Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt
Geschäftsführer der proDiako, als sie hören, was ihre Mitarbeiter für Sorgen haben. Homosexualität spiele bei ihnen ganz sicher keine Rolle, sagen sie. Das sei nur in den katholischen Häusern ein Thema. »Aber«, sagt Geschäftsführer Michael Schwekendiek, »es stimmt schon, wir haben die Möglichkeit, dass wir Menschen, die zu einer christlichen Konfession gehören, bevorzugt einstellen dürfen. Ich muss jedoch sagen, bevorzugt heißt nicht, dass alle anderen raus sind.«
Was sagt er dazu, dass kommunale Krankenhausmitarbeiter in die Kirche eintreten, aus Sorge, ihren Job zu verlieren? Kurz überlegt der proDiako-Chef, bevor er antwortet: »Ich bin von Hause aus Pfarrer und finde einen Kircheneintritt immer schön. Ich hoffe, dass die Mitarbeiter das nicht aus Sorge tun vor dem, was kommt, und ich hoffe, dass sie die Chancen ergreifen können und die Möglichkeiten sehen, die sich mit einem Kircheneintritt verbinden.«
Nur kurze Zeit später findet sich auf der Internetseite der proDiako die Meldung, dass das Bundeskartellamt einer Fusion zugestimmt habe: dem Zusammenschluss der niedersächsischen proDiako gGmbH »mit dem bundesweit agierenden christlichen Gesundheitskonzern Agaplesion. Das erstarkte Unternehmen mit einem Umsatz von über einer Milliarde Euro gehört damit zu den Top Five der größten Gesundheitsdienstleister in Deutschland. Mehr als siebzehntausend Mitarbeitende sorgen in etwa hundert Einrichtungen – darunter zweiunddreißig Krankenhäuser, dreißig Wohn- und Pflegeeinrichtungen, vier Hospize, neun medizinische Versorgungszentren, fünfzehn Krankenpflegeschulen und sieben ambulante Pflegedienste – für eine patientenorientierte Medizin und Pflege nach anerkannten Qualitätsstandards.«
Die Stadthagener Kreisklinik wird Teil dieses Konzerns werden, zu dessen Mitarbeiterschaft die Pressestelle auf Anfrage schreibt: »Agaplesion ist ein auf christlichen Werten basierendes Unternehmen. Es ist uns daher wichtig, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der christlichen Kirche angehören.«
9.
»Mit denen will man es sich nicht verscherzen«
Was die Parteien sagen
Kurz nachdem Bernadette Knecht die offizielle Kündigung der Kirche bekommen hat, kaufen Canina Jung, Alice Ernst und die anderen Rauschendorfer Eltern zwanzig blonde Perücken. Das Video, das sie damit zeigt, findet sich auf der Rauschendorfer Homepage. Man sieht zunächst einen Mexikaner mit ausladendem Hut, dann sind da noch ein Cowboy und ein grüner Frosch. Wenige Sekunden später biegt der Festumzug um die Kurve. Es ist Karnevalssonntag. Vorneweg, wie immer, der Männergesangsverein »Gemütlichkeit« mit einem Traktor und einem unübersehbaren blauen Plakat, das auf das hundertdreißigjährige Jubiläum des Chors in diesem Jahr verweist. Dahinter ein Spielmannszug. »Und da«, ruft der Kommentator in sein Mikrofon, »kommt der katholische Kindergarten. Die Eltern, die an ihrer Leiterin Frau Knecht festhalten wollen.« Wer genau hinsieht, erkennt Canina Jung und die anderen unter halblangen blonden Kunsthaaren. Alle, auch die Väter, tragen weiße Hosen und rosafarbene Oberteile. Sie alle haben sich als Bernadette Knecht verkleidet. Kurz taucht ein Transparent im Bild auf und der Kommentator hebt noch einmal an: »Sie sehen es, der Kindergarten hat dieses Jahr das Motto: ›Wir möchten geKNECHTet werden‹. Wir möchten geKNECHTet werden! Auf unseren katholischen Kindergarten ein dreifaches Rauschendorf Alaaf!«
Nur eine Woche zuvor haben die Eltern ihren Bürgerantrag abgeschickt. So wie es ihnen der Bürgermeister empfohlen hatte. Darin heißt es: »Im Namen der Kindergarteneltern des katholischen Kindergartens Rauschendorf und als Bürger der Stadt Königswinter beantragen wir, dem katholischen Kirchengemeindeverband Königswinter am Ölberg, vertreten durch den Vorsitzenden Pfarrer Udo Maria Schiffers, die Trägerschaft des katholischen Kindergartens in Königswinter-Rauschendorf zu entziehen.« Wieder folgt eine Schilderung des Sachverhaltes, wieder legen sie all ihre Argumente dar und bemängeln die fehlenden Einflussmöglichkeiten: »Das halten wir für nicht mehr zeitgemäß.« Sie schreiben, dass sie davon ausgingen, dass die Verträge zwischen Stadt und Kirche kündbar seien. Dass ein neuer, nicht sonderfinanzierter Träger, der eigenes Kapital mitbringe, der Stadt und dem Steuerzahler obendrein Einsparungen bringen könne. Dass es in der Nähe nur eine Elterninitiative mit einer einzigen Gruppe gebe, im
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