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Gott ist tot

Titel: Gott ist tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald F Currie
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Vater, den ich unentgeltlich behandelte, quälte sich mit der Frage, welche seiner Rechnungen er bezahlen sollte - für alle reichte sein Geld nicht.
    »Gut, ich muss eben, wie heißt das gleich? - Prioritäten setzen«, erklärte er mir. »Was ja zunächst mal noch ziemlich leicht geht. Ich meine, wenn die Frage ist, kaufe ich mir einen neuen Fernseher oder zahle ich die Stromrechnung, zahle ich natürlich die Stromrechnung. Gehört nicht viel dazu. Aber zurzeit ist die Frage eher: Soll ich diese Woche Essen kaufen, oder soll ich für die hundert Dollar lieber das Auto reparieren lassen, damit ich rumfahren kann und nach Jobs suchen?«
    »Keine einfache Entscheidung«, gab ich zu. »Wozu tendieren Sie?«
    »Ich weiß es nicht. Ich hab Boo gefragt, was er meint, wofür ich das Geld ausgeben soll.« Boo war Rickys vierjähriger Sohn, Ricky Junior. »Er hat gesagt, ich soll zehn Dino-Puzzles davon kaufen.«
    »Süß«, sagte ich. »Das ist das Schöne, wenn man ein Kind ist. Die schwierigen Entscheidungen treffen andere.«
    »Ich weiß nicht, Doc«, sagte Ricky. »Boo ist ein echt schlaues Kerlchen. Ich meine, richtig schlau, und ich hab es satt, mir ständig über diesen Mist den Kopf zu zerbrechen. Vielleicht sind die Dinos ja wirklich keine so schlechte Idee.«
    Es wurde schlimmer, und zwar rapide. Gott, gehandicapt durch eine anrüchige Vergangenheit und tot noch dazu, war out; Kinder, berührbar, schuldlos und zum Anbeißen niedlich, waren in. Nicht lange, und das Phänomen hatte sich zu einer handfesten Zweistufenkrise ausgewachsen. Vom Gros der Erwachsenen - das die eher gemäßigte Stufe ausmachte -
wurden die Kinder lediglich etwas mehr verwöhnt als vor Gottes Tod. Tobsuchtsanfälle wurden geduldet, sogar belächelt. Müllkippen quollen über von abgeschnittenen Brotrinden und unberührten Gemüsebeilagen. Die Toys-’R’-Us-Aktien stiegen in nur drei Wochen um neunzig Prozent. Die schlimmste Auswirkung dieser Entwicklung war ein moderater Produktivitätsverlust, da die früher hinterm Schalter und am Fließband verbrachte Zeit nun stattdessen bei Happy Meals oder im Streichelzoo verplätscherte. Dennoch wäre das Problem ohne allzu drastische Maßnahmen beherrschbar gewesen, hätte es nicht zudem eine zwar kleinere, aber umso radikalere Gruppe gegeben.
    Diese Eltern waren in Amerikas traditionellen Bastionen der Frömmigkeit zu finden - dem tiefen Süden, dem ländlichen Nordosten, Utah. In diesen Gegenden vollzog sich der Übergang zur Kindesanbetung zügig und konsequent, und Laura und ich bekamen ihn hautnah mit. Siebzig Prozent der Erwachsenenbevölkerung gingen ab sofort nicht mehr zur Arbeit, weil sie lieber Zeichentrickfilme sahen, Gameboy spielten und sich überbackene Käsetoasts, Erdnussbutter-Marmeladen-Brote und Chocolate Chip Cookies zu Gemüte führten. Die Grundversorgung brach zusammen. Die Leute starben auf den Straßen, weil es keine Sanitäter mehr gab, die sie ins Krankenhaus brachten, und wenn sie es doch bis ins Krankenhaus schafften, gab es dort keine Ärzte.
    Wieder wurde die Nationalgarde mobilisiert, aber wie sich zeigte, konnte sie nicht viel mehr ausrichten, als dafür zu sorgen, dass niemand die betroffenen Gebiete betrat oder verließ. Die Aufgaben, für die die Gardisten ausgebildet und ausgerüstet waren - Aufrechterhalten der öffentlichen Ordnung, Gewalteindämmung -, griffen nicht, und sie konnten die Menschen ja schlecht mit vorgehaltener Pistole daran
hindern, Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. Eine andere, ganzheitlichere Lösung war gefragt.
    Nicht lang, und die Nationale Katastrophenschutzbehörde berief in Zusammenarbeit mit einer ungenannten Abteilung des Secret Service eine Notkonferenz der Psychiater und Psychologen in Washington ein. Ich musste hin, wenn unser Kind irgendeine Art von Zukunft haben sollte. Ich wischte den Staub von meinen Bergstiefeln und packte einen Rucksack mit Dosensuppen und Dörrfleisch aus dem aufgelassenen 7-Eleven voll. Laura und ich weinten ein bisschen.
    »Du tust das Richtige«, sagte sie.
    Ich zog sie an mich, presste ihren Bauch an meinen Körper. »Ich könnte Gott verfluchen, dass er mich vor eine solche Wahl stellt«, sagte ich. »Aber du weißt ja.«
    »Geh«, sagte sie und schob mich sanft von sich weg. Sie verschränkte die Finger über der Wölbung ihres Leibs und lächelte. »Wir werden auf dich warten.«
    Das zumindest stimmte. Als ich drei Monate später aus D. C. zurückkam, begleitet von einem Aufklärungstrupp der

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