Gott oder Zufall?
durchaus plausibel sind. Sie erfordern eine ernsthafte gesellschaftliche Debatte über mögliche Risiken für den Körper oder die Gesellschaft sowie allgemein über die Bestimmung des Menschen.
Die Erde: die einzige, die wir haben © © Corbis
»Verbesserungen« des Menschen könnten auf vielfältige Weise erreicht werden: durch Substanzen, welche die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit oder die Stimmung verbessern, durch Implantate im Körper, Computerchips, die an Hirnteile angeschlossen sind, Umwandlung von Körperzellen und vielleicht eine Verlängerung der Lebensspanne. Eher unwahrscheinlich sind Verbesserungen des Erbguts, weil sich gewünschte Merkmale nicht einfach dadurch herstellen lassen, dass man ein paar Gene manipuliert. Schönheitschirurgie, Doping im Sport oder der Gebrauch von Drogen sind Beispiele für bereits jetzt vorgenommene »Verbesserungen«, die nicht aus medizinischen oder gesundheitlichen Gründen, sondern aufgrund persönlicher Vorlieben erfolgen.
Entschiedene Verfechter des Human Enhancement vertreten zudem den Transhumanismus. Diese philosophische Richtung geht davon aus, dass Menschen dazu bestimmt seien, ihre biologischen Grenzen zu überwinden, indem sie ihren Geist und Körper durch Eingriffe radikal verändern. Diese als wünschenswert und unvermeidlich propagierte Agenda wurde von Christen als quasireligiöse Vision zurückgewiesen: Die technische Transformation der Menschheit sei eine irreführende naturalistische Illusion. Der Ausdruck vom »Gottspielen« hat hier wohl eine reale Bedeutung. Die »menschliche Verbesserung« ist allerdings keineswegs eine unvermeidliche Entwicklung. Vielmehr muss die Gesellschaft entscheiden, welchen Weg sie einschlägt, was sie erforscht und worauf sie verzichtet.
Was mag – jenseits der Träume vom Übermenschen – Gott von uns erwarten? Wie sollen wir mit der gottgegebenen Kreativität, dem Erfindungsreichtum und Bestrebungen umgehen, uns selbst zu verbessern, wenn dies technisch machbar wird? Können wir den »Plan«, nach dem Gott uns erschaffen hat, verbessern? Wissen sterbliche und sündige Menschen genug von Körper und Geist, um sicherzustellen, dass eine »Verbesserung«, aufs Ganze gesehen, wirklich zum Besseren führt? Riskante medizinische Eingriffe werden wohl von der Hoffnung auf Heilung getragen. Dagegen steht hinter Veränderungen, die weder auf Heilung noch auf Linderung zielen, kein vergleichbares »Gut«, das entsprechende Risiken rechtfertigt. Auch besteht die Gefahr, dass wir, getrieben von Hybris oder kommerziellen, politischen oder militärischen Interessen, Entwicklungen beschleunigen, die wir nicht mehr durchschauen.
Viele angebliche Verbesserungen sind zwiespältig. Wenn wir mit Hilfe von Retinaimplantaten Infrarot sehen könnten, würden wir dann nachts sicherer fahren oder nur schneller rasen? Wenn manche Schüler konzentrationssteigernde Mittel nehmen und sich so bei Prüfungen Vorteile verschaffen, setzen sie die übrigen unter Druck, Nachteile für sich zu vermeiden. Wenn dann die gesamte Klasse Medikamente nimmt, hat niemand mehr einen Vorteil. Statt zu gewinnen, sind alle abhängig geworden. War dies eine Verbesserung?
Eine wichtige Kritik aus ethischer Sicht lautet, dass sich derlei »Verbesserungen« nur ums eigene Ego drehten. Wenn sie, wie behauptet, einen grundlegenden Nutzen brächten, aber nur für die Reichen da wären, würden sie die Ungleichheit in einer zutiefst ungerechten Welt weiter verschärfen. Bin ich wirklich ein »besserer« Mensch, wenn ich mir Verbesserungen leiste, ohne mich um die Benachteiligten zu kümmern? Die christliche Sicht vom Menschen betont hier die Solidarität. Könnte das Human Enhancement vor allem auf Arme zugeschnitten werden?
Schneller denken zu können oder später zu ermüden mag positiv sein, aber macht es uns auch zufriedener? Wenn wir mit Hilfsmitteln ein Ziel erreichen oder Konkurrenten in der Prüfung oder im Sport schlagen, ist dies dann unsere Leistung? Manche meinen, die größte Befriedigung, die man daraus zieht, dass man schönere Kunst oder besseres Handwerk fertigt oder anderen hilft, habe weniger mit der Arbeit an einem selbst als mit der Liebe zum Nächsten oder zu Gott zu tun.
Macht uns das Human Enhancement wirklich zu besseren Menschen? Welche Sicht vom Menschen steht hinter ihm? Im christlichen Sinn definiert sich das Menschsein nicht durch körperliches Leistungsvermögen, sondern, deutlich umfassender, durch
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