Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt
Kirche somit keinerlei Kosten trägt.« Sie schreiben ferner: »Wir benötigen dringend einen Vermittler. Wir haben das uns Mögliche getan, sehen uns aber machtlos, unsere Interessen durchzusetzen. Sämtliche Eltern und Mitarbeiter befürworten einen Trägerwechsel. Bürger und Vereine unterstützen uns dabei. Was brauchen wir mehr?«
Sie fragen, warum eine politisch legitimierte Verwaltung keine rechtliche Möglichkeit zur Einflussnahme habe, obwohl der Wähler dies mehrheitlich wünsche. All das sei mit ihrem Demokratieverständnis nicht vereinbar. »Mag die katholische Kirche berechtigt sein, ihre Mitarbeiter den katholischen moralischen Maßstäben zu unterwerfen und auch Konsequenzen zu ziehen. Hier geht es aber um unsere Kinder. Wir müssen tatenlos mitansehen, wie eine fähige Leiterin wegen privater Lebensumstände entlassen werden soll, obwohl ihr fachlich keinerlei Vorwürfe zu machen sind.« Weiter heißt es: »Wir können unsererseits nicht die Konsequenzen ziehen und uns einen anderen Kindergarten suchen. Zum einen sind viele Mütter berufstätig und auf einen ortsnahen Platz angewiesen. Zum anderen dürfte klar sein, dass vor dem Hintergrund von landesweit 44 000 fehlenden Kita-Plätzen ein Wechsel der gesamten Kinder in einen anderen Kindergarten faktisch unmöglich ist.« Sie bieten noch an, kurzfristig zum Gespräch nach Düsseldorf zu kommen. Dann warten sie ab.
In dieser Zeit kommt Alice Ernst ins Grübeln. Für andere Eltern, die nicht katholisch sind, die ihre Kinder nicht getauft haben, die nicht mit vollem Bewusstsein kirchlich geheiratet haben und nicht in einer katholischen Familie leben, scheint das alles einfacher als für sie. Bei Alice Ernst gerät der eigene Glaube ins Wanken.
»Ich habe mir im Januar das Ziel gesetzt, dass ich innerhalb dieses Jahres nicht austreten werde«, erzählt sie. »Und zwar weil ich mir selbst die Möglichkeit geben wollte, das alles mit einem gewissen Abstand zu betrachten und zu bewerten. Aber trotzdem leidet meine katholische Seele.« Sie lächelt, dann spricht sie weiter. »Viele Dinge, von denen ich überzeugt war, kommen in einer Form ins Wanken, die schwer auszuhalten ist. Ich sage jetzt mal etwas sehr Emotionales: Als Mutter ringt man immer um Dinge, die konstant sind, an denen man sich in all der Verantwortung, die man für seine Familie trägt, festhalten kann. Weil man selbst der Fels sein soll für alle. Für mich war die kirchliche Erziehung, die meine Eltern mir mitgegeben haben, etwas, woran ich mich orientieren konnte. Das bricht mir gerade weg, und zwar ganz massiv.«
»Ich schätze die katholische Kirche, deren Mitglied ich gerne bin, gerade für ihre Funktion als Erhalter der Werte«, schreibt Alice Ernst im Januar 2012 an Udo Maria Schiffers. »In unserer Zeit gibt man zu schnell auf, sucht aus, was beliebt. Das halte ich für falsch. In einer Kirche, die versucht, in all dieser Beliebigkeit eine feste Größe zu sein, bedarf es strenger Regeln. Diese dürfen tatsächlich nicht bei jeder Gelegenheit angepasst und verändert werden. Aber in unserer Kindertageseinrichtung geht es um Kinder, die in unserer Zeit aufwachsen – heute.« Alice Ernst notiert, dass keiner erwarte, dass die Kirche sich ändere. »Aber eine Situation wie diese, die es nicht nur hier bei uns in Rauschendorf gibt, sondern die schon unzählige Male in ganz Deutschland aufgetreten ist, führt zu einer wichtigen Frage: Ist die katholische Trägerschaft einer Bildungseinrichtung, die ad hoc reagieren muss, das Beste für unsere kleinen Persönlichkeiten?« Sie bittet den Pfarrer darum, die Kinder nicht zu Opfern einer kirchenrechtlichen Diskussion zu machen. »Bitte geben Sie die Trägerschaft in Hände, die eine weniger große Aufgabe haben als unsere Kirche. So können wir den Kindern einen fühlbaren Grundstein für ihren Glauben geben, ohne sie die Last dieser Institution spüren zu lassen. Frau Knecht lebt mit den Kindern die Lehre von Jesus Christus und kann unserer Kirche, den Kindern und der gesamten Gemeinde am meisten dienen, wenn Sie uns gehen lassen.«
Vom Pfarrer kommt keine Antwort mehr. Aber von Rita Klöpper, der Vorsitzenden des Petitionsausschusses im Landtag. Sie schreibt den Eltern auf ihr Anliegen zurück: »Vielen Dank für Ihre Eingabe. Sie betrifft allerdings weitestgehend zivilrechtliche und kirchenrechtliche Bereiche, in die der Petitionsausschuss aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht eingreifen kann. Wir prüfen, ob die Möglichkeit
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