Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt
liberaler eingestellt ist oder selbst nach Alternativen sucht, verwirkt die Kirche ihren Anspruch auf die eigenständige Reglung ihrer Arbeitsverhältnisse, die ihr von Rechts wegen zusteht.« Flexibilität im Einzelfall heiße: keine Rechtssicherheit für den Arbeitnehmer. Das sei auf Dauer nicht durchsetzbar.
Im Fall von Bernadette Knecht ist die Kirche nicht konsequent gewesen, denn Pfarrer Udo Maria Schiffers hat Bernadette Knecht bei der Bewerbung in einer anderen katholischen Einrichtung in Bonn geholfen. Es entsteht der Eindruck, dass die Kirchenoberen selbst zögern, die Regeln so durchzusetzen, wie sie im kirchlichen Arbeitsrecht festgeschrieben sind. Stellt die Tatsache, dass die Vorgesetzten nach Alternativen suchen, die sie eine »menschliche« oder »barmherzige Lösung« nennen, nicht das ganze kirchliche Ausnahmerecht infrage? Sind die eigenen kirchlichen Regelungen »unmenschlich« und »unbarmherzig«?
Oder ist das Motiv ein ganz anderes? Gerade in den sozialen Einrichtungen ist qualifiziertes Personal knapp. Wenn man davon ausgeht, dass auch die Kirchen die besten Mitarbeiter in ihren Häusern beschäftigen wollen, können sie mit ihren strengen Vorgaben schnell Personalprobleme bekommen. Wie viele Mitarbeiter gibt es heute überhaupt noch, die allen moralischen Anforderungen genügen? Wie viele Einrichtungen könnten die Kirchen überhaupt noch betreiben, wenn sie alle geschiedenen, wiederverheirateten, homosexuellen, nicht christlichen Mitarbeiter entlassen oder gar nicht erst einstellen würden?
Unabhängig davon besteht das Risiko, dass im Zweifel eine schlechter qualifizierte Kraft eingestellt wird, nur weil sie den richtigen Glauben hat. Warum wehren sich diejenigen, die die Einrichtungen finanzieren, nicht dagegen? Können sich die Kommunen, die gute Kindergärten, Krankenhäuser und Altenheime anbieten wollen, die die Einrichtungen bezahlen, solche Einschränkungen leisten? Darf man eine Kindergartenleiterin wie Bernadette Knecht, die nicht von der Kirche bezahlt wird, die seit Jahren gute Arbeit macht und die in jeder kommunalen Einrichtung weiterarbeiten könnte, gehen lassen, weil die Kirche das möchte?
7.
Wir schließen sonst!
Wie man mit der Kirche sparen kann
Am 4. Februar 2012 erscheint der erste Artikel zum Fall von Bernadette Knecht im Bonner Generalanzeiger. Die Überschrift: »Kindergartenleiterin gekündigt – nach Trennung von ihrem Mann wird die 47-Jährige von der katholischen Kirche entlassen.« Im Kommentar zum Thema ist zu lesen: »Lebenslinien sind oft nicht so geradlinig wie die katholische Lehre.« Zu den Eltern heißt es: »Die Kirche sägt genau den Ast ab, auf dem sie sitzt. Sie verprellt ihre ›Zielgruppe‹, die zugleich ihre Zukunft ist.« Die Öffentlichkeit, die Bernadette Knecht nie gewollt hat, jetzt ist sie da. Lange haben die Beteiligten im Dorf versucht, alles unter sich zu klären. Doch nun lässt es sich nicht mehr aufhalten.
»Wir haben schon im November 2011 ein anonymes Fax in die Redaktion bekommen«, erzählt Hansjürgen Melzer. Der Lokaljournalist sitzt in der Außenstelle des Bonner Generalanzeigers in Bad Honnef, von wo aus über den Nachbarort Königswinter berichtet wird. Er beschreibt, wie er sich zunächst über das formlose Schreiben gewundert habe, in dem gefragt wurde, ob die Zeitung nicht wisse, was im Rauschendorfer Kindergarten passiere, warum sie nicht berichte. Der Generalanzeiger solle sich doch des Themas annehmen.
Hansjürgen Melzer kennt Bernadette Knecht, denn nicht selten hat er über ihre besonderen Musikprojekte geschrieben. »Ich habe damals direkt bei ihr angerufen und sie hat mich an Peer Jung weiterverwiesen. Er hat mich eindringlich gebeten, mit einem Artikel noch abzuwarten. Die Eltern wollten erst einmal versuchen, die Sache mit dem Pfarrer und dem Kirchenvorstand in Ruhe zu klären. Sie haben gesagt, sie suchten im Dorf gemeinsam nach einer Lösung und könnten eine öffentliche Diskussion nicht gebrauchen.« Darauf habe die Redaktion Rücksicht genommen. Aber nach der Kündigung im Januar sei ein Artikel unumgänglich geworden.
Der Generalanzeiger berichtet also und bittet auch die Stadt um eine Stellungnahme. Von dort heißt es unmissverständlich: Es sei nicht Aufgabe der Verwaltung, das Agieren der Kirche zu bewerten. »Wenn die Kirche Trägerin bleiben will, gibt es aus unserer Sicht keinen Handlungsbedarf«, wird Holger Jung, der zuständige Dezernent, zitiert. Zu einer Kündigung der Trägerschaft
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