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Gott geweiht

Gott geweiht

Titel: Gott geweiht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.E. Lawrence
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zu verschwinden?«
    »Seit dem Tod seiner Frau ist er ziemlich unberechenbar«, entgegnete Lee.
    Chuck trat nach einer leeren Coladose auf dem Bürgersteig.
    »Da hat er sich aber eine verflucht schlechte Zeit ausgesucht, um am Rad zu drehen.«
    Lee schaute sich um und sah ins schwächer werdende Sonnenlicht, das zwischen den Hochhäusern verschwand. Er hatte Angst, dass Nelson etwas zugestoßen sein könnte, aber das wollte er nicht aussprechen, da Chuck im Moment schon genug Sorgen hatte. Aber er wusste auch, dass er Morton darüber informieren musste, was letzte Nacht geschehen war.
    »Der Mörder hat heute Nacht Kontakt zu mir aufgenommen – jedenfalls glaube ich, dass es unser Mann war«, teilte er mit.
    Chuck blieb stehen.
    »Was? Wie?«
    Lee berichtete Chuck und Butts von seinem nächtlichen Online-Chat mit dem Mörder.
    »Er schloss mit der offenen Drohung, beim nächsten Mal näher zu kommen.«
    »Was soll das denn bedeuten?«, wunderte sich Butts.
    »Das habe ich mich auch schon gefragt. Vielleicht meint er damit in meine Nähe?«
    »Aber in Manhattan hat er doch gerade erst zugeschlagen«, stellte Butts fest.
    »Oder er meint seine eigene Nachbarschaft«, schlug Chuck vor.
    »Das passt nicht in das Verhaltensmuster der meisten Serienkiller. Häufig stammt nur das erste Opfer aus der näheren Umgebung des Täters. Davon abgesehen, war die Mitteilung an mich gerichtet.«
    »So ein Mist«, entfuhr es Butts, während er kopfschüttelnd über einen verwaisten Müllbeutel stieg, der mitten auf der Straße lag.
    »Glaubst du, wir können die Verbindung zurückverfolgen und den Standort seines Computers ermitteln?«, wollte Lee von Chuck wissen.
    »Das lass ich von den Jungs in der Abteilung für Computerkriminalität überprüfen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass er weiß, wie er seine Spuren verwischt.«
    »Außerdem wissen wir nicht mit Sicherheit, ob er es wirklich war«, gab Butts zu bedenken, »es könnte auch ein Trittbrettfahrer gewesen sein, irgendein Wichtigtuer.«
    »Könnte sein«, musste Lee zugeben, aber innerlich war er überzeugt, dass er es mit dem Schlitzer zu tun gehabt hatte.
    »Weißt du schon, ob sie etwas im Messwein gefunden haben?«, wandte er sich an Chuck.
    »Ja«, erwiderte Chuck. »Hab den Bericht heute Morgen gelesen – nichts, absolut gar nichts.«
    »Kein Blut?«
    »Da war nicht mal viel Wein drin – laut Labor ein ziemlich verwässerter Zinfandel. Mehr nicht. «
    Lee wusste nicht genau, ob der Schlitzer sie auf eine falsche Fährte locken wollte oder ob er immer planloser und chaotischer wurde, wofür die Zerstückelung der armen Sophia ein Beweis zu sein schien.
    »Was ist mit deinem Kontaktmann, der mit diesem Obdachlosen gesprochen hat. Hat der irgendwelche neuen Informationen?«, erkundigte sich Butts.
    »Nein, er scheint im Moment verdeckt zu ermitteln.« In Wahrheit machte sich Lee Sorgen, denn es war ungewöhnlich, dass Eddie so lange nichts von sich hören ließ.
    Als Lee nach Hause kam, fand er jedoch eine Nachricht auf seinem Anrufbeantworter.
    »Tag auch, Chef. Gute Nachrichten. Könnte sein, dass ich in unserem Fall auf was Entscheidendes gestoßen bin. Melde mich später wieder. Bis dann.« Lee ärgerte sich, dass Eddie ihn nicht auf dem Handy angerufen hatte, aber Eddie hasste Handys. Anrufbeantworter hasste er zwar auch, aber diesmal hatte er wohl zähneknirschend eine Ausnahme gemacht.
    Beruhigt, weil es Eddie gut ging, setzte sich Lee an sein Klavier und spielte sich mit ein paar Jazzstandards warm. Dann begann er mit einer Haydn-Sonate. Dabei musste er mit der linken Hand eine Reihe von oktavenübergreifenden Arpeggios spielen, und es dauerte nicht lange, bis sein Handrücken von der anstrengenden Überdehnung der Finger zu schmerzen anfing. Nach etwa einer halben Stunde legte er eine Pause ein und genehmigte sich eine Flasche Rolling Rock. Seine Lieblingstante hatte stets einen gut gekühlten Vorrat dieser Marke für ihn im Haus gehabt, und jetzt kaufte er das Bier immer in Gedenken an sie.
    Er stand an der Spüle in der Küche und sah durch das Fenster in den Hinterhof hinaus. Von hier konnte er ohne Weiteres in die erleuchteten Wohnungen des gegenüberliegenden Hauses blicken. Ein Pärchen mittleren Alters saß an einem Küchentisch. Der Mann schien etwas zu erzählen. Die Frau warf den Kopf in den Nacken und lachte. Die Küchenlampe warf einen hellen Schein auf ihr Gesicht.
    Das nächste Mal komme ich näher.
    Was zur Hölle sollte das bedeuten?

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