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Gott geweiht

Gott geweiht

Titel: Gott geweiht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.E. Lawrence
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eine Qual – aber es gab nichts, was Lee dagegen tun konnte. Er hielt die Parkuhr umklammert und hing an ihr wie ein Betrunkener, während Chuck völlig erledigt auf der Betontreppe des Geschäftes hockte.
    Nach ein paar Minuten beruhigten sie sich wieder. Lee wischte sich die Tränen aus den Augen, während Chuck auf die Beine kam und sich schwankend neben ihn stellte.
    »Was war das denn?«, fragte er mit heiserer Stimme.
    »Ich denke, so etwas nennt man in meinem Berufsstand eine Katharsis.«
    »Worüber zum Teufel haben wir denn so gelacht?«, fragte Chuck, während er seine Krawatte richtete und sich mit den Fingern durch das kurze blonde Haar fuhr.
    »Eigentlich über gar nichts«, antwortete Lee und ließ die Parkuhr los. Es war ein altmodisches mechanisches Ding, und auf der Anzeige stand Abgelaufen . »Das war bloß physischer Stressabbau.«
    »Ich habe plötzlich einfach die Kontrolle verloren«, sagte Chuck. »Das war schräg .«
    »Unsere Körper hatten zu viel Stress aufgebaut und haben einen Weg gefunden, mit dieser Anspannung fertig zu werden.«
    »Okay«, antwortete Chuck. »Du bist der Doc.«
    Chucks Entgegnung erinnerte Lee an Eddie Pepitone, und er fragte sich, wie es ihm wohl ging.
    »Du glaubst also nicht, dass es vor Pamela noch andere Opfer gab?«, fragte Chuck. Sie gingen Seite an Seite die First Avenue entlang, während nach und nach die Schaufensterbeleuchtungen der Geschäfte angingen. In den Restaurants entlang der Straße entzündeten Kellner Kerzen und schalteten die Kronleuchter ein.
    »Möglich ist es, aber ich halte das für unwahrscheinlich. Ihr Körper wurde in großer Eile abgelegt, anders als bei den späteren Verbrechen, die mit sehr viel Sorgfalt ausgeführt wurden. Es war auch sehr riskant, die anderen beiden Frauen in einer Kirche liegen zu lassen, und dieser Kerl ist kein Dummkopf. Er war sich des Risikos bewusst. Bei Pamela allerdings zeigt die Tat alle Anzeichen von Spontaneität. Es scheint, als hätte er unter größerem Zeitdruck gestanden. Der Mord an ihr könnte sogar ungeplant gewesen sein.«
    Lee schaute durch das Fenster von Ryan’s Irish Pub, sah die angetrunkenen Stammgäste an der Bar über ihren Drinks hängen. Er überlegte, wie es Nelson wohl ging.
    »Warum fängt ein Kerl wie der plötzlich an zu morden?«, fragte Chuck.
    »Ich glaube, unserem Täter geht es um Kontrolle, Auslöser könnte ein Gefühl von Frustration und Impotenz sein.«
    Lees Handy klingelte.
    »Ja?«
    »Hey, Chef.« Eddie klang gar nicht gut.
    »Eddie, wie geht es dir? Warum hast du nicht schon früher angerufen?«
    »Schlechte Nachrichten.«
    »Was ist los?«
    »Es geht um Willow. Er ist tot.«
    Lee blieb stehen. »Was ist passiert?«
    »Sie haben ihn im Bootsteich vom Prospect Park gefunden.«
    »Ist er ertrunken?«
    »Nein, Chef, er ist definitiv nicht ertrunken.«
    »Was dann?« Lee tauschte einen Blick mit Chuck, der ihn verunsichert ansah.
    »Er wurde verstümmelt.«
    »Großer Gott.«
    »Was?«, fragte Chuck. »Was ist los?«
    »Auf welche Art wurde er verstümmelt?«, wollte Lee von Eddie wissen.
    »Man hat ihm ein Zitat aus der Bibel in die Haut geritzt, Chef. Und zwar –«
    »Dein Reich komme, Dein Wille geschehe ? «
    »Ganz genau.«
    »Gott verdammt noch mal.«
    »Das war er , stimmt’s, Chef?«
    »Hör zu, Eddie –«
    Chuck zog ihn am Ärmel, aber Lee wimmelte ihn ab.
    »Der Schlitzer hat Willow leider vor uns gefunden. Tut mir leid, Chef.«
    »Du kannst nichts dafür. Tust du mir einen Gefallen, Eddie? Pass auf dich auf, ja?«
    »Na klar – mach dir um mich mal keine Sorgen, Chef. Bin ein harter Knochen. Iron Man ist ein Weichei gegen mich.«
    »Pass einfach auf dich auf – okay?«
    »Logisch, Chef – mach ich immer.«
    »Gut. Melde dich.«
    »Alles klar – bis dann.«
    Lee steckte das Handy zurück in seine Tasche und sah Chuck an.
    »Sie haben Willow gefunden – im Bootsteich.«
    »Verdammt.« Chuck schlug mit der Faust heftig in seine Handfläche, das Gesicht rot vor Wut. »Und, war es …?«
    »Ja. Und damit wir das auch ja wissen, hat er sich die Mühe gemacht, den nächsten Teil des Gebets in den armen Willow zu ritzen. Diesmal hat er sich richtig Zeit gelassen.«
    Chuck war außer sich vor Wut. »Dieser Dreckskerl! Er verarscht uns.«
    »Genau. Er scheint es mittlerweile richtig zu genießen – glaubt, dass er allmächtig ist. Aber genau das wird ihn letzten Endes zu Fall bringen.«
    Lee wusste, dass letzten Endes nur ein schwacher Trost war. Aber es war

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