Gott bewahre - Niven, J: Gott bewahre - The Second Coming
immer.«
Gott hebt den Blick und sieht, wie Jesus hereinschlendert, während Jeannie die Türen hinter ihm schließt. »Dad«, ruft Jesus mit ausgebreiteten Armen. »Wie war’s? Haben die Fische angebissen?«
Vater und Sohn schließen einander in die Arme, der Sohn riecht Forelle und alten Schweiß – Gott hatte seit Seiner Rückkehr noch keine Zeit, sich umzuziehen –, während der Vater den Geruch von Bier, Peperoniwurst und den süßen
Duft sehr guten Dopes identifiziert. »Sohnemann!«, ruft Er voller Freude, »setz dich doch! Wie ist es dir ergangen?«
»Oh, großartig, einfach großartig.«
Jesus setzt sich in den Sessel, der dem Schreibtisch seines Vaters am nächsten steht, und schwingt seine nackten Füße auf die Tischkante.
»Das freut mich, freut mich wirklich«, sagt Gott strahlend. »Was hast du so getrieben?«
»Ähm, du weißt schon, rumhängen, chillen, relaxen.«
»Hast es ruhig angehen lassen, was? Ist doch spitze.«
»Na ja, ich hab Gitarre gespielt, ’n bisschen Golf. Ein paar Tütchen geraucht.«
»Ja? Du siehst ein wenig dehydriert aus, mein Sohn, kann ich dir was zu trinken anbieten? Ein schönes Glas Wasser oder so?«
»Oh ja, das wär cool, danke. Weißt du, du siehst gut aus, Dad.« Während er Jesus den Rücken zuwendet, schüttet Gott Wasser aus einer Karaffe in ein Glas. Das Wasser hat eine rostbraune Farbe mit dickem Bodensatz. Gott schirmt das Glas mit einer Hand ab, während Er es zu Jesus hinüberträgt. »Du siehst aus, als hättest du ein wenig Sonne abbekommen«, sagt dieser.
»Tatsächlich?«
»Oh ja, Jeannie hatte völlig Recht. Du solltest dir öfter mal freinehmen.« «
»Findest du?«, fragt Gott und reicht Jesus das Wasser.
»Scheiße, ja. Gönn dir hin und wieder auch mal etwas Zeit für dich selbst. Du müsstest ...«
»Mmmm.« Lächelnd beobachtet Gott, wie Jesus nach einem tiefen Schluck hastig das Glas absetzt.
»Ihhhhh-bähhhh!« Würgend spuckt Jesus das Wasser quer durch den Raum. »Was zur Hölle ist ...«
»DAS IST EINE WASSERPROBE, DIE HEUTE NACHMITTAG DEM GANGES ENTNOMMEN WURDE!«
»Das ist ... äh ... was?«
»WÄHREND DU AUF DEINEM TRÄGEN ARSCH LIEGST, DU FAULER KLEINER SCHEISSER, MISSBRAUCHEN DIE DA UNTEN DIESEN FLUSS ALS IHRE BESCHISSENE TOILETTE!«
Gott mit guter Laune? Der liebenswürdigste Onkel, den man sich erträumen kann. Jack Lemmon oder Jimmy Stewart auf Zolpidem. Gott angepisst? Der Präsident eines Hollywood-Studios nach einem miesen Startwochenende. Joel Silver oder David Geffen auf Crack.
Im Vorzimmer vergraben die Leute die Köpfe in ihren Unterlagen. Es ist hart für sie. Alle haben Jesus gern.
»Ich ... ich ...«
»Komm her. Los. Kommst du her!« Gott packt Jesus am Ohr - »Au! Au! Au! Au!« - und zerrt ihn auf eine riesige weiße Tafel zu, auf die Er verschiedene Schlagworte aus Seinem Briefing geschrieben hat. »Sie benutzen den Regenwald als gottverdammtes Holzlager. In der Ozonschicht ist ein Loch - EIN VERFICKTES LOCH –, so groß wie mein Schwanz! Und die Ozeane ... die wenigen Fische, die es darin noch gibt, haben sie auf eine Zwangsdiät aus Kloake, Rohöl und alten Kühlschränken gesetzt.« Gott lässt los, und Jesus taumelt zurück, reibt sich das Ohr. »Ich, Dad ...«
Gott hebt einen Finger. Jesus verstummt, drohend nähert sich Gottes Finger seinem Gesicht. »Und das ist nur der Öko-Kack. Moralisch, ich ... ach Scheiße, hast du auch nur den leisesten Schimmer, wie tief diese Menschen in moralischer Hinsicht inzwischen gesunken sind? Selbst auf einem Kongress von Vergewaltigern und Wucherern würde man mehr Sitte und Anstand vorfinden.«
»Aber Dad, du weißt doch, dass ich selbst noch gar nicht so lange zurück bin!« Womit er irgendwie Recht hat. Zweitausend Jahre: nach himmlischer Zeitrechnung gerade mal ein Monat.
»Du konntest also nicht hin und wieder mal nach dem Rechten sehen? Weißt du, was dein Problem ist? Du bist inkompetent, faul und nicht bei der Sache. Du glaubst, du
könntest dich mit ein paar freundlichen Worten und einem albernen Grinsen durchs Leben schlawinern. Du hast noch nie ... «
Gott fuhr fort mit seiner elterlichen Standpauke. Junge , Junge , dachte Er, als Er sich selbst Worte wie »Verantwortlichkeit«, » Selbstdisziplin« und »Geisteshaltung« sagen hörte, klang diese Rede abgegriffen. Könnten wir nicht wenigstens hier im Himmel irgendwann an einen Punkt in unserer Entwicklung gelangen, an dem es nicht mehr nötig wäre, seinen Kindern Vorträge wie diesen zu
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