Gott oder Zufall?
Grundsatz des
primum non nocere,
»vor allem nicht zu schaden«, insbesondere wenn große und unumkehrbare Umweltschäden drohen. Allerdings stellen sich dem oft unbewältigte Probleme in den Weg, zum Beispiel wenn geeignete Filtersysteme fehlen, um Menschen mit Wasser zu versorgen. Nicht immer ist christliche Weisheit und Tugend eindeutig. Das Vorsorgeprinzip führt immerhin dazu, dass solche ethischen und umweltpolitischen Fragen gestellt werden, ehe zum Beispiel Nanoteilchen in die Umwelt gelangen. Da die Nanotechnologie sehr vielseitig einsetzbar ist, so in Solarzellen, starken Batterien für Elektroautos und »grüneren« Produktionsabläufen, wird es noch wichtiger werden, ihre potenziellen Risiken zu kennen und zu bewerten.
Nanotechnologie und Gesundheit
Besonders interessant ist der Einsatz von Nanotechnik im Bereich Gesundheit. Neue nanotechnische Verfahren sorgen in der Medizin für schnellere Diagnosedurchläufe mit kleineren Proben. Nanopartikel können als Kontrastmittel für bildgebende Verfahren Krebs in früheren Stadien sichtbar machen oder Krebszellen zerstören, in denen sie sich anreichern. Herkömmliche Medikamente sind in Form von Nanopartikeln besser löslich, so dass sich Dosen und Nebenwirkungen verringern lassen.
Die winzigen Nanopartikel dringen tief in Gewebe und Zellen ein. Manche überwinden die Blut-Hirn-Schranke, so dass Hirnareale erreicht werden, zu denen übliche Medikamente nicht vordringen. Allerdings werfen ebendiese Eigenschaften auch Fragen nach möglichen Risiken auf. Die genannte Schranke ist eine besondere Schutzvorrichtung. Wenn sie überwunden wird, könnten gefährliche Nebenwirkungen auftreten. Zudem gelangten Nanopartikel über die aktiven Transportsysteme für Proteine und andere biochemische Moleküle in die Zellen. Solche schwer umkehrbaren Abläufe machen es schwierig, überschüssige Partikel zu entfernen oder zu verhindern, dass sie sich übermäßig anreichern.
Die ultraviolette Strahlung der Sonne kann Hautkrebs verursachen. © © iStockphoto/thehague
Alle diese Faktoren schaffen Unsicherheit. Teilnehmer an klinischen Studien müssen darüber aufgeklärt werden, welche Risiken und welchen Nutzen solche experimentellen Eingriffe haben. Bei neuartigen Verfahren sind sachkundige Entscheidungen über den Umgang mit ihnen besonders schwierig. Dennoch sind Gesundheitsprodukte mit Nanopartikeln bereits auf den Markt gelangt, sehr früh schon Sonnencremes, die anders als herkömmliche keinen weißen Film auf der Haut zurücklassen und dank ihrer Partikel schädliche UV -Strahlen besser filtern sollen. In den USA werden Nahrungsergänzungsmittel mit Nanoteilchen gehandelt.
Solche Erzeugnisse haben eine ethische Diskussion entfacht, wie sie schon um die Risiken der Nanotechnik für die Umwelt geführt wurde. Dringen die Teilchen in den Sonnencremes durch die Haut in den Körper ein? Schädigen sie langfristig die Gesundheit? Auch ist unklar, was mit ihnen geschieht, wenn sie von der Haut gewaschen werden. Bei einigen Marken von Sportsocken, die Nanosilber enthalten, um die Geruchsbildung zu hemmen, zeigten Untersuchungen, dass die Teilchen nach zwei bis vier Wäschen fast vollständig verschwunden waren. Verbrauchergruppen verlangen eine Pflicht, Produkte zu kennzeichnen, wenn sie Nanopartikel enthalten. Norwegischen Beobachtern fiel auf, dass Hersteller mit den Nanopartikeln in Sonnencremes anfangs warben, in neueren Werbungen aber kaum noch darauf hinweisen, ob solche Teilchen enthalten sind oder nicht.
Ein breiteres Spektrum an ethischen Fragen wirft die Nanomedizin auf. Schnelle und einfache Diagnoseverfahren können beispielsweise dazu eingesetzt werden, um Embryonen mit bestimmten Merkmalen zu selektieren. Ähnlich wie bei der Präimplantationsdiagnostik weckt dies Befürchtungen, dass der Wunsch von Eltern nach dem perfekten Kind zu einer Eugenik führen könnte. Eine immer schnellere Diagnostik nützt zwar Ärzten und Patienten, birgt aber auch das Risiko, dass gespeicherte Daten Persönlichkeitsrechte verletzen. Und die neuen Verfahren, Medikamente zu verabreichen, lassen sich auch zum Doping missbrauchen. Selbst wenn diese Probleme nicht ausschließlich die Nanotechnologie betreffen, machen sie deutlich, dass die Motive hinter den neuen Entwicklungen im Auge zu behalten sind.
Die Nanotechnologie birgt ein großes positives Potenzial, wenn ihr die Absicht zugrunde liegt, Krankheiten zu bekämpfen und menschliche Grundbedürfnisse zu
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