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Gott ist tot

Titel: Gott ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald F Currie
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blödsinnigen Zerrbild von einer Welt, in der meine Mutter tot war, meine Hoffnungen ausgelöscht und mein bester Freund ein melancholischer Irrer, der selber nicht wusste, wodurch aus ihm solch ein Monster geworden war.
    »Es tut ja schon gut, mit irgendwem drüber zu sprechen«, sagte Rick. »Na ja, nicht mit irgendwem . Ich meine, Gott, bin ich froh, dass du es bist, Mann.«
    »Gott«, sagte ich. »Ha.«
    Rick beugte sich vor und spähte mir ins Gesicht. »Heulst du?«, fragte er.
    »Egal«, sagte ich. »Komm, wir machen weiter.«
     
    Wesley wollte unbedingt beim nächsten Durchgang dabei sein, also losten wir nur seinen Partner aus, und Chad zog
den kürzesten Strohhalm. Die beiden stellten sich im Wohnzimmer auf, und bei DREI drückten sie ohne ein Zögern ab. Inzwischen hatte eine grimmige Ungeduld von uns Besitz ergriffen, und wir beförderten die Leichen aus dem Wohnzimmer, ehe sich der Rauch verflüchtigt hatte. Wir machten uns auch nicht die Mühe, sie bis ganz nach draußen zu schaffen, sondern zerrten Wesley und Chad nur an den Fußgelenken in den Windfang und ließen sie auf dem Schieferboden ausbluten wie frisch geschlachtete Schweine.
    Der Couchtisch war umgekippt, als die beiden schlingernd zu Boden gegangen waren, und die Strohhalme schwammen nun, kaum noch zu erkennen, in einer Blutlache, so dunkel und dick wie Melasse. Da wir sowieso nur noch zu viert waren, sagte Rick, auch schon wurscht, und erklärte Allen und Jack, dass er eine Führungsentscheidung getroffen habe und sie die Nächsten seien. Kein Widerspruch ihrerseits. Ohne weitere Aufforderung traten sie in die Zimmermitte, hoben die Pistolen vom Boden auf und warteten auf das Kommando.
    Eins … zwei … DREI.
    Wieder ein flackerndes Röhren. Etwas Warmes, Nasses schlug mir ins Gesicht, wie Regentropfen, die der Wind vor sich herpeitscht. Ich hatte zu dicht hinter Allen gestanden, und meine Ohren dröhnten wie die Glocken von Notre Dame, deshalb hörte ich Rick nur von ferne ungläubig »Dieser Wichser« murmeln, als durch den Rauch, nebeneinander im Türrahmen stehend, Leo und ein Cop sichtbar wurden.
    Der Cop hatte seinen Dienstrevolver gezogen und zielte damit in unsere Richtung. Sein Gesicht unter dem Sechs-Tage-Bart war kaum weniger rund und glatt als unsere Gesichter. Mit nervösen, unsteten Blicken sah er sich im Zimmer um. Seine Uniform war zerknittert, das blaue Hemd hing aus der
Hose und hatte dunkle Flecken unter den Achseln; Abzeichen fehlten auffällig. Über den ganzen Raum hinweg konnte ich seine Hände zittern sehen, während er Führungskompetenz auszustrahlen versuchte, wie es ihm auf der Polizeiakademie beigebracht worden war.
    »Was habt ihr Jungs da angestellt?«, fragte er.
    Rick lächelte. »Wie alt bist du, dreiundzwanzig, vierundzwanzig? Und du nennst uns Jungs?« Er bückte sich nach der Pistole, die Jack abgefeuert hatte und die in der Nähe von Ricks Füßen lag.
    »Lass das bleiben«, sagte der Cop. Er richtete seinen Revolver geradewegs auf Rick. »He. Lass das.«
    Rick, ungerührt, hob die Pistole hoch und hielt sie am ausgestreckten Arm vor sich. Der Cop schluckte.
    »Rick«, sagte Leo. »Jetzt komm schon.«
    »Leo, was glaubst du eigentlich?«, sagte Rick. »Hm? Okay, du hast’s dir anders überlegt? Wunderbar. Du willst lieber doch nicht sterben? Vollkommen verständlich. Nicht besonders cool, nachdem alle anderen zu ihrem Wort gestanden haben, aber verständlich. Und jetzt kommst du mit dieser Kack-Tour?«
    Leo holte zittrig Atem und brach dann in so haltloses Schluchzen aus, dass man nur noch weghören mochte. »Es tut mir so leid«, wimmerte er.
    »Himmelherrgott«, sagte Rick. »Reiß dich zusammen, Mann.«
    Der Cop fasste seinen Revolver noch fester. »Leg das Ding hin«, forderte er Rick auf.
    »Ich will doch nur nicht allein sein«, schluchzte Leo. »Der Rest ist mir doch egal.«
    »Tja, weißt du, ich war ziemlich baff, wie du vorhin abgezischt bist«, sagte Rick. »Ich meine, zum ersten Mal, seit ich
dich kenne, haust du auf den Tisch und triffst eine selbständige Entscheidung, Leo. Und jetzt kommst du zurück und versaust alles.«
    »Letzte Warnung«, sagte der Cop alles andere als überzeugend. Er leckte sich über die Lippen. »Leg die Waffe hin.«
    Rick nahm sich nun den Cop vor. »Klär mich auf«, sagte er. »Wozu die Uniform? Freunde und Helfer sind nicht mehr gefragt, falls du das noch nicht mitgekriegt hast, Kumpel.«
    »Ich hab hier immer noch einen Job zu machen«, sagte der Cop.

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