Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt
Kommune doch damals gefreut, dass wir das ganze Drum und Dran für sie übernehmen. Die Personalgespräche, die Sorgen, all diese Dinge fallen für sie weg. Da muss sich die Kirche drum kümmern. So ist der Staat beziehungsweise die Kommune aus der Verpflichtung, indem sie sagen, wir bezahlen und den Rest macht Kirche. Das war sicherlich angenehm. Zumal alles prima gelaufen ist. Es war ein harmonisches Miteinander, völlig problemlos, es hat sich nie jemand über irgendetwas aufgeregt, bis halt diese Situation kam.« Ob sie glaube, dass der Stadt bewusst gewesen sei, dass solche Fälle kommen könnten, wo Kindergärtnerinnen entlassen würden, die in einem kommunalen Kindergarten ohne Weiteres bleiben könnten? »Ja«, sagt Ulrike Keller, »wer ein bisschen weiterdenkt, müsste so etwas mitkalkuliert haben, klar. Wir leben ja alle nicht auf dem Mond.«
Die Stellungnahme schließt dann mit folgenden Worten:
»Wir haben nicht die Absicht, die profilierte katholische Kindertageseinrichtung in Rauschendorf in eine andere Trägerschaft zu überführen. Ein laufender Rechtsstreit mit einer Mitarbeiterin, unabhängig davon, ob er nun auf einer Missachtung staatlicher oder kirchlicher Vorgaben basiert, kann nicht Motivation sein, von einer bewährten Trägerschaft abzurücken. Unser Auftrag als Kirche lautet, das Evangelium zu verkünden – besonders den Kleinen und Schutzbedürftigen in unserer Gesellschaft. Wir wollen Kinder mit ihrer eigenen spirituellen Kraft und mit ihren existenziellen Grundfragen ernst nehmen, sie nicht ›um Gott betrügen‹, wie es der bekannte Religionspädagoge Albert Biesinger formulierte.«
Die Kirchenvertreter bitten die Stadt, ihnen nicht zu kündigen und ihnen so »die Fortsetzung erfolgreicher Arbeit im Bereich der Elementarpädagogik zu ermöglichen«.
Sie glaubt, sagt Ulrike Keller noch, dass den Eltern gar nicht bewusst gewesen sei, was die Aufgabe eines katholischen Kindergartens wirklich bedeute. »Ein katholischer Kindergarten feiert die Kirchenfeste. Es wird klargemacht, was Weihnachten ist, nämlich die Geburt unseres Herrn Jesus Christus und nicht des Weihnachtsmannes. Oder Ostern feiern wir nicht den Osterhasen. Da geht es um Tod und Auferstehung Jesu Christi. St. Martin wird in manchen Kindergärten nur noch ›Laternenfest‹ genannt. Das ist eine Verarmung des Ganzen.« Auch wenn der Kindergarten aus dem Geld der Allgemeinheit finanziert wird? »Ja, denn der Staat weiß schon sehr genau, was er an uns hat. Wenn man einen staatlichen Kindergarten sieht, die Gott sei Dank nur ganz minimal gesät und für viele einfach nur eine Verwahranstalt sind, dann ist klar, dass der Staat kein Interesse daran haben kann, die Religionen zurückzudrängen.« Sie verstehe nicht, dass sich die Stadt überhaupt auf diese Sache einlasse. »Diese Diskussion gibt es doch nur, weil sich jemand nicht an die Regeln halten will und das hochhängt. Das kann nicht sein, da stimmt was nicht.«
Während die Kirche ihr Verhältnis zur Stadt überdenkt, überlegen einige Jugendausschussmitglieder schon Alternativen zur Kirche. »Die Frage, ob das Verständnis der Kirche noch ist, eine breit verankerte, bedeutende, gesellschaftliche Kraft zu sein, lässt sich wohl in Rauschendorf nicht abschließend behandeln«, sagt SPD-Mann Björn Seelbach. »Aber meiner Meinung nach gibt man das auf, wenn man sich auf solche Positionen zurückzieht.« – »Ich glaube«, sagt der Kollege von den Grünen, Richard Ralfs, dazu, »es liegt eine gewisse Überschätzung des Ansehens der eigenen kirchlichen Wertmaßstäbe in einer breiten Bevölkerung vor. Wenn die Kirche ein kirchliches Selbst- und Eheverständnis vorbringt, das sich in weiten Teilen der Bevölkerung – die sogar der Kirche angehören und die eigentlich gerne in konfessionellen Einrichtungen sind – so überhaupt nicht mehr wiederfindet. Wenn das zum Kriterium erhoben wird, müssten ganz viele sagen: Dann bin ich hier raus. Und ich glaube, das kann die Kirche selbst nicht wollen. Sie muss vielleicht ein Ideal aufrechterhalten, sollte aber auch mit der Zeit gehen und anderen Lebenskonzepten Raum geben, die heute einfach da sind.« »Bis man zu dritt im Keller steht und sich die Hände reicht«, fügt Björn Seelbach noch hinzu. Sie als Politiker hätten sich damals vor allem gefragt, ob man in Königswinter, in Rauschendorf, überhaupt noch ein Kindergartenangebot habe, das für alle attraktiv sei. »Bildet die Trägerlandschaft eigentlich noch den Bedarf
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