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Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming

Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming

Titel: Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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erwischen und das Blut zu stoppen, das dick wie Molasse aus der zerfetzten Oberschenkelarterie sprudelte. Töpfe voller Reis blubberten immer noch über einer in den Lehmboden eingelassenen Feuerstelle, und Bob — der einem diese Töpfe heute noch detailgetreu aufmalen konnte - begriff, dass sie viele, viele Meilen vom nächsten Evakuierungspunkt entfernt waren. Also tat er, was er tun musste, zog seine Pistole - das erste Mal überhaupt, dass er sie im Kampf einsetzte –, drückte sie den dreien so sanft wie möglich gegen die Schläfe und opferte sein letztes bisschen Verstand. Bobs Kompanie fand ihn später in dem Tunnel, blutbedeckt, inmitten der toten Familie, bloß noch »Freck, freck, freck« brabbelnd. Das einzige Wort, das Big Bob seit diesem Morgen spricht. Nach seiner Entlassung aus der Klapse verbrachte er die nächsten achtunddreißig Jahre in einem Müllcontainer in New York City.
    Jesus fühlt jetzt, wie ihm Speichel auf den Hintern tropft, dann tastet sich ein forschender Daumen vor. Jesus verkrampft, versucht zu entspannen, aber verkrampft noch mehr, als der Kerl sich gegen ihn stemmt, hart wie Bakelit ... vergib ihnen, oh Herr, sie ...

    Die Schritte des Wärters nähern sich erneut, dann ruft eine Stimme: »Jesus? Jesus Christus?« Der Kerl lacht, während er das sagt, wie die Leute es häufig tun.
    »Hier«, meldet sich Jesus und hebt die Hand.
    »Schwing deinen Hintern hier raus. Deine Kaution wurde bezahlt.«
    Jesus zerrt sich die Hose hoch, während Mr. Glatzkopf und Mr. Tattoo sich eilig ins Gedränge verdrücken. Alles eine Frage des Timings, denkt JC.
    »Ein andermal, mein Süßer!«, ruft Glatze ihm zu.
    »Dir sei vergeben«, erwidert Jesus.
    Der Typ kommt zurück und schlägt Jesus die Nase zu Brei. Blut strömt ihm übers Kinn und auf sein T-Shirt. »Dann vergib doch mal das hier, du beschissene Schwuchtel«, lautet sein Kommentar.
    »Ich bin hier die Schwuchtel?«, gelingt es Jesus durch das sprudelnde Blut zu näseln.

3
    G RINSEND STEHT MORGAN AUF DEN STUFEN ZUM GEfängnistor im Sonnenschein. Morgs ist ein langer, irgendwie linkisch aussehender schwarzer Schlaks mit einem trägen Lächeln, schläfrigen Augen und mittellangem Afro. Er ist etwa in Jesus’ Alter, könnte aber locker als fünf Jahre jünger durchgehen. Ein fantastischer Drummer. Morgan trägt knielange Bermudashorts, ausgenudelte Sneakers und ein weites weißes T-Shirt. Er beobachtet, wie Jesus wackelig die Stufen herabkommt, ein blutiges Papiertaschentuch gegen die Nase gepresst. »Herr im Himmel«, sagt er, »in was für eine Scheiße hast du dich denn diesmal geritten?«
    »Ähm ...« Soll ich es Morgan erzählen? Nö, lieber nicht. Den meisten Leuten fiel es nicht so leicht wie Jesus, Dinge zu vergeben. »Ich hatte ein bisschen Ärger mit ein paar Typen. Nichts Weltbewegendes. Ich habe ein paar Scheine auf den Nachttisch gelegt. Hast du was gefrühstückt?«
    »Einen Hotdog.«
    »Einen Hotdog?«, fragt Jesus. »Iss morgens doch mal etwas Obst, Morgs. Ein Stückchen Melone. ’ne Grapefruit. So was. Du solltest besser auf dich achten.«
    »Jaja, schon klar. Ich bin nicht derjenige, dessen Nase aussieht wie in einem verdammten Horrorfilm.«
    »Hey«, Jesus bleibt stehen und nimmt das Papiertaschentuch von der Nase. »Sieh dir das an. Es hat schon aufgehört
zu bluten.« Sie befinden sich an einer geschäftigen Straßenkreuzung in Midtown New York. Zur Rushhour nimmt niemand Notiz von dem großen Blonden mit dem ramponierten Gesicht, der sich mit einem dürren Schwarzen unterhält.
    »Ja, wirklich super. Du siehst spitze aus.«
    »Egal«, sagt Jesus, »woher hast du das Geld für die Kaution? «
    »Äh«, Morgan blickt zu Boden und tritt von einem Fuß auf den anderen.
    »Morgs?«, hakt Jesus sanft nach.
    »Ich hab Daisy bei Harvey’s versetzt.«
    »Scheiße, du hast was?«
    »Was sollte ich denn sonst machen? Dich da drin lassen, damit dir dort jeder mal die Fresse polieren kann?«
    »Oh Mann«, grummelt Jesus und geht mit Riesenschritten davon.

    Die Vitrinen bei Harvey’s, ihrer bevorzugten Pfandleihe im West Village, sind voller Schmuck und Uhren: Armbänder, Ohrringe und Halsketten, Armbanduhren von Rolex, Cartier und Patek, die mal jenen gehört haben, deren Aufstieg steil und deren Fall noch steiler gewesen ist. Bei Harvey’s gibt es von der amethystbesetzten Schnupftabakdose bis zur .357er Magnum so ziemlich alles.
    Jesus schiebt sich hektisch durch die Gänge, peilt zielstrebig die Abteilung mit den

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