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Gott ist tot

Titel: Gott ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald F Currie
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»Und sag nicht ›Kumpel‹ zu mir. Möglich, dass ich dir nur ein paar Jahre voraushabe, aber ich bin immer noch älter als du, und ich bin Staatsbeamter. Ich wäre dir also dankbar, wenn du den angemessenen Respekt zeigen und mich mit Sir oder Officer Bates anreden würdest. So, und jetzt leg die Waffe weg.«
    »Scheißpfadfinder«, sagte Rick. »Tja, weißt du was? Ich sterbe heute Nacht so oder so, ziemlich egal also, ob du mich erschießt oder mein Freund hier.«
    »Ich spiele eure Spielchen nicht mit«, sagte der Cop.
    »Tut mir echt leid, Officer Bates«, sagte Rick, »aber Sie sind schon mittendrin. Die Regeln sind idiotensicher. Ich zähle bis drei. Bei drei schießen wir. Alles klar?«
    Der Cop wischte eine Hand an der Hose ab und antwortete nicht.
    Leo sah mich an. »Bitte«, sagte er.
    Ich zuckte die Achseln.
    Rick war erst bei zwei angelangt, als der Cop ihn in die Schulter schoss. Die Kugel ließ Rick eine Vierteldrehung nach links taumeln, aber er hielt sich auf den Füßen und zielte nochmals. Dem Cop blieb noch Zeit für einen panischen zweiten Schuss, der hoch über Rick hinwegging, ehe sein Hals sich in ein Schlachtfeld aus Blut und Knorpel verwandelte
und er zu Boden stürzte, gurgelnd wie ein verstopfter Schwimmbeckenfilter.
    Leo machte einen Satz weg von den rudernden Armen des Polizisten und drückte sich in die Ecke.
    »Rick«, japste er. »Ist dir was passiert?«
    »Leo«, sagte Rick durch zusammengepresste Zähne, während er seine Schulterwunde untersuchte, »schau, dass du wegkommst.«
    »Es tut mir leid«, sagte Leo. »Wirklich, es tut mir so leid, ich wollte doch bloß …«
    Rick zielte senkrecht in die Höhe und drückte zweimal ab. Als der Knall des zweiten Schusses verhallte, war Leo in die Nacht verschwunden, diesmal für immer.
    Rick sackte zu Boden und lehnte sich an die Armlehne des Sofas. Brocken von gelblichem Deckenputz hingen ihm in den Haaren. Ein paar Meter entfernt strampelte der Cop schwach mit den Füßen, stieß einen letzten nassen, pfeifenden Atemzug durch das Loch in seinem Hals aus und lag dann still.
    Ich ließ mich aufs Sofa plumpsen und kippte den Kopf in den Nacken, den Blick hinaufgerichtet zu den beiden Löchern in der Decke. »Warum hast du ihn laufen lassen?«, fragte ich.
    Rick beugte sich zur Seite und spuckte aus. »Das ist das Komische«, sagte er. »Ich wollte noch nie jemand umbringen, auf den ich gerade wütend war. Echt seltsam. Man sollte doch denken, in so einer Situation juckt es mich besonders, irgendwen allezumachen.«
    »Sollte man«, sagte ich.
    »Shit«, sagte Rick. »Sauweh tut das.«
     
    Mittlerweile denken Sie sicher, ich hätte die Sache nicht durchgezogen. Hier bin ich und erzähle Ihnen diese Geschichte, im
Imperfekt, also muss ich mich entweder heimlich verdrückt haben, nachdem Rick vom Blutverlust ohnmächtig geworden war, oder ich habe ihn gleich selbst erledigt und bin abgehauen, Leo hinterher. Ich habe es mir anders überlegt, ich bin umgekippt, ich habe gekniffen.
    Aber so war es nicht. Ich habe es durchgezogen. Ich habe unseren Pakt nicht gebrochen.
    Wie geht es dann zu, dass ich noch am Leben bin, ein Mann in fortgeschrittenem Alter, in einer Welt, die durch die BUKK wiederhergestellt wurde zu einem leidlichen Ebenbild ihrer selbst? Ein Mann mit einem zeitaufwendigen Job in einer Designerfirma, die er mitbegründet hat, mit einer Frau und einer halbwüchsigen Tochter, einem fast neuen Saab und Handicap 3? Ein Mann, der immer weniger von dem Jungen wiederfindet, der er einmal war, wenn er sein Gesicht im Badezimmerspiegel mustert?
    Die Antwort ist leicht, wenn man weiß, dass die Pistolen, die wir damals benutzten - zwei Desert Eagle XIX Kaliber 50 aus dem Waffenschrank von Ricks Vater -, Magazine mit sieben Schuss hatten. Und dass eine von ihnen viermal öfter abgefeuert worden war als die andere - einmal von Cole und dreimal von Rick, als er den Cop erschossen und Leo weggescheucht hatte. Als darum Rick und ich Seite an Seite im Blut unserer Freunde auf dem Boden knieten und er mir die Hand in den Nacken legte und seine Stirn an meine drückte und mich mit einem alten Spitznamen anredete, den ich schon beinahe vergessen hatte, war eine Pistole leer, und die andere - die in meiner zitternden Hand - enthielt noch vier Schuss.

Götzendienst
    Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.
    2. Mose, 20,3

    M rs. DerSimonian sitzt mir gegenüber und ringt so gewaltsam die Hände, dass sie sich abwechselnd mit roten und mit

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