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Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt

Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt

Titel: Gott hat hohe Nebenkosten: Wer wirklich für die Kirchen zahlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Müller
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haben, unabhängig von dem Willen, an unserer Schule zu unterrichten, und in diesem Fall sogar unabhängig davon, ob man hier schon gearbeitet hat oder nicht.« Die entsprechende Passage im Nordrhein-Westfälischen Schulgesetz, Paragraf 26, lautet: »Lehrerinnen und Lehrer an Bekenntnisschulen müssen dem betreffenden Bekenntnis angehören und bereit sein, an diesen Schulen zu unterrichten und zu erziehen.«
    Im Klassenzimmer sitzen nicht nur Nina Lockmann und ihr Direktor. Dort sitzt auch Sarah Lümen. Die beiden Kolleginnen verstehen sich gut, beide gehören zu den Jüngeren hier. Sarah Lümen ist ebenfalls direkt nach ihrem Referendariat Vertretungslehrerin an der Liebfrauengrundschule geworden. Auch sie ist nicht katholisch, sondern frei-evangelisch, auch sie wird deshalb zum nächsten Schuljahr gehen müssen, weil sie sich auf eine feste Stelle nicht bewerben darf. »Ich wusste zwar, dass der Landkreis hier sehr katholisch ist, aber ich wusste nicht, dass mich das irgendwann so betreffen würde«, sagt die junge Musiklehrerin. Nina Lockmann nickt, auch sie war von der Einschränkung überrascht: »Ich habe gehört, dass eine Stelle ausgeschrieben wird, und mich gefreut, dass ich die Chance habe, mich zu bewerben. Ein paar Tage später hieß es dann, man könne sich meine Bewerbung nicht ansehen, weil ich nicht katholisch bin.« Sie habe so gern an diese Schule gewollt, erzählt sie, weil es eine ländliche Schule sei und ihr das Konzept so gut gefallen habe. Das habe sich während der Arbeit bestätigt. Aber auf einmal sei die schlechte Nachricht gekommen und damit die Frage, wie man nun am besten damit umgehe. Eine einzige Möglichkeit zu bleiben habe es gegeben. »Die erste Überlegung, die ich hatte, war tatsächlich, zu konvertieren, also katholisch zu werden.« Die Kollegen am Tisch sind still geworden. »Aber das war nur im ersten Moment.« Schon bald darauf habe sie entschieden, dass das nicht der richtige Weg für sie sei. Nina Lockmann redet leise, aber bestimmt. »Ich weiß, dass viele Kolleginnen und Kollegen im Kreis das machen, aber ich konnte das nicht.«
    Direktor Heribert Feyen schüttelt den Kopf. »Man möchte Kontinuität in der Arbeit, man möchte kompetente Leute in der Schule haben und da hakt es ganz einfach, weil ein bestimmter Personenkreis ausgeschlossen wird. Besonders bei Frau Lümen ist das zu sehen, weil sie im Fachbereich Musik unterrichtet, und da wäre bei uns ein richtiger Bedarf, der jetzt aufgrund ihres Bekenntnisses nicht erfüllt werden kann.« Sarah Lümen nickt. »Die Fächer, die ausgeschrieben wurden, passten genau auf mein Profil. Ich habe Musik, Mathe und Sachunterricht studiert. Genau das wurde seit Langem gesucht. Und was das Absurde ist: Eine Vertretung könnte ich weiter an dieser Schule machen, obwohl meine Konfession dieselbe bleibt. Aber eine feste Anstellung ist nicht möglich.« Sie habe sich deshalb inzwischen schon beim Schulamt neu beworben, aber die Anzahl der infrage kommenden Jobs habe sich für sie enorm reduziert, weil sie frei-evangelisch sei.
    Der Landkreis Kleve ist besonders katholisch. Zwei Drittel aller Schulen sind dort sogenannte öffentliche Konfessions- oder Bekenntnisschulen. In Nordrhein-Westfalen sind ein Drittel aller Grundschulen christlich. All diese Schulen stehen nur Bewerbern mit der ›richtigen‹ Religion offen. »Das glaubt einem niemand«, sagt Nina Lockmann noch. »Auch die Freunde, die Familie, die konnten das erst überhaupt nicht glauben, dass es das heute noch gibt. Man fühlt sich wirklich diskriminiert.« Alle drei Lehrer, die hier am Tisch sitzen, blicken ratlos auf die leere Tischplatte. Nach ein paar Augenblicken fasst Direktor Feyen zusammen: »Wie kann das sein, dass Menschen in diesem Land aufgrund ihres Religionsbekenntnisses bei ihrer Bewerbung eine Ausgrenzung erfahren? Das finde ich sehr bedenklich.«
    Die Liebfrauengrundschule in Emmerich ist eine von rund 3300 öffentlichen und privaten Konfessionsschulen in Deutschland. Die öffentlichen Konfessionsschulen sind staatliche Schulen wie alle anderen auch. Nicht die Kirche ist der Träger, sondern die jeweilige Kommune. Die Schulen werden deshalb zu einhundert Prozent aus öffentlichen Mitteln finanziert. Öffentliche Konfessionsschulen gibt es vor allem im Rheinland und in Niedersachsen. Insgesamt sind es etwa 1300.
    Die privaten Konfessionsschulen sind in der Regel als staatliche »Ersatzschulen« anerkannt. Das heißt, sie nehmen dieselben Aufgaben wie

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