Gott oder Zufall?
funktioniert – ein Thema, dem wir uns nun zuwenden wollen.
Es ist ebenso ein philosophischer wie auch ein theologischer Irrtum, zu meinen, dass Lücken in wissenschaftlichen Erklärungen mit »Gott« aufgefüllt werden könnten, genauso wie das Gegenteil, dass vollständige wissenschaftliche Erklärungen Gott »ersetzen« könnten. Die Tat eines Handelnden – eines menschlichen oder göttlichen – bleibt unberührt durch eine Erklärung der Mittel, die dieser Handelnde verwendet hat. Es ist sinnlos, zu behaupten, John habe sein Feuerwerk nicht »entfacht« (siehe Kapitel
Das Wesen der Dinge/ Kategorienfehler
), weil wir jetzt die wissenschaftliche Erklärung begreifen, wie man eine Mischung bestimmter chemischer Reaktionen zu einem Funkenregen abfeuert.
Die Entdeckung von Erklärungen physikalischer Ereignisse ist eine anhaltende Aufgabe der Wissenschaft und eine ihrer gewaltigen Stärken. An den makroskopischen und submikroskopischen Enden der Größenskala können die Dinge ziemlich geheimnisvoll werden. Die Kosmogonie (das Studium der physikalischen Ursprünge des Universums) und die Kosmologie (das astronomische Studium des Aufbaus und der Raum-Zeit-Verhältnisse innerhalb des Universums) werfen alle Arten faszinierender Rätsel auf. Die entferntesten für uns noch sichtbaren Sterne sind in frühester Zeit entstanden, so dass wir die Dinge nicht sehen, wie sie »sind«, sondern wir blicken zurück in die Vergangenheit. Vielleicht existieren sie gar nicht mehr. Am anderen Ende der Größenskala erhebt sich die Frage, ob »Quarks« und »Gottesteilchen« tatsächlich »Dinge« sind oder einfach mentale Konstrukte, die uns befähigen, Sinneswahrnehmungen zu interpretieren. Aus Gründen wie diesen benötigt eine
realistische
Sicht der Wissenschaft einiges an Umsicht und kritischer Prüfung, so dass eine
kritische realistische
Position normalerweise von praktizierenden Wissenschaftlern eingenommen wird, die solche Punkte berücksichtigen, wie wir sie zuvor zusammengefasst haben, als wir sagten, dass die moderne Wissenschaft häufig
widersprüchlich
sei.
In logischer Hinsicht befasste sich im 19. Jahrhundert Henry Drummond, ein schottischer Prediger, damit, doch die griffige Formulierung »Lückenbüßergott« wird eher mit dem theoretischen Physiker Charles Coulson assoziiert. In einer klassischen Stellungnahme schrieb Coulson:
Es gibt andachtsvolle Seelen, die ununterbrochen die Bereiche der Natur und die Bücher der Wissenschaft auf der Suche nach Lücken durchforsten – nach Lücken, die sie mit Gott auffüllen wollen. Als ob Gott in den Lücken lebte? Welche Auffassung von der Natur oder von der Wahrheit haben sie, wenn ihr Interesse an der Wissenschaft nicht darin besteht, was sie erklären kann, sondern darin, was sie nicht erklären kann, wenn ihr Bestreben Ignoranz statt Wissen ist, ihre tägliche Furcht darin besteht, dass sich die Wolke möglicherweise lüftet, und denen es allmählich bange wird um die Stätte Seiner Bleibe, sobald die Düsternis von diesem oder jenem Gebiet weicht? Was sich ändern muss in solch eifersüchtigen Seelen, sind ihre Sicht der Natur und ihr Gottesbild. Die Natur ist Gottes Schrift und kann nur die Wahrheit verkünden; Gott ist das Licht, und in Ihm gibt es überhaupt keine Finsternis.
Henry Drummond, The Ascent of Man (1894)
Henry Drummond (1851–1897), schottischer Prediger und Freund von Dwight Moody © © Alamy/Mary Evans Picture Library
Ich glaube, dass die Grenzen der Wissenschaft nur folgendermaßen dargestellt werden: Wenn eine Frage über die Natur wissenschaftlich ausgedrückt werden kann, wird sie letztlich empfänglich für eine wissenschaftliche Antwort sein. Die Wissenschaft leitet uns nicht durch ihr eigenes Land an die Grenzen des wissenschaftlich Unbekannten, indem sie uns erklärt, dass wir uns dort mit Gott befassen. Wenn wir zum wissenschaftlich Unbekannten gelangen, so lautet unsere korrekte Strategie nicht, uns darüber zu freuen, weil wir Gott gefunden haben: sondern wir sollen bessere Wissenschaftler werden.
Charles Coulson, Science and Religion (1954)
Kategorienfehler ⬅
»Lassen Sie mich erklären«, sagte John zu dem neugierigen Fremden, der ihm zuschaute, was er gerade machte. »Dieses kleine Häufchen von Chemikalien enthält Salpeter, Schwefel, Kohlenstoff und Eisenspäne in einem bestimmten Mengenverhältnis. Wenn ich die Temperatur erhöhe, indem ich ein Streichholz anzünde, oxidiert der Sauerstoff im Salpeter
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