verschwunden. Von der Go-KartBahn drang das an- und abschwellende Heulen hochgezüchteter Motoren herüber.
    »Sie wissen, wie man Fingerabdrücke feststellt?« fragte Arkadi den Amerikaner.
    »Ich war zwei Jahre bei der Spurensicherung«, antwortete Kirwill. »Ich kenne mich noch einigermaßen aus.«
    Schwan und der Zigeuner waren draußen geblieben und rauchten, während Chefinspektor und Lieutenant die Werkstatt nach Fingerabdrücken durchkämmten. Arkadi hatte eine Fingerabdruckkarte Kostja Borodins mitgebracht; Kirwill verglich die gefundenen Abdrücke mit einer Karte, auf der sich James Kirwills Fingerabdrücke befanden. Sie tauschten ihre Karten nicht aus.
    Nach dreistündiger konzentrierter Arbeit packte Arkadi seine Sachen zusammen. Kirwill lehnte an dem aufgebockten Wagen, zündete sich eine Zigarette an und wurde von dem Zigeuner angeschnorrt, dem die Zigaretten schon vor einer Stunde ausgegangen waren. Auch Arkadi steckte sich eine Zigarette an.
    Sie schwiegen und genossen das befriedigende Gefühl, gut gearbeitet zu haben - auch wenn ihre Mühe vergebens gewesen war.
    »Sie haben ihre Abdrücke gefunden?« fragte der Zigeuner.
    »Nein, sie sind nie hier gewesen«, sagte Arkadi.
    »Warum sehen Sie dann beide so zufrieden

Weitere Kostenlose Bücher