Gott oder Zufall?
befriedigen. Andernfalls tragen die Hightech-Verbesserungen und Kuren für »ängstliche Gesunde« nur dazu bei, die Kluft zwischen Arm und Reich zu vertiefen. Christen sollten sich darum sorgen, dass den Armen und Bedrückten Gerechtigkeit widerfährt (Ps 82,3–4).
Blick in die Zukunft
Ein Merkmal der modernen Wissenschaft ist ihre rasante Weiterentwicklung. Für ethische Überlegungen, wie sich Innovationen auswirken, bleibt da oft kaum Zeit. So werden Besorgnisse häufig erst laut, wenn die betreffende Forschungsrichtung oder die Verfahren bereits Fuß gefasst haben.
Synthetische Lebensformen
Im Jahr 2010 verkündeten die Medien, der amerikanische Wissenschaftler Craig Venter und sein Team hätten künstliches Leben erschaffen. Venter, der sich dieser Beschreibung seiner Arbeit gerne anschloss, hatte in Wahrheit allerdings nichts dergleichen erreicht. Sein Team hatte im Labor ein komplettes DNA -Molekül synthetisiert, das aus ungefähr 1 Million Nukleotiden (Bausteinen oder »Buchstaben«) eines
Mycoplasma
-Bakteriums bestand. Dabei hatte er – gewissermaßen als Wasserzeichen – einige kleine zusätzliche Sequenzen eingefügt. Bei dieser erstaunlichen Leistung entstand das längste DNA -Molekül, das je im Labor zusammengesetzt wurde. Anschließend übertrug sein Team die synthetischen DNA -Moleküle in die Zellen einer anderen Art Mykoplasmen, aus denen die eigene DNA entfernt worden war. Die neuen Bakterien lebten, gediehen und teilten sich so wie Zellen der Bakterienart, deren Chromosom nachgebaut worden war. Venter nannte die neue Lebensform
Synthia
– und verstärkte so den Eindruck, dass er irgendwie neues Leben geschaffen habe.
Doch die Schöpfung von Leben erfordert weitaus mehr, als nur ein DNA -Molekül herzustellen. So hoben Kommentatoren aus der Biologie denn auch rasch hervor, dass das Experiment auf bereits lebenden Zellen beruhe, in die DNA eingeschleust worden sei. Dennoch wimmelte es in Presse und Medien von Berichten über die »Erschaffung von Leben«, häufig mit dem abgedroschenen und missbräuchlich verwendeten Ausdruck vom »Gottspielen«.
Obwohl manche diese Forschungsarbeit als plumpes Beispiel für menschliche Hybris abtaten, steckt dahinter ein umfassenderes und löblicheres Ziel, nämlich lebensfähige Mikroben mit einem möglichst kleinen Satz an Genen herzustellen, in die sich »Genkassetten« einbauen lassen. Dadurch werden die Organismen in die Lage versetzt, Spezialaufgaben zu erfüllen, beispielsweise ausgelaufenes Öl biologisch abzubauen. Solche »synthetischen« Lebensformen könnten sich als unschätzbar wertvoll erweisen. Allerdings warnen vorsichtige Stimmen, dass künstlich geschaffene Organismen, von denen nicht alles bekannt sei, außer Kontrolle geraten oder sogar von Terrorgruppen als biologische Waffe missbraucht werden könnten.
Transhumanismus und Human Enhancement
Die Vorstellung, dass die Forschung nicht nur dazu genutzt werden kann, die Gesundheit zu stärken, sondern auch um die Menschheit oder zumindest Einzelne zu »verbessern«, mag wie Science-Fiction klingen. Doch sie ist keine reine Fiktion. Die Bewegung des Transhumanismus (mit dem Motto »besser als gut«) propagiert, die Biotechnologie, Neurowissenschaft, Genetik, Computerwissenschaft und Nanotechnologie dazu zu nutzen, das menschliche Leistungsvermögen zu steigern.
Schon heute gibt es Hightech-Prothesen, die an das Nervensystem von Amputierten angeschlossen werden. Sie ermöglichen eine deutlich bessere Steuerung und sogar Empfindung als herkömmliche künstliche Gliedmaßen. Mit eher ungewissem Nutzen tragen schon jetzt manche Transhumanismus-Fans elektronische Implantate im Körper und erkunden weitere Möglichkeiten, sich direkt mit Computersystemen zu vernetzen. Auch wenn manche Visionen des Human Enhancement fantastisch anmuten, sollte auch dieses Thema im Blick bleiben.
Human Enhancement
Dieser Begriff bezieht sich auf das Bestreben, den menschlichen Körper und Geist mit künstlichen Eingriffen leistungsfähiger zu machen. Dabei geht es zunächst um natürliche menschliche Fähigkeiten, die über die individuelle natürliche Veranlagung hinaus verbessert werden. Manche reden allerdings auch von radikalen Eingriffen, die das Potenzial über jedes natürliche Maß hinaus steigern sollen. Auch wenn solche Szenarien vielfach spekulativ und stark übertrieben sind, erzielten die Nano-, Bio-, Informations- und kognitiven Wissenschaften so große Fortschritte, dass manche
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