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Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt

Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt

Titel: Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Müller
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nach den gescheiterten Gesprächsversuchen mit Pfarrer Schiffers und dem Kirchenvorstand die neue Sachlage schildern.
    Peer Jung berichtet im Herbst 2012, dass dieses Treffen mit Peter Wirtz erfrischend unemotional gewesen sei. »Davon hatten wir ja auf der anderen Seite mit dem Pfarrer genug«, schmunzelt er. »Und schließlich«, fügt er noch hinzu, »hat er uns an diesem Tag den entscheidenden Tipp gegeben. Ohne es zu ahnen.«
    Bei diesem Treffen erklären die Eltern dem Bürgermeister, dass es in Rauschendorf längst nicht mehr nur um Bernadette Knecht gehe. Sie, die Eltern, könnten mit der Kirche als Träger nicht mehr auskommen. Das stehe nun fest. Die vielen vergeblichen Vermittlungsversuche hätten gezeigt, dass das Verhältnis zerrüttet sei. »Wir haben ihm gesagt, dass es nun eine Möglichkeit geben müsse zu handeln, weil alle Eltern sagen: Mit diesem Träger geht es für uns nicht mehr«, erinnert sich Peer Jung. »Wir haben sogar darüber diskutiert, unsere Kinder allesamt abzumelden.«
    Die öffentliche Diskussion habe ihnen dabei Rückenwind gegeben. »Das hatte inzwischen eine völlig andere Dimension erreicht. Das, worum es uns ging, dass wir nur unsere Kindergärtnerin behalten wollten, war plötzlich ein Nebenkriegsschauplatz geworden.« Cordula Schuhmacher nickt. Die Apothekerin, deren Sohn zu Bernadette Knecht in den Kindergarten geht, hat Peer Jung bei zahlreichen Gesprächsterminen begleitet. Ihr fiel die aufkommende öffentliche Diskussion schwer. Sie ist gläubige Katholikin und in der Gemeinde aktiv. »Mir ist bewusst geworden, wie groß die Kluft zwischen der Amtskirche und der Kirche als Gemeinschaft von Gläubigen tatsächlich geworden ist. Dass da so viele doch so kritisch gegenüber der Kirche und ihren Institutionen sind, hat mich schon sehr überrascht. Uns ging es ja am Anfang vor allem um Frau Knecht und nicht um die Frage der Trennung von Staat und Kirche.« »Ja«, erwidert Peer Jung etwas zögerlich, »aber die Frage, die jetzt in der Öffentlichkeit grundsätzlich gestellt wird, ist durchaus berechtigt. Wer wie die Stadt öffentliche Gelder verwaltet, muss die Möglichkeit zu einem gewissen Einfluss haben.« Es gehe bei Kindergärten um die Unterstützung der Eltern und nicht um die Unterstützung der Kirche. »Das ist ein Kritikpunkt, der bundesweit gilt. Wie sind die Mitwirkungsrechte? Wir haben hier in Königswinter viele katholische Kindergärten. Die werden, wie das bei der katholischen Kirche ist, monarchistisch verwaltet. Dagegen sind die Elterninitiativen natürlich völlig anders, sie kämpfen um jeden Euro, entscheiden aber auch völlig anders, da haben die Eltern einen ganz anderen Einfluss. Wir haben nichts zu sagen und zahlen doch alles. Das ist mit unserem Demokratieverständnis schlecht vereinbar. Und das ist so lange in Ordnung, wie sich niemand beschwert. So, und jetzt finden ganz viele aber, dass das gar nicht mehr geht.« Er denkt kurz nach. »Darüber hinaus geht es hier um das kirchliche Arbeitsrecht, wo jetzt alle sagen, wie kann man nur, das ist doch anachronistisch. All das entzündet sich gerade an diesem Fall.«
    Am Ende des Gesprächs habe ihnen der Bürgermeister ein letztes Mal klargemacht, dass die Stadtverwaltung nicht vorhabe, sich wegen dieser Sache mit der Kirche auseinanderzusetzen, weil alles, was in Rauschendorf passiere, im Rahmen geltender Gesetze stattfinde. »Einen Tipp hat er uns aber doch noch gegeben«, erzählt Peer Jung. »Wir sollten einen Bürgerantrag stellen. Das war der entscheidende Hinweis.«
    Ein Bürgerantrag ist die Chance für jedermann, sich an den Rat seiner Stadt zu wenden, um eine Beschwerde einzureichen oder eine Abstimmung in einer bestimmten Sache herbeizuführen. In diesem Fall ist die »bestimmte Sache« eine Kündigung. Nicht für Bernadette Knecht, sondern für die katholische Kirche. Die Eltern fahren nach Hause und beginnen zu schreiben.
    Fragt man Bürgermeister Peter Wirtz, warum der Fall von Bernadette Knecht für die Stadtverwaltung nicht Grund genug war, mit der Kirche zu diskutieren, sagt er: »Ich möchte nicht auf einzelne Personen eingehen, aber wenn ich bei einem Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag unterschreibe, weiß ich, was das bedeutet. Entsprechend muss ich mich danach richten oder ich suche mir einen neuen Arbeitgeber. Wenn der Staat vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklung damit ein Problem hat, muss er die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern. Aber das kann man schlecht einer

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