Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming
sehr ihre Musik der Öffentlichkeit eigentlich am Arsch vorbeiging. Dann folgten die Nebenjobs; mit Ende zwanzig fingen sie an, Geschirr zu spülen und abzuräumen. Sie zogen in das winzige Zwei-Zimmer-Apartment, und an neuem Material arbeiteten sie nur noch, wenn sie sich mal einen Proberaum leisten konnten. JC hatte sich das hier unten alles wesentlich einfacher vorgestellt: eine Band gründen, massenweise Platten verkaufen und diese Plattform dann nutzen, um den Leuten zu verklickern, wie sehr sie sich gerade in die Scheiße ritten. Ihr wisst schon: so wie Bono. Aber in cool.
Jaja, schon klar , dachte er jetzt.
Als seine Musikerkarriere dann langsam, aber sicher, ähm, im Sande verlief, so könnte man es wohl nennen, da beschloss er: Wenn du die große weite Welt schon nicht erreichst, um sie zu ändern, dann verändere halt deine eigene kleine Welt. Gott sei Dank hatten Morgan und Kris ihn auch dann noch unterstützt, als seine außerplanmäßigen Aktivitäten die der Band bei weitem übertrafen. Angefangen hatte es vor ein paar Jahren mit Becky und ihren Jungs. Er hatte ihr geholfen, vom Heroin wegzukommen. So, wie sie es jetzt gerade bei Meg probierten. Sie griffen Becky und ein paar Freunden beim Ausfüllen ihrer Sozialversicherungsformulare unter die Arme. Brachten einige andere in einem Wohnheim unter. Sie fingen an, in den Küchen, wo sie arbeiteten, warmes Essen abzustauben und es in die Schlupflöcher unter der Hochbahn zu schaffen. So geschah es, dass sie ein paar der Leute, die sie versorgten, besser kennenlernten. Und irgendwann war Jesus beinahe rund um die Uhr damit beschäftigt, jemandem bei seiner Stütze zu helfen, ihm Obdach zu besorgen oder Ähnliches. Sich darum zu kümmern, dass diese Leute in der teuersten Stadt der Welt etwas zwischen die Zähne bekamen, denn häufig drehte es sich um die rudimentärsten aller Bedürfnisse: zu essen oder einen Platz zum Schlafen zu finden. Das alles entwickelte sich zu einem selbst aufgezogenen, aus eigener Tasche finanzierten Hilfsprogramm, in dessen Verlauf sie schließlich eine ganze Menagerie von Verirrten und Gestrandeten betreuten: Becky, Meg, Bob sowie den alten Weinbrandbruder Gus und seine Dotty, die den letzten Winter ohne Jesus und die Jungs sicherlich nicht überlebt hätten.
Auf Big Bob waren sie getroffen, als gerade der Müllcontainer ausgebrannt war, in dem er mit zwei Kumpels lebte. Drei alte Veteranen, die in Vietnam viel Blut gelassen hatten und am Ende in einem Container drüben in Chelsea gelandet waren. Dann hatte ihn jemand angezündet. Bobs Kumpels
kamen beide dabei um, verbrannten bei lebendigem Leibe. Erzählt hatte ihnen das ein anderer Kumpel von Bob, denn Bob selbst hat seit 1973 kein richtiges Wort mehr gesprochen, weil ...
»Hey, du Penner.« Jemand tritt gegen sein Bein, und Jesus schreckt auf. Die beiden Typen - Mr. Kahlkopf und Mr. Tattoos - beugen sich über ihn, während ein paar willige Helfer bereits für Platz sorgen.
»’n Abend, Jungs«, sagt Jesus lächelnd. »Heiß hier drin, was?«
Mr. Tattoos geht neben Jesus in die Hocke. Sein Unterhemd riecht, als wäre der mit Scheiße gefüllte Fisch darin eingewickelt gewesen. Eine seiner Tätowierungen, eine große auf dem Unterarm, zeigt eine nackte Frau auf allen vieren. Sie hat Brüste, die ihr sowohl aus dem Rücken wachsen als auch vorne herabhängen, und in einer krakeligen Banderole über dem Tattoo stehen die Worte MEIN TRAUM. Wow , denkt sich Jesus, was zur Hölle will der Typ damit sagen? Obwohl er noch nicht besonders alt ist, hat der Kerl kaum noch Zähne, und seine Stimme zischelt durch die Lücken zwischen den verbliebenen Stummeln.
»Kleiner«, wispert er, »es wird hier gleich noch sehr viel heißer.«
»Ach ja, wie das?«, fragt Jesus und sieht dem Typen dabei direkt in die Augen. Obwohl zweifellos ein knallhartes Arschloch, ist selbst er von Jesus’ Blick einen Moment lang verunsichert, von dieser kühlen, blauäugigen Unverdorbenheit. Seine Augen flitzen hektisch von links nach rechts, während er spricht.
»Pass auf, so wird’s laufen: Du stellst dich da vorn in die Ecke und bückst dich, du kleiner Ficker, und ich ...«, als sich Schritte nähern, flüstert er leise. »Ey, Mann«, brüllt jemand, »wo bleibt mein beschissener Anwalt?« Der Wärter brüllt irgendetwas Unverständliches zurück und geht weiter.
»... und ich und mein Freund hier, wir werden tun, was wir tun müssen.«
»Tatsächlich?«, sagt Jesus. »Das habt ihr vor? Ihr
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