Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming
Römer ...«
»Hey, hey, mal halblang, die haben uns die Scheiße aus dem Leib gekreuzigt!«, ruft Jesus und zeigt aufgebracht in die Runde.
»Aye, du hattest es noch leicht«, sagt Andreas, »versuch doch mal, dich an ein x-förmiges Kreuz nageln zu lassen. Das bringt die Säfte erst richtig in Wallung!«
»Fickt euch ins Knie, ihr Weicheier«, kontert Petrus, »mir haben sie’s auf den Kopf gestellt besorgt.«
Es bricht ein Streit darüber aus, wessen Kreuzigung die schlimmste war.
»Stellt euch nicht so an. ›Kreuzigung ist doch Firlefanz‹«, zitiert Gott Monty Pythons Das Leben des Brian. Jesus und die Heiligen brechen in Gelächter aus. Bei der Durchsicht der Unterlagen hatte Gott festgestellt, dass selbst das
20. Jahrhundert seine positiven Aspekte besaß. Comedy und Rock’n’Roll. Es war nicht alles Genozid und Hungersnot. Immerhin hatten die Menschen zwischendurch noch Zeit genug, die elektrische Gitarre zu erfinden.
Andreas zeigt mit ausgestrecktem Finger auf Gott: »Aye, der war gut!«
»›Dieser Papagei ist tot!‹«, schnarrt Matthäus.
»›Das ist aber mein Wacholderbusch!‹«, steuert Johannes bei, während alle, dankbar für ein wenig Ablenkung, in erleichtertes Gelächter ausbrechen.
»Hey Dad, du solltest Graham Chapman kennenlernen«, sagt Jesus.
»Okay, gut jetzt. Haltet die Klappe«, sagt Gott, »ihr benehmt euch wie ein Haufen Viertklässler. Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, die Römer. Zugegeben, wir hatten unsere Differenzen. Und - ja - gegen Ende sind sie ein wenig abgedreht, aber im Straßenbau machte ihnen so schnell niemand etwas vor. Stimmt’s, oder hab ich Recht?«
Allgemeines Nicken.
»Fraglos hatten wir während des Mittelalters einen kleinen, ähm, Durchhänger, aber dann - kabumm - die Renaissance.
« Gott seufzt. »Die Kunst schoss durch die Decke, und Kontinente wurden entdeckt, als gäbe es kein Morgen. Ich meine, natürlich, es war irgendwie absehbar, dass wir ein Auge auf die beschissenen Katholiken haben müssten, aber im Großen und Ganzen sah es doch ziemlich vielversprechend aus. Und dann was? Ich verschwinde, um ein paar Forellen aus dem Fluss zu fischen, und die Erde rauscht komplett den Bach runter.«
Gott lässt sich in Seinen Sessel am Kopfende des Tisches fallen. »Was mich wirklich interessiert«, sagt Er, »ist, wie es diesem Hurensohn gelungen ist, uns so zu überrunden?«
»Er hat sich ziemlich ins Zeug gelegt, das müsst Ihr ihm lassen«, antwortet Petrus.
»Aye, der Junge ist nicht auf den Kopf gefallen«, stimmt Andreas zu.
»So ein Mist«, sagt Gott und drückt auf die Gegensprechanlage. »Er wird unausstehlich sein.«
»Ja, Herr?«, fragt Jeannie.
»Jeannie, arrangierst du bitte ein Meeting mit ... ihm .«
»Ich habe bereits damit gerechnet, dass ein Meeting anstehen könnte, Herr. Also habe ich mir die Freiheit genommen, mich zu vergewissern, dass er heute Abend zum Dinner verfügbar ist.«
»Dinner?« Gott ächzt. »Na gut, dann soll es wohl so sein.«
»Wäre es Euch lieber, wenn er raufkommt?«
»Nein, nein. Lieber unten. Ich möchte mich dort ein wenig umsehen.«
»Sehr gut, Herr. Um acht?«
»In Ordnung.« Gott beendet das Gespräch und blickt hinüber zu Jesus. »Und du Komiker, du kommst mit. Geschniegelt und gestriegelt.«
»Och, Dad. Ich wollte doch ...«
Gott sieht ihn an.
Jesus hält die Klappe.
6
W ÄHREND GOTT UND JESUS IN EINEM GLÄSERNEN AUFZUG zur Hölle hinabfahren, dudelt im Hintergrund leise eine weichgespülte Panflötenversion von R. Kellys »I Believe I Can Fly«. Gott trägt einen eleganten maßgeschneiderten Anzug, hellgrau mit feinen kreidefarbenen Nadelstreifen und fallendem Revers. Dazu ein frisch aufgebügeltes hellblaues Hemd mit farblich darauf abgestimmter gestreifter Seidenkrawatte, in einem perfekten halben Windsorknoten gebunden. Gott hat sich in Schale geworfen.
Jesus fummelt, im verzweifelten Bemühen, seinen Schlips zu lockern, an seinem Kragen herum. Sein Anzug ist schwarz, schmales Bein, schmales Revers. Er trägt sein weißes Hemd über der Hose, sein dünner, schwarzer Schlips hängt schief, das lange blonde Haar über den Kragen. Es ist so eine Art New-Wave-Look.
»Du meine Güte, komm her ...«, sagt Gott und macht sich daran, Seinem Sohn den Schlips neu zu binden. »Dreiunddreißig Jahre alt und beherrscht immer noch keinen beschissenen Krawattenknoten – hab ich mir vermutlich selbst zuzuschreiben. «
»Ich hasse Krawatten.«
»Schon klar. Du hältst dich ja auch für
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