Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt
soll, allerdings »innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze«. »Seitdem wurde das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen aber viel weitgehender interpretiert«, stellt Norbert H. Müller fest.
Die Ausnahmen von den geltenden Gesetzen machen Folgendes möglich: Wenn sich ein nicht getaufter oder andersgläubiger Arbeitnehmer in einem evangelischen oder katholischen Krankenhaus, Kindergarten oder Altenheim bewirbt, kann es sein, dass er dort deswegen keinen Job bekommt, selbst wenn er fachlich für die Stelle qualifiziert wäre. Dass dem so ist, zeigt sich oft schon in den Stellenausschreibungen. Und zwar nicht nur in denen für die Chefarztstelle. In der folgenden Stellenanzeige aus dem Jahr 2010 geht es um einen Job als Reinigungskraft in einer katholischen Jugendstelle im Bischöflichen Ordinariat Eichstätt. Unter »Voraussetzungen« finden sich dort folgende Sätze: »Wir suchen jemanden, der die Reinigungstätigkeit sauber und zuverlässig verrichtet. Wir erwarten zudem die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche sowie die Identifikation mit ihr und ihren Zielsetzungen.«
Grundsätzlich gelten die Regelungen des Kündigungsschutzes auch für kirchliche Arbeitsverhältnisse. Eine Ausnahme bildet der Bereich der »verhaltensbedingten Kündigungen«. Hierin besteht der wesentliche Unterschied zwischen der evangelischen und der katholischen Kirche auf dem Gebiet des Arbeitsrechts. Die evangelische Kirche und mit ihr die Diakonie ist vor allem mit ihrem Kollektivarbeitsrecht, mit unzureichenden Möglichkeiten der Interessenvertretung für ihre Mitarbeiter und einer zersplitterten Tariflandschaft in den letzten Jahren in die Kritik geraten. Die katholische Kirche und mit ihr die Caritas steht mit ihrem speziellen Individualarbeitsrecht vor besonderen Herausforderungen, denn sie stellt sehr viel strengere Anforderungen an das Privatleben ihrer Mitarbeiter als die evangelische Kirche. Die Liste möglicher Kündigungsgründe ist folglich länger: Seine Arbeit kann verlieren, wer wie Bernadette Knecht nach seiner ersten Ehe zu einem neuen Lebenspartner zieht. Auch die Wiederheirat nach einer Scheidung, wie beim Düsseldorfer Chefarzt, ist ein Kündigungsgrund. Ebenso verstößt es gegen die katholischen Beschäftigungsgrundlagen, wenn ein Mitarbeiter mit jemandem zusammenlebt, der selbst geschieden ist. So wie eine Gymnasiallehrerin aus der Nähe von Bonn. Sie hatte sich in einen alleinerziehenden Vater verliebt und wohnte mit ihm zusammen, als sie sich auf eine Stelle an einem katholischen Gymnasium bewarb. Der Arbeitsplatz wurde ihr verwehrt mit der Begründung, dass sie zum Ehebruch beitrüge, wenn sie mit einem geschiedenen, vor Gott noch verheirateten Mann zusammenlebte.
Weitere Kündigungsgründe sind: eine homosexuelle Lebenspartnerschaft, positive öffentliche Äußerungen zum Thema Homosexualität und Abtreibung oder negative über den Papst, ein nachgewiesener Schwangerschaftsabbruch. Auch eine künstliche Befruchtung, sogar vom eigenen Ehemann, ist nicht mit der Moral und Sittenlehre der Kirche vereinbar.
Für all diese Fälle gibt es konkrete theologische Begründungen. Finden sie sich nicht in der Bibel, weil sich das Problem aus dem Fortschritt ergibt, verfassen die Experten der Zentralbehörde der katholischen Kirche, der Glaubenskongregation, neue Texte. Für die künstliche Befruchtung ist es die Instruktion »Dignitas Personae – Über einige Fragen der Bioethik«, die mit folgendem Satz eröffnet: »Die vorliegende Instruktion richtet sich an die Gläubigen und an alle wahrheitssuchenden Menschen.« Im Abschnitt »Techniken zur Unterstützung der Fruchtbarkeit« findet sich die Herleitung, warum eine künstliche Befruchtung für Christen nicht infrage kommen darf: »Techniken, die sich als Hilfestellung für die Zeugung erweisen, sind nicht deshalb abzulehnen, weil sie künstlich sind. Als solche zeigen sie die Möglichkeiten ärztlicher Kunst. Aber man muss sie aus moralischer Sicht bewerten, indem man sie auf die Würde der menschlichen Person bezieht, die gerufen ist, die göttliche Berufung zum Geschenk der Liebe und zum Geschenk des Lebens zu verwirklichen.« Das bedeutet: Der Mensch ist von Gott zur ehelichen Liebe und zur Fortpflanzung berufen. Das kann und darf ein künstlicher Vorgang nicht ersetzen. »Im Licht dieses Kriteriums sind alle Techniken der (…) künstlichen Befruchtung (…), die den ehelichen Akt ersetzen, auszuschließen.« Egal ob zwischen Eheleuten oder mit
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