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Gott geweiht

Gott geweiht

Titel: Gott geweiht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.E. Lawrence
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wir arbeiten dran.«
    »Den kriegst du schon, das weiß ich. Der entwischt dir nicht. Wie wär’s, wenn wir dann mal wieder einen Grillabend machen, was meinst du?«, begeisterte sich George. Er liebte es, Gäste einzuladen und Unmengen riesiger Steaks zu braten.
    »Hört sich gut an.«
    »Abgemacht?«
    »Abgemacht.« Er wollte George genauso wenig wie Fiona beunruhigen, und so verschwieg er den wahren Grund seines Anrufes.
    »Okay, wir sehen uns dann, ja?« Lee konnte den Nachrichtensprecher im Hintergrund hören und spürte, dass George das Gespräch beenden wollte, um die Sport-News nicht zu verpassen.
    »Alles klar, bis dann«, antwortete er.
    »Ich sag Bärchen, dass du angerufen hast.«
    »Grüß sie von mir.«
    »Mach’s gut.«
    Er legte auf und ging zurück ins Wohnzimmer, wo das Klavier auf ihn wartete. Es war inzwischen zu spät, um noch zu spielen, ohne die Nachbarn zu stören. Er ließ seine Finger leicht über die Tasten streifen, während er eine Bach-Partitur durchsah. Morgen würde er sich Zeit für Bach nehmen.
    Zurück in der Küche, konnte er das Paar im Fenster von gegenüber wieder sehen. Sie hatten zu Abend gegessen und machten nun gemeinsam den Abwasch. Als Lee hinübersah, legte der Mann gerade seinen Arm um die Hüfte der Frau und zog sie sanft an sich. Es war nur eine einfache Geste, aber sie wirkte zugleich beschützend und besitzergreifend. Was, fragte sich Lee, wenn der Beschützerinstinkt nachlässt und nur noch die Besessenheit bleibt? Er ließ das Bambusrollo herunter und verließ die Küche.
    Irgendwo dort draußen in der Dunkelheit führte ein Mann Böses im Schilde. Und in Lees Gedanken wiederholte sich unablässig dasselbe Wort in nicht enden wollender, lähmender Monotonie: Näher … Näher …

KAPITEL 48

    Das Mädchen hatte einen schlanken, geschmeidigen Körper und feines braunes Haar. Es bewegte sich mit einer jugendlichen Leichtigkeit, die von purem Lebenshunger angetrieben wurde. Sie war keine Schönheit mit ihrem langen schmalen Gesicht, der etwas zu großen Nase und den kleinen hellen Augen. Aber irgendwie passte das alles zusammen, ergab ein stimmiges, fast aristokratisch wirkendes Ganzes. Sie hatte eine freundliche, aufrichtige Ausstrahlung, war die Art von Mädchen, die man sich als beste Freundin wünschte, in die sich die Männer zwar nicht auf den ersten Blick verliebten, die sie aber trotzdem auf seltsame Art anzog. Tief in seinem Inneren wusste Samuel, dass sich so ein Mädchen niemals für ihn interessieren würde. Dennoch sehnte er sich nach ihr, nach dem Körper dieser jungen Frau, der sich so sorglos, frei und leicht bewegte. Ihre Lebendigkeit zog ihn an, die unbewusste Freude, mit der sie das Leben genoss. Er versuchte sich vorzustellen, wie das sein mochte – aber falls er sich jemals selbst so gefühlt haben sollte, hatte er es inzwischen vergessen.
    Er betrachtete eine Weile, wie sie auf der Parkbank saß. Dann stand sie auf, streckte sich langsam, legte dabei den Kopf in den Nacken und entblößte dadurch ihre Kehle. Genau dieser Anblick erregte ihn am meisten, der Anblick von weichen, sanft geschwungenen Kehlen. Mehr als alles andere, mehr als es Brüste, rosige Brustwarzen oder weiche Schenkel je vermochten. Angesichts der schutzlosen Kehle einer Frau begannen seine Augen zu funkeln, und sein Herz fing so stark an, gegen seinen Rippen zu schlagen, dass er fürchtete, es würde ihm den Brustkorb sprengen.
    Nachdem sie weitergegangen war, schlenderte er zu der Bank und ließ sich genau dort nieder, wo zuvor sie gesessen hatte, wo sie die grünen Streben der Parkbank mit ihrem weichen Körper erwärmt hatte. Samuel konnte noch den feinen Geruch ihres Shampoos wahrnehmen – Maiglöckchen. Er kannte sich aus mit Blumen – seine Mutter hatte ihm das beigebracht. Samuel musste an sie denken, wie sie vor ihm hockend in der Erde grub und ihm dabei den Hintern entgegenstreckte, wie sie damit wackelte und ihn neckte.
    Er fühlte den Zorn in sich, eine kleine Kugel aus gehärteter Wut, geschmiedet aus rot glühender Raserei und matter Hilflosigkeit, mit erbarmungsloser Resignation in Form geschlagen. Samuel trug sie stets mit sich herum, glatt, schwarz und glänzend. Obwohl sie so klein war, war sie dennoch das beherrschende Element seines Seins. Früher hatte ihm diese Kugel große Schmerzen bereitet – als sich deren noch raue, ungeschliffene Oberfläche qualvoll an seiner Seele rieb. Egal, wie sehr er sich drehte und wand, fortwährend schlug sie an die

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