Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt
nicht gibt? Warum übernahm sie stattdessen den Eigenanteil der Kirche mit und zahlt heute lieber hundert Prozent für eine kirchliche Einrichtung anstatt für eine städtische?
Natürlich sei seine persönliche Verbindung zum kirchlichen Träger nicht der Grund für die Entscheidung gewesen, sagt Peter Wirtz bestimmt. Vielmehr sei die gute Zusammenarbeit, die gute Erfahrung mit den Kirchen entscheidend gewesen. Aber, und das sei in Zeiten klammer Kassen klar, auch Geld habe eine Rolle gespielt. »Den Anteil der Kirchen mit zu übernehmen ist wesentlich wirtschaftlicher als andere Lösungen«, erklärt der Bürgermeister. »Einen städtischen Kindergarten aufzumachen ist viel teurer, weil der kommunale Kindergarten wesentlich geringere Landeszuschüsse bekommt und dann der Anteil, den die Stadt zahlen muss, dementsprechend höher ist.«
In Nordrhein-Westfalen sind sechsundvierzig Prozent der Kindergärten katholisch oder evangelisch. Für sie zahlt das Land achtundachtzig Prozent Zuschuss, für kommunale Kindergärten nur neunundsiebzig Prozent. Wenn die Stadt also die zwölf Prozent, die die Kirche eigentlich per Gesetz selbst zahlen müsste, aufstockt, ist es für sie immer noch günstiger, als wenn sie einundzwanzig Prozent für eine eigene Einrichtung zahlt. »Außerdem muss man so auch keine eigene Verwaltung aufbauen, um die Kindergärten zu betreuen«, erklärt der Bürgermeister. »Für den Steuerzahler ist das günstiger.« Deshalb sehe er dieses Arbeitsmodell zwischen Stadt und Kirche als Vorteil und nicht als Problem an.
Die Kommune spart zwar Geld, verliert aber jeden Einfluss. Allein die Kirche hat die Hoheit über Personalplanung und Organisation in den christlichen Kindergärten, denn trotz staatlicher Vollfinanzierung gilt dort nach wie vor kirchliches Arbeitsrecht.
»Es gibt Kommunen, die sagen: Wir wollen steuern, deshalb machen wir das lieber selbst«, berichtet Ursula Krickl vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Aber das koste entsprechend viel. Übernehme die Stadt beispielsweise einen Kindergarten von einer Kirche, müsse sie auf einmal selbst die Verwaltung dafür aufbauen und übernehmen. Das spreche gegen die Entscheidung, eine eigene Einrichtung zu eröffnen. Selbst wenn die Nachfrage groß sei. »Ein kirchlicher Träger bietet einfach viele Einsparmöglichkeiten. Zwar herrschen in jedem Bundesland andere Bedingungen, aber finanziell lohnt es sich fast immer.« Neben den teilweise höheren Landeszuschüssen gebe es für die freigemeinnützigen Träger Steuererleichterungen, zum Beispiel die Befreiung von der Umsatz- und der Körperschaftssteuer. Sie gelte für kirchliche Kindergärten, nicht aber für kommunale und privatgewerbliche. »Dann kommen noch die fünf Prozent Eigenleistung hinzu, die die Kirchen im Durchschnitt übernehmen. Oder ihnen gehört zum Beispiel das Gebäude.« Für die Kommunen summiere sich das. »Das ist nicht nur bei den Kindergärten so, sondern bei vielen Einrichtungen sozialer Art.« Denn kirchliche Träger können zum Beispiel Gebühren erheben, die Kommunen nicht fordern dürfen. Wie etwa ein Schulgeld. Bei Schulen in konfessioneller Trägerschaft spricht eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln aus dem Jahr 2011 in diesem Zusammenhang von »Entlastungseffekten der öffentlichen Haushalte«. Konkret heißt es dort, dass die Differenz zwischen staatlichen Ausgaben je Schüler an allgemeinbildenden Schulen und gezahlter Finanzhilfe je Schüler an Privatschulen bei den Vollkosten eine »Entlastung von insgesamt 2,4 Milliarden Euro« ergebe. Natürlich gilt das nicht nur für die Kirchen, sondern ebenfalls für andere freie Träger wie etwa die Waldorfschulen. Aber: Die konfessionellen Schulen sind die größte Gruppe auf diesem Markt.
Und nicht zuletzt macht es die Tatsache, dass kirchliche Träger teilweise unter Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes zahlen, für den Staat teurer, die Einrichtungen selbst zu übernehmen.
Doch was hilft einem Bürgermeister eine katholische Einrichtung, ein katholischer Kindergarten, der für den Steuerzahler günstiger ist, den der Steuerzahler aber nicht mehr anerkennt? Was hilft es, wenn die Stadtverwaltung Vertrauen in die Kirche als Träger hat, die Eltern aber nicht?
Im Februar 2012, Bernadette Knecht hat ihre Kündigung bekommen und die öffentliche Diskussion ist nach den Zeitungsartikeln in Fahrt gekommen, lassen sich die Eltern einen weiteren Termin beim Bürgermeister geben. Sie wollen ihm
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