Gotland: Kriminalroman (German Edition)
In solchen Momenten kam er sich uralt vor.
Andererseits war er mit achtzehn auch nicht gut darin gewesen, von vorn anzufangen. Wie lange lebt jemand, der sich gegen uns entschieden hat, in uns weiter?
Viel zu lange.
Sollte es diesmal so enden: An einem Montag Anfang Oktober steht er wie gelähmt auf seiner eigenhändig gezimmerten Veranda und starrt hinaus auf das graubraune Stoppelfeld. Unfähig, etwas zu tun.
Die tief stehende Sonne schien ihm direkt ins Gesicht. Das Feld war mit hauchdünnen Spinnweben bedeckt. Ein ganzes Feld. Unfassbar viel Arbeit.
Unfähig, etwas zu unternehmen? Was sollte er denn machen? Sie mit Gewalt zurückholen? Das war doch Arvids Rolle. Brauchte sie genau das? War das ihr Problem? Entschied sie sich immer für den, der sie am schlechtesten behandelte? Musste ein echter Kerl in ihren Augen stark und rücksichtslos sein?
Er versuchte, den Gedanken zu verdrängen. Es war idiotisch, so zu denken. So verbittert.
Er öffnete ein Fenster und fegte mit dem Handrücken ein paar tote Fliegen vom Fensterrahmen. Das eintönige Jaulen des Ventilators an Hedbergs Futtersilo war heute deutlich zu hören. Kein Lüftchen regte sich, es war draußen genauso stickig wie drinnen.
Seit Inger ihn verlassen hatte, war er verbittert. Jahrelang hatte er sich ihretwegen gegrämt. Alles hatte er für sie getan. Die Glasveranda war ihre Idee gewesen, und er hatte sie ihr gebaut. Sie passte zwar nicht perfekt zu der großen Villa aus den Zwanzigerjahren, an der sie klebte wie ein moderner Nistkasten, aber sie war robust.
Dann war alles schiefgelaufen. Aus heutiger Sicht musste er ihr recht geben. Es war richtig gewesen, ihn zu verlassen. Er mochte sie, aber er war nicht bereit für sie. Immer noch hatte er Kristina im Kopf, obwohl sie ihn betrogen, obwohl sie sich gegen ihn entschieden hatte. Gegen Kristina hatte Inger nie eine Chance gehabt. Trotzdem hatte er ihr ewig lange vorgemacht, er würde sie lieben. Und vielleicht war auch ab und zu ein bisschen Liebe in ihm aufgeflackert. Sie hatten so viel Schönes miteinander gehabt … die Kinder. Aber zwischen ihnen war es stets lau gewesen. Er hatte nur lauwarme Gefühle für sie empfunden.
Hatte er ihr damit nicht auch Gewalt angetan? Zumindest hatte er sie betrogen.
So wie es aussah würde er nun wieder allein sein, in dem stillen Haus in den Feldern zwischen Klintebys und Sanda. Die Kinder waren ausgeflogen und mit ihrem eigenen Leben beschäftigt. So sollte es sein. Sie durfte er nicht belasten. Aber er fühlte sich so schrecklich alt.
Viel zu lange hatte er sich eingebildet, das Leben würde einfach immer weitergehen. Nun war ihm klar geworden, dass das nicht stimmte. Das Leben war nicht nur kürzer, als er gedacht hatte. Es hörte auch viel früher auf.
Was war los mit ihr? Es war dunkel. Ein seltsam schönes Gefühl bewegte sich langsam die Innenseiten ihrer Oberschenkel hinauf, teilte sich an der Öffnung ihres Geschlechts und kreiste in zwei entgegengesetzten Bewegungen vorsichtig in ihren Bauch. Dort wuchs es sich zu einer schweren Erregung aus, die sich im ganzen Körper ausbreitete. Sie atmete schneller.
Was geschah mit ihr? War jemand bei ihr? Anders? Nein, da war niemand. Streichelte sie sich selbst? Sie genierte sich ein bisschen, als hätte sie sich selbst ertappt.
Wo hatte sie ihre Hände? Zwischen den Beinen? Nein, einen Arm hatte sie abgewinkelt, der Unterarm lag unterm Kissen, die andere Hand hatte sich in unbequemer Stellung hinter ihrem Rücken verkeilt. Nein, sie liebkoste sich nicht selbst. Sie hatte einen unsichtbaren Liebhaber. Sie spürte, wie er sich sanft und unendlich langsam in ihr bewegte. Die kleinste Bewegung jagte wollüstige Schauer durch ihren ganzen Körper. Kurze abwechselnd eiskalte und kochend heiße Güsse, gefährliche Extreme an der Schmerzgrenze, quälend und lustvoll zugleich.
Er bewegte sich in ihr, und sie musste ihm entgegenkommen, immer näher …
Doch was machte er mit ihr? Die langsam schlängelnde Bewegung schien gar nicht zu enden. Kam sie von innen? Schlüpfte irgendetwas aus ihr heraus? Sie schleuderte die Decke weg, setzte sich splitternackt im Bett auf und starrte zwischen ihre weit gespreizten Beine.
Zwei pechschwarze Augen blickten ihr kalt ins Gesicht. Gelähmt vor Schreck, beobachtete sie, wie sich eine Schlange aus ihrer Scheide schlängelte. Die Erregung war wie weggeblasen. Ihre einzige körperliche Empfindung erinnerte an die kalte Oberfläche von tief aus der Erde ausgegrabenen
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