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Gott ist tot

Titel: Gott ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald F Currie
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weißen Flecken zur Wehr setzen. Mütter kommen damit generell schlechter zurecht als Väter, aber so schwer wie Mrs. DerSimonian tut sich kaum jemand. Das liegt erstens an ihrem fragilen Nervenkostüm, zweitens aber auch an dem Mutterschaftsbild der armenischen Einwanderer, das zu Affenliebe und Gluckerei einlädt. Sie schwitzt. Ihre Hände zucken in ihrem Schoß. Sie legt Lippenbalsam in dicken, glänzenden Schichten auf, eine über die andere, bis die ganze Praxis nach Erdbeeren riecht.
    Heute steht Illusionsabbau auf dem Programm. Eine Anfängerübung, sicher, aber in den zwei Jahren, die ich Mrs. DerSimonian jetzt schon behandle, waren die Fortschritte eher bescheiden, hauptsächlich, wie mir mit der Zeit klar geworden ist, aufgrund mangelnder Verstärkung des bereits Erarbeiteten. Also wiederholen wir die Grundlagen ziemlich oft.
    »Mrs. DerSimonian«, sage ich. »Gehen wir’s an. Erzählen Sie mir, wie wunderbar Ihr Sohn ist.«
    Sie weicht meinem Blick aus. Wie zwei verschreckte Eichhörnchen schnellen ihre Augen hinüber zu ihrem Sohn, Levon. Er sitzt in dem Laufstall am Fenster, wo die Nachmittagssonne
ihn wärmt, ganz vertieft in ein Malbuch und eine Schachtel Wachskreiden.
    »Levon ist schon recht«, sage ich ihr mit sanfter, aber fester Stimme. »Gut, das Kaninchen da hat er ziemlich verhunzt, mit diesen Krakellinien und dann noch dem lindgrünen Fell. Aber abgesehen davon ist er schon recht. Jetzt verraten Sie mir, was macht ihn so besonders?«
    Ihr Blick flackert in meine Richtung, heftet sich jedoch auf die Wand hinter mir. »Sie machen mich ja doch wieder nur nieder«, sagt sie. »Erzählen mir lang und breit, wie völlig ich danebenliege.«
    »Das ist das Procedere«, sage ich. »Es geschieht zu Ihrem Besten, Mrs. DerSimonian. Zum Besten von jedermann, allen voran Levon. Das wissen Sie doch.«
    Sie holt tief und schaudernd Atem, schließt die Augen und klappt eine Hand vor den Mund. »Ich weiß nicht, ob ich dem heute gewachsen sein werde«, sagt sie durch die Finger. »Wir haben einen Schrecken erlebt, und ich bin immer noch völlig fertig.«
    »Möchten Sie darüber sprechen?«, sage ich.
    Sie öffnet die Augen wieder. Ihr Blick bleibt an dem Spruch an der Wand hinter mir hängen, der in gestickter Schnörkelschrift das Motto der BEHÖRDE ZUR UNTERBINDUNG DES KINDER-KULTS, kurz BUKK, verkündet: Kinder sind wie jede andere Bevölkerungsgruppe: wenig Weizen - viel Spreu.
    »Ich wollte mir nur schnell einen Kaffee holen«, sagt sie. »Ich hatte nichts gefrühstückt, weil ich erst Viertel vor acht aufgestanden war und Levon doch montags um halb neun seinen Schwimmkurs hat.«
    »Da geht’s doch schon los«, sage ich. »Ein Schwimmkurs für Dreijährige? Ein Dreijähriger braucht überhaupt keine
Kurse. Er sollte in einer Schlammpfütze hinterm Haus he rumtollen.«
    Jetzt sieht sie mich direkt an. Ihr Gesichtsausdruck könnte nicht schockierter sein, wenn ich ihr geraten hätte, Levon eine Kettensäge zum Spielen zu geben.
    »Ist Ihnen bewusst, wie gefährlich stehendes Wasser ist?«, fragt sie mich. »Es wimmelt nur so von Krankheitserregern. Erst letzte Woche ist in Florida ein Junge gestorben, nachdem er in einem überschwemmten Graben geplanscht hatte. Leptospirose.«
    Wie viele Eltern heutzutage lässt Mrs. DerSimonian es sich nicht nehmen, sich über sämtliche Dinge kundig zu machen, die ihren Sohn umbringen könnten, mit Namen und bis ins Detail.
    Aber ich gehe nicht darauf ein. »Erzählen Sie weiter. Heute Morgen. Kaffee.«
    »O mein Gott, ja.« Die Hand flattert wieder zum Mund hoch. »Mir kommt schon das Zittern, wenn ich nur daran denke.«
    Wieder verstummt sie. Ich warte. Sie sieht mich an, sieht weg, dann fährt sie fort.
    »Ich bin aus dem Auto ausgestiegen und habe den Motor laufen lassen, für Levon, wegen der Klimaanlage. Normalerweise würde ich ihn natürlich niemals im Auto allein lassen, aber ich war ja nur dreißig Sekunden weg, da schien es einfach zu viel Aufwand, die Klappe an seiner Brandschutzkapsel zu öffnen und die ganzen Riemen von seinem Kindersitz aufzuschnallen und ihm den Helm abzunehmen. Vor allem den Helm. Er hasst ihn so, dass er schon Weinanfälle bekommt, wenn ich ihn nur in die Hand nehme. Also habe ich den Wagen abgesperrt, bei laufendem Motor, und mir schnell meinen Kaffee geholt. Aber als ich aus dem Laden kam, habe
ich gemerkt, dass ich meinen Ersatzschlüssel zu Hause vergessen hatte. Ich fing an zu weinen.« Ihre Augen glitzern schon wieder von neuen

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